Faude Whisky Roggen & Somewhere in Between

„Keine Story. Nur Whisky“. Wer bereits auf dem Flaschenetikett sein Lebenswasser so beschreibt, hat definitiv meine Aufmerksamkeit. Klar, Geschichten, Legenden und Anekdoten machen nicht nur die Whiskywelt ein ganzes Stück weit aus, aber nicht alle davon will man als Endverbraucher wirklich immer so auch haben. Und wer hier genauer hinschaut, wird nicht nur ein Augenzwinkern, sondern auch eine echte Transparenzoffensive vorfinden, die man sich bei so manchem anderen Whisky schon vorher gewünscht hat. Aber der Reihe nach. (zugesandtes Testprodukt*)

Die Flasche, von deren Etikett besagter Spruch stammt und um die es heute hier gehen wird, ist der „Faude Whisky“ Roggen mit einem Alter von drei Jahren. Moment mal, Faude? Das ist doch der mit den teils abgefahrenen Obstbränden? Und irgendwas mit Gin hatte der doch auch am Hut.

Ganz genau! Über Florian Faude habe ich hier schon an diversen Stellen berichtet, sei es im Artikel über seine originären Obstbrände und -geiste, seine Umtriebe bei Agavenbränden aus dem Schwarzwald, oder im Zusammenhang mit südafrikanisch inspirierten Diamanten-Gins oder auch beim B my Gin. Und nun gibt es auch einen Roggenwhisky aus dem Hause Faude, der absolut neugierig auf mehr macht. Denn auch wenn man hier keine Story über irgendwelche alten Rezepte aus dem Keller, historische Familiendramen oder anderweitig aufgeblähte Märchen bietet, so erhalten wir doch jede Menge Informationen.

Denn der Faude Whisky wird auch als „Dunkle Diva“ bezeichnet, da sie sehr viel Aufmerksamkeit und Detailliebe in der Herstellung verlangt. Es handelt sich dabei um einen Whisky aus 100% Roggen aus der Gemarkung Bötzingen. Wer sich ein wenig mit Roggenwhisky auskennt, wird wissen, dass nur ein kleiner Bruchteil amerikanischer Rye Whiskeys aus 100% Roggen hergestellt werden. Dieser Roggen wird zunächst vermahlten und dann als ungemälzte Rohfruchtmaische angesetzt. Bei 36 Grad gärt diese schließlich bis zum Erreichen eines Alkoholgehalts von 8,5% bis 9,5% vol. Nach maximal 72 Stunden wird dann gebrannt – und zwar auf einer Pot Still auf ca. 35% sowie auf einer Column Still auf 86% vol. Das Herzstück wird dann manuell abgetrennt und mit Quellwasser auf etwa 60% verdünnt. Dann erfolgt eine Lagerung von mindestens drei Jahren (sonst dürfte er ja auch gar nicht Whisky heißen) in neuen amerikanischen Weißeichenwässern und bleibt schließlich unfiltriert, wenn er mit stolzen und für einen Rye Whisky nicht unbedingt typischen, dafür aber umso vielversprechenderen 48% vol. in die Flaschen abgefüllt wird.

Das beantwortet doch wirklich eine Menge der typischen Fragen, die man an ein Destillat so hat – hier kann sich manch ein etablierter Produzent sicherlich eine Scheibe abschneiden.

Wie schmeckt nun aber der Faude Whisky?

Tasting Notes:

Aroma: eine sehr schöne, intensive Nase mit würzigen und kräftigen Vollkornnoten, geröstete Cerealien kommen mir in den Sinn, etwas gebrannte Mandel, holzige, würzige Töne, die geradeheraus und charakterstark dem noch jungen Whisky Ausdruck verleihen. Im Hintergrund finde ich Assoziationen von Brotteig, Röstkaffee verbranntem Zucker und einer Idee Karamell.

Geschmack: auch am Gaumen gefällt mir dieser Whisky trotz seines jungen Alters ausgesprochen gut! Hier hat man zunächst einmal einen ordentlichen, kräftigen Geschmack von Roggen, der so manchen bekannten Rye alt aussehen lässt. Die 48% vol. leisten hier ganze Arbeit, ohne dabei scharf oder störend aufzufallen, was bei einem jungen Whisky auch weit weg von Selbstverständlichkeit ist. Auch hier finde ich Noten von Karamell, Muskat, Kaffee, eine gewisse, überraschend frisch ausfallende Kräuterassoziation und jede Menge Eichenholz, ohne dabei zu bitter oder überfrachtend auszufallen. Ich mag diesen Roggenwhisky sehr!

Abgang: würzig, kräftig mit Eichentönen, mittellang bis lang.

Und nun die obligatorische Frage, welchen Cocktail man mit diesem Tropfen mixen kann? Grundsätzlich natürlich alle, in denen ein Roggenwhisky eine zentrale Rolle spielt! Und „zentral“ ist hier nicht nur so dahergesagt, denn man kann dem Faude Whisky durchaus eine selbstbewusste Hauptrolle im Cocktail zugestehen. Genau das habe ich auch heute gemacht. Grundsätzlich wandert mein Blick bei einem Rye zunächst reflexhaft in Richtung Rührglas – und so war es heute auch. Irgendwo zwischen Manhattan, Negroni, Kräuterlikören und kaltem Eis fühle ich mich ohnehin am wohlsten, was man durchaus dem Cocktail anmerkt.

Rezept „Somewhere in Between“:

6 cl Faude Whisky Roggen
2 cl Dubonnet Rouge
1 cl Amaro Vecchio de Capo
0,25 cl Mancino Chinato
0,25 cl Fernet Branca

Zubereitung: Alle Zutaten im Rührglas auf Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen. Mit dem Öl einer Zitronenzeste besprühen, Zeste danach entsorgen.

Glas: Coupette

Garnitur: Kirsche

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online

*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.

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