„Ciao Cacao!“ – so ertönte es quer durch alle Social Media-Kanäle, als sich erstmalig im Rahmen des Bar Convent in Berlin ein neuer Stern aus dem niederländischen Hause de Kuyper Royal Distillers auf der internationalen und v.a. medialen Bühne der Barszene einem breiteren Publikum zeigte. Vor allem aber manifestierte sich dort auch abermals die durchaus beträchtliche Medienreichweite und Präsenz von Le Lion-Gründer Joerg Meyer, welcher in Kooperation mit de Kuyper eben diesen „Stern“ kreiert hat. Die Rede ist von der Dutch Cacao Crème de Cacao White. Und heute werde auch ich meinen kleinen Beitrag über dieses Produkt beisteuern. Zu welchem Urteil ich dabei gelangt bin, werde ich im Folgenden darlegen. (zugesandtes Testprodukt)*
Seit dem Barconvent ist zwar schon etwas Zeit ins Land gezogen, aber Joerg Meyer hat es durchaus geschafft, inzwischen den Namen Dutch Cacao zu etablieren und die Erwartungshaltung bzw. Vorfreude auf die im Endeffekt erst seit Februar 2020 erhältliche Crème de Cacao sehr hoch zu halten. Und da ist sie nun endlich, die Dutch Cacao Crème de Cacao. Sie kommt in einer formschönen, dunklen Flasche daher, die durch ihre farbliche Gestaltung bereits gewisse Assoziationen von Schokolade zu wecken vermag – obwohl letztendlich die Flüssigkeit darin eine klare ist; Crème de Cacao White eben. Aber der Reihe nach.
Für die Herstellung von Dutch Cacao wird zunächst einmal ein Mazerat aus Neutralalkohol und Criollo-Kakaobohnen auf einer 1000 Liter fassenden Holstein-Brennanlage zu einem klaren Kakaodestillat gebrannt. Aus diesem Kakaodestillat wird erneut mit Criollo-Kakaobohnen ein – diesmal eben noch intensiveres – Mazerat hergestellt, welches dann ebenfalls wieder gebrannt wird; doppelt mazeriert, doppelt gebrannt gewissermaßen (nur eben abwechselnd bzw. sukzessive). Anschließend wird das Destillat mit Wasser und holländischem Rübenzucker vermählt (insgesamt 224 Gramm auf 700 Millilitern, für Crèmes ist ein Zuckermindestgehalt von 250g pro Liter vorgegeben, der aber meist weit überschritten wird. Hier kratzen Joerg Meyer und Henk-Jan Schouten, so der Name des Brennmeisters bei de Kuyper, bewusst an der Untergrenze). Schließlich wird ein minimaler Anteil (<1%) von intensivem Batavia Arrack hinzugegeben, sowie ein sri-lankisches Zimtdestillat aus dem Hause Rutte (dessen Rezept auch Herrn Meyer und Herrn Schouten nicht verraten wurde). Zuletzt wird noch ein über mehrere Wochen mit indonesischen Vanilleschoten infundierter Neutralalkohol als „Vanille-Infusion“ hinzugegeben. Fast hätte ich an dieser Stelle geschrieben: „und das war’s auch schon.“, aber das wäre natürlich sichtlich unpassend gewesen, denn hier wird durchaus bewusst kein einfacher Weg gewählt und eine Menge aufgefahren.
Unterm Strich kann man also sagen, dass neben dem durchaus aufwendig gestalteten Herstellungsprozess v.a. auf eine komplexere, raffiniertere, weniger süße (bzw. trockenere) Geschmacksrichtung gesetzt wird. Und das natürlich nicht ohne Hintergedanken, denn Joerg Meyer ging es vor allem darum, eine klassische Barzutat neu zu interpretieren und damit eine Zutat zur Hand zu haben, die berühmte Cocktails auf eine ganz neue Stufe heben können soll. Allerdings wird auch der Purgenuss explizit empfohlen, was bei Crèmes tatsächlich eigentlich nicht unbedingt (mehr) en vogue ist.
Bevor ich mich also selbst an den Cocktailfeldversuch gewagt habe, bin ich dem Vorschlag zunächst gefolgt.
Tasting Notes:
Aroma: Klare und schöne Kakaonoten zeigen sich in der Nase. Der Kakao fällt dabei sehr erwachsen und rund aus, er erinnert eher an hochwertige Schokoladen und keinesfalls an einen Kindergeburtstag. Dahinter finden sich leicht malzige Noten, Vanille, feine Nuancen von Zimt und Assoziationen von Piment und braunem Zucker. Wirklich überbordend „süß“ wirkt die Dutch Cacao Crème de Cacao in der Nase jedoch nicht.
Geschmack: Gut, es ist eine Crème, eine gewisse Süße ist also unverkennbar. Und auch wenn ich wirklich selten einen Crèmelikör pur verkoste, so fällt doch auf, dass man es hier mit einer weniger Raum einnehmenden, nicht zu dominanten oder gar pappigen Süße zu tun hat. Vielmehr ist diese wirklich schön eingebunden in das überaus ansprechende und schön ausbalancierte Aromenspiel aus vordergründigem, satten Kakao mit feinen und gefälligen Vanillenoten, Gewürzanklängen von Zimt (und wieder Pimentassoziationen). Sogar feine Bitternoten treten zutage, was mir hier ausgesprochen gut gefällt. Überhaupt: Tatsächlich kann man ein Gläschen Dutch Cacao auf Eis jedem Gast bedenkenlos als Digestif anbieten – und das würde ich mit keiner Crème de Cacao tun, die ich bisher probiert habe.
Abgang: feine Bitternoten, Vanille, Zimt
Der 20th Century Cocktail hat bisher noch keinen eigenen Artikel von mir erhalten. Und wo würde er auch besser untergebracht sein als hier und heute? Denn nicht zuletzt mit Blick auf diesen Klassiker aus den späten 1930ern hat Joerg Meyer sich u.a. für die Kreation der Dutch Cacao Crème de Cacao entschieden. Erstmalig beschrieben wurde der Drink in William J. Tarlings Café Royal Cocktail Book aus dem Jahr 1937. Erfunden wurde er allerdings von einem britischen Bartender namens C.A. Tuck. Und entgegen der weit verbreiteten Annahme wurde der Drink nicht etwa dem 20. Jahrhundert gewidmet, das zu jener Zeit kurz vor der großen Katastrophe des Zweiten Weltkrieges stand, sondern einem (für die damalige Zeit) luxuriösen Art-Deco-Zug namens 20th Century Limited, welcher zwischen 1902 und 1967 zwischen New York und Chicago pendelte. Im Folgenden werde ich mich an die von Joerg Meyer auch im Le Lion verwendete, optimierte Rezeptur halten.
Rezept „20th Century Cocktail“:
5 cl Rutte Dry Gin
3 cl Dutch Cacao Crème de Cacao White
3 cl Cocchi Americano Bianco
1 cl Zitronensaft
Zubereitung: Alle Zutaten kräftig auf Eis schütteln und doppelt ins vorgekühlte Glas abseihen.
Glas: Coupette oder Goblet
Garnitur: Orangenzeste
Aber auch ich wollte etwas Eigenes hier ausprobieren und habe mich dabei gänzlich von meiner Intuition leiten lassen. Mir haben die Aromen der Dutch Cacao Crème de Cacao auch pur bereits sehr gefallen und direkt kam mir die Idee, diese mit exotischen Früchten zu kombinieren und die Gewürzkomponente noch etwas zu unterstreichen. Warum also zu ausgefallen vorgehen, wenn es auch einfach geht? Mein Drink ist daher auch nicht viel mehr als eine Old Fashioned-Spielart, die ich Ship’s Kobold genannt habe. Er besteht im Wesentlichen aus einem esthertönigen, jamaikanischen Rum (und dieser Posten ist nicht verhandelbar) – bspw. also einem Hampden Estate Rum – Dutch Cacao Crème de Cacao, einem Dash Orange Bitters und – optional – einem Dash Bittermens Habanero Shrub. Nicht jeder mag Schärfe in seinem Drink, ich finde sie hier aber großartig. Wer das nicht will, nimmt einfach zwei Dashes Orange Bitters und fertig. Klingt simpel, ist aber unheimlich gut – zudem „funky“, scharf, mit einer wunderbaren Schokoladensüße… eines Klabautermannes absolut würdig (denke ich zumindest).
Rezept „Ship’s Kobold“:
5,5 cl Gereifter, esthertöniger Jamaikarum
2,5 cl Dutch Cacao Crème de Cacao White
1 Dash Orange Bitters
1 Dash Bittermens Habanero Shrub (optional)
Zubereitung: Der Drink wird im Glas gebaut. Einfach alle Zutaten auf massives Eis geben, umrühren fertig.
Glas: S.O.F.
Garnitur: Orangenzeste
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.
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