Wer sich ein wenig länger (oder auch erst etwas kürzer) mit der Barwelt beschäftigt, dem muss man Salvatore Calabrese vermutlich nicht vorstellen. Wem der Name hingegen nichts sagt, dem will ich in aller Kürze ein paar Zeilen zu Herrn Calabrese offerieren: Der ursprünglich von der italienischen Amalfiküste stammende Mann wird inzwischen meist nur als „The Maestro“ bezeichnet. Besonderen Ruhm erwarb er als Barkeeper des Londoner Duke’s Hotel, wo er sich vor allem mit alten Cognacs beschäftigte. Er war Präsident der United Kingdom Bartender’s Guild, wird häufig in die Jury von Cocktailwettbewerben berufen und arbeitet als Berater für zahlreiche Spirituosenkonzerne. Kurzum: der Mann ist ein Schwergewicht der Cocktailwelt. (zugesandtes Testprodukt)*
Und dieser Salvatore Calabrese hat nun in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Haus De Kuyper einen eigenen Likör auf den Markt gebracht. Klingt irgendwie vertraut? Genau, erst kürzlich habe ich hier Joerg Meyers Dutch Cacao vorgestellt, welcher ebenfalls als renommierter Bartender mit De Kuyper einen (Creme)likör herausgebracht hat. Nun also das Ganze erneut – nur eben diesmal mit dem Maestro.
Der Likör hört auf den Namen Acqua Bianca – und bevor ich irgendetwas zu dieser Spirituose sagen möchte, will ich unbedingt auf die Flasche eingehen, die für mich einfach der Inbegriff von italienischem Understatement-Stil ist (entworfen wurde sie von der Designagentur von Calbreses Tochter Francesca). Auf vielen Bildern sieht man sie nur von der Seite (denn dort ist das eigentliche Label angebracht), wodurch der Eindruck entsteht, es handle sich um eine dünne, längliche Flasche mit schmalem Etikett. In Wahrheit ist die Flasche jedoch viel breiter, lediglich die Etikettierung befindet sich an einer unkonventionellen Stelle; wohlgemerkt jedoch ohne jeden überbordenden, ostentativen Einschlag! Ich finde das wirklich sehr stilecht.
So, nun aber zum Inhalt: Acqua Bianca, das weiße Wasser, ist im Grunde ein Likör auf Basis von Zitronen, Bergamotten, Pfefferminze, Rosen und Amber. Eine gewisse Nähe zum anhaltenden Trend von Rosoliolikören ist also nicht zu leugnen. Dabei soll der Likör auf einem alten Rezept aus dem 19. Jahrhundert basieren (ja, tatsächlich ist es mal wieder die Geschichte vom alten Rezept, nehmen wir sie einfach hin). Abgefüllt wird schließlich mit 24% vol.
Tasting Notes:
Aroma: Eine sehr feine, filigrane und „kühle“ Nase zeigt sich bereits von Beginn an. Dieser Likör weist vordergründig frische Pfefferminzcharakteristika auf, die allerdings nicht zu dominant sind (wie es bei Pfefferminzspirituosen sehr oft der Fall ist). Die Gefahr eines flüssigen Gletscherbonbons besteht also nicht. Ebenfalls sofort bemerkbar sind frische und würzige Zitrusnoten, die Bergamotte ist unverkennbar, lässt aber auch der Zitrone ihren Raum. Amber ist ebenfalls klar erkennbar, leicht hintergründig umarmt er die anderen Noten; wer mit dem Duft von Amber vertraut ist, wird ihn sofort erkennen. Eine gewisse Süße ist natürlich ebenfalls mit von der Partie, Assoziationen von süßer Sahne und etwas milder Schokolade schwingen mit. Die Rosen sind nicht besonders exponiert, grüßen aber als floraler Beiklang. Ein schönes Aroma!
Geschmack: Geschmacklich ist die Pfefferminze zunächst überraschend zurückhaltend. Stattdessen trumpfen zunächst die Zitrustöne auf, eingebunden in eine schöne, ausgewogene Süße, die nicht zu sehr vereinnahmt. Mit der Zeit baut der Likör seinen feinen Körper etwas weiter aus, die Pfefferminze tritt hervor und überzeugt mit einer sanften Frische (auch hier wieder keine Spur einer Mentholgranate, wie man es oft von Pfefferminzlikören kennt). Fein-würzige Noten verfestigen sich und liefern ein subtiles, aber durchaus ansprechend vielschichtiges Geschmacksbild.
Abgang: Pfefferminze, Amber, würzige Zitrusschalen, mittellang
Tja, die magische Frage: Was kann man mit dem Acqua Bianca denn nun anfangen. Im Grunde eine ganze Menge: Der Maestro selbst schlägt z.B. vor, es zusammen mit Dutch Cacao zu gleichen Anteilen auf Eis und mit einem Minzblatt in einem Ciao Bella zu trinken. Eine tatsächlich überraschend schlichte und gute Kombi! Joerg Meyer hat mich aber auf einen Drink aufmerksam gemacht, den ich eigentlich für mich persönlich vielleicht nicht unbedingt im Gruselkabinett des Cocktailrepertoires verbucht hatte, aber auch nicht unbedingt weit entfernt: den Grasshopper. Mit Sahne, Dutch Cacao und Acqua Bianca wird dieser zum White Grasshopper – und hat mich tatsächlich vollauf überzeugt mit einem cremig-feinen Zusammenspiel. Daher habe ich mich heute auch für diesen Drink entschieden. Ansonsten sehe ich insbesondere im Zusammenspiel mit Gin hier zahlreiche Einsatzmöglichkeiten, auf die ich gerne in Zukunft auch noch einmal eingehen werden.
Rezept „White Grasshopper“:
3 cl Acqua Bianca
3 cl Dutch Cacao
3 cl Sahne
Zubereitung: Alle Zutaten kräftig auf Eis schütteln und ins vorgekühlte Glas abseihen.
Glas: Martini / Cocktail
Garnitur: Minzzweig
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.