Nicht nur treuen Lesern meines Blogs dürfte der Name Topanito inzwischen mehr als geläufig sein. Wenn ich auf meinen Artikel aus dem Jahr 2016 zurückblicke und bemerke, wie ich sprachlich damals ausgeholt habe, um die Topanito Tequilas auch als „Premium-Spirituosen“ zu erklären und von weniger ansprechenden Qualitäten abzugrenzen, dann kommt einem das im Jahr 2020 schon etwas komisch vor. Manchmal ist es wirklich erstaunlich, wie schnell sich die Wahrnehmung verändert, denn inzwischen dürfte kaum jemand noch daran zweifeln, dass Tequila mehr kann als Salz, Zitrone und Schüttelkrampf. Und viele wissen inzwischen natürlich auch längst Bescheid über die Mezcal-Kategorie. (zugesandtes Testprodukt)*
Ohne jetzt erneut groß Worte über die Verwandtschaftsbeziehung von Tequila und Mezcal hier verlieren zu wollen: Seit neuestem gibt es nun auch einen Mezcal aus der Topanito-Reihe, der kein Tequila ist. Vielmehr handelt es sich um einen echten, klassischen Oaxaca-Mezcal. Doch auch das ist nicht wirklich korrekt, denn es sind im Grunde gleich zwei Mezcals: Einer in herabgesetzter Trinkstärke von 40% vol. und einer in Destillationsstärke mit 52% vol.
Der Topanito Mezcal Artesanal Blanco, so sein vollständiger Name, wird aus der Agavensorte Espadín und in der Destillerie Amantes de lo Ajeno im Bundesstaat Oaxaca hergestellt. Die Agaven für diesen Mezcal werden nach mindestens sieben Jahre geerntet. Anschließend – Mezcalfreunden sind diese Schritte längst ein Begriff – werden die piñas (Agavenherzen) für fünf bis acht Tage in Erdgruben gebacken. Schließlich werden die gebackenen Agavenherzen in einer Tahona (eine Art Mühlstein), die von einem Esel betrieben wird, zerkleinert und zermahlen. Mit etwas Wasser fermentiert die Maische dann für drei bis fünf Tage lang in offenen Holz- und Steinbottichen mittels wilder Hefen. Schließlich wird der Topanito Mezcal Artesanal Blanco doppelt destilliert und direkt mit 52% vol. abgefüllt (oder eben auf 40% vol. verdünnt).
Für meinen Artikel heute wurde mir die – in meinen Augen noch viel interessantere – Destillationsstärke zur Verfügung gestellt, so dass ich mir einen authentischen Eindruck verschaffen und hier beschreiben kann. Einen direkten Vergleich zur 40%-Version habe ich zwar somit nicht, aber der generelle Charakter wird bei der stärkeren Version ohnehin besser zur Geltung kommen können.
Tasting Notes:
Aroma: Oh ja, das ist einerseits ein typisches, rauchig-würziges Oaxacaaroma, was mir hier entgegensteigt, andererseits weist es aber doch auch ein paar eher außergewöhnliche Merkmale auf. Allem voran nehme ich den Rauch etwas „phenoliger“ wahr, ich muss an kalten Lagerfeuerrauch denken, an angebrannten Sternanis, eine Nuance Gummi und etwas Benzin. Ich weiß, dass solche Beschreibungen Menschen, die kaum oder keine Erfahrung mit rauchigen Spirituosen haben, eher abstoßend vorkommen müssen, aber tatsächlich funktioniert das Ganze hier ganz wunderbar. Natürlich sind auch erdige Agaventöne mit von der Partie, das typische, mineralische Salz und eine Idee weißer Pfeffer sind sofort da, aber auch kräutrige Töne von Rosmarin und Nadelholz. Mit der Zeit kommen vielschichtigere, „vegetale“ Töne zum Vorschein: süßliche Paprika, eine Idee Pfirsich, aber auch Ingwer und etwas unreife Banane.
Geschmack: Auch am Gaumen ist der Rauch sehr dominant und vordergründig, tritt hier aber etwas „wärmer“ zutage: Ich fühle mich eher an Räucherspeck erinnert, der über einem harzigen Holzfeuer gegart wurde. Auch hier sind wieder Noten von Paprika und grüner Banane zugegen, aber auch Steinsalz, weißer Pfeffer und kräutrige Anklänge. Der Alkohol ist trotz 52% vol. sehr angenehm zu trinken. Er macht sich zwar bemerkbar (oh Wunder), aber trägt die Geschmacksnuancen sehr gekonnt. Wirklich schön!
Abgang: recht lang mit Noten von Rauch, Kräutern (v.a. Rosmarin) und etwas Mineralsalz
Mit einem Preis von ca. 30 Euro für die herabgesetzte Version und ca. 40 Euro für den 52-prozentigen Topanito Mezcal Artesanal Blanco setzt man hier auch ein echtes Preis-Leistungs-Zeichen. Eine klare Empfehlung von meiner Seite.
In puncto Cocktail habe ich mich heute für eine Art Smash entschieden. Dabei wollte ich den würzig-kräftigen Charakter des Mezcal mit Ananas in Szene setzen (eine beliebte Kombination), diese dann aber noch mit tief-bitteren Noten vom Nardini Fernet und einem Hauch vom fantastischen Krauseminzegeist des Freimeisterkollektivs auf ein ganz anderes Level heben. Limette und Agavendicksaft bilden dabei den Rahmen. Und das ist sie auch schon, meine Bittered Piña Mezcalita.
Rezept „Bittered Piña Mezcalita“:
5 cl Topanito Mezcal Artesanal Blanco 52% vol.
4 Würfelchen frische, reife Ananas (ca. 2cm x 2cm)
2,5 cl Limettensaft
2 cl Agavendicksaft
0,75 cl Nardini Fernet
2 Barlöffel Freimeisterkollektiv Krauseminze (Geist)
6 Tropfen gesättigte Salzlösung
Zubereitung: Zunächst die Ananaswürfelchen mit dem Mezcal zusammen in einen Shaker geben und mit dem Barstößel kräftig zerdrücken bzw. muddeln. Schließlich restliche Zutaten hinzugeben und auf Eis schütteln. Zuletzt doppelt ins vorgekühlte Glas abseihen.
Glas: Coupette
Garnitur: Ananasblatt
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.
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