Single Malts waren für mich – wie für so viele – im Grunde der Aufgangspunkt für den Einstieg in die Welt gehobener Spirituosen und schließlich auch der Barkultur und Cocktailgeschichte. Zwar hatte ich mich auch relativ früh mit Gin auseinanderzusetzen begonnen, aber in der Breite und Tiefe war es dann eben doch der schottische Single Malt, der meinen Enthusiasmus entfachte. Heute bin ich längst nicht mehr so stark auf diese Spirituosengattung fixiert, doch natürlich nimmt sie in meinem Herzen einen festen Platz ein. Doch im Rahmen dieses Blogs spielt Single Malt trotzdem meist eine etwas schwächere Rolle. (zugesandtes Testprodukt)*
Mein Erstkontakt mit einem Glengoyne liegt nun inzwischen schon wirklich sehr, sehr lange zurück. Woran ich mich spontan erinnere: Honig, Getreide, sehr runde und einsteigerfreundliche Noten, die sich an ein breites Publikum zu richten vermögen. Inwiefern hier meine Erinnerung zutreffend ist und ob sich der eigene Geschmack evtl. auch verändert bzw. ob sich die Herangehensweise an einen Single Malt aus dieser Destille gewandelt hat, werde ich heute wohl noch herausfinden. Denn vor mir steht eine Flasche Glengoyne mit einem Alter von 10 Jahren. Es ist bereits deutlich länger her als zehn Jahre, dass ich letztmalig einen Glengoyne im Glas hatte – und ob es sich dabei um einen 10-, 12- oder 15-jährigen Glengoyne gehandelt hat, weiß ich offen gesagt nicht mehr.
Die Glengoyne-Destille liegt nicht weit von Glasgow entfernt und ist bei Whiskyreisenden ein beliebter Tagesausflug aus der schottischen Metropole. Die Fässer, in denen dieser Tropfen gelagert wurde, sind sowohl ehemalige Bourbon- als auch ehemalige Sherryfässer. Dabei setzt man etwa zu 30% auf erstmalig befüllte Fässer (also erstmalig, seit sie keinen Bourbon oder Sherry mehr beinhalten), sog. First-Fill-Fässer, und zu 70% auf sog. Refill-Fässer, also Fässer, in denen schon mehrere Male Single Malt Whisky reifen durfte. Abgefüllt wird er schließlich mit sehr einsteigerfreundlichen 40% vol. Die gemälzte Gerste, aus der dieser Whisky hergestellt wurde, wurde nicht über Torffeuerrauch getrocknet, so dass wir es hier mit einem nicht-rauchigen Vertreter der Kategorie des Scotch Single Malt zu tun haben. Für Whiskykenner sind das alles hier natürlich längst bekannte Details und auch ein Hinweis auf die Highlands als Ursprungsregion erübrigt sich für all jene, die mit dem Lebenswässerchen schon länger vertraut sind, aber es ist ja nunmal nicht jeder ein Malt Maniac und kann die entsprechenden Hintergrundfakten herunterbeten.
Tasting Notes:
Aroma: Ja, Erinnerungen werden wach. Tatsächlich finde ich sofort wieder schöne Honignoten und Getreidecerealien, Malz, eine feine Vanille, etwas Buttertoffee, aber auch blumig-fruchtige Noten, vor allem frische Äpfel. Helle Trockenfrüchte (Aprikosen) und auch etwas Muskatnuss und Zimt sind mit von der Partie.
Geschmack: Auch am Gaumen dominieren Assoziationen von süßem Honig und Frühstückscerealien, dazu Äpfel und Aprikosen mit Noten von Kakao und Muskatnuss. Malzige, vollmundige Nuancen kommen mit der Zeit hindurch und verbinden sich mit Haselnüssen zu einem durchaus vielschichtigen und ansprechenden Geschmacksbild.
Abgang: mittellang mit Trockenfrüchten und etwas Schokolade
Ein Freund schrieb neulich in einer Bargruppe in den Sozialen Netzwerken, ein Whisky der Destille Auchentoshan aus den Lowlands sei so etwas wie der initiale Gradmesser für Whiskyeinsteiger: schmecke er diesen, so möge man Scotch Single Malt Whisky, schmecke er diesen nicht, so sollte man die Finger vom Genre lassen. Ich würde diesen Satz auch eins zu eins auf diese Abfüllung hier übertragen wollen und sagen: der Glengoyne 10 Jahre ist in der Tat ein absolut empfehlenswerter Malt für jeden Einsteiger, der sich vielleicht ob all der unterschiedlichen Cask-Finishes, ppm-Angaben und sonstigen Details nicht sicher ist, ob Whisky wirklich den eigenen Geschmack trifft. Ich bin mir hingegen recht sicher: mit diesem Malt ist die Chance hoch, dass der Einstieg gelingt.
Aber ich möchte natürlich auch den Teil nicht außer Acht lassen, der manch überzeugtem Scotch-Puristen vielleicht weniger gefällt, für den ich abermals eine Lanze brechen will: den Einsatz von Single Malts in Cocktails. Die Möglichkeiten sind hier nicht weniger vielfältig als bei anderen Basisspirituosen, so dass ich mich doch jedes Mal ein wenig ärgere, wenn einfach pauschal die Cocktailtauglichkeit einer ganzen Spirituosengattung von manch einem abgetan wird. Und um das Ganze zu unterstreichen, stelle ich mich dem Scotch-Puristen heute diametral gegenüber und setzte den Glengoyne 10 in einem Tiki-Drink ein. Dieser entstammt einem wirklich fantastischen Buch von Matt Pietrek, den viele als Autor von cocktailwonk kennen dürften. Das Buch namens „The Minimalist Tiki“ ist für mich fast schon das aktuelleste und modernste Standardwerk in Sachen Tiki, das ich jedem nur ans Herz legen kann. Der Drink namens HMS Glasgow Grog stammt dabei nicht von Matt Pietrek, sondern von Brian Maxwell, dem Gründer von shakerofspirits.com. Gerade weil die Glengoyne Destille so nah an Glasgow liegt, kam mir die Idee, ihn in gerade diesem Cocktail auszuprobieren. Im Originalrezept wird nach einem Blended Scotch verlangt, diesen habe ich aber durch den Glengoyne ersetzt und war begeistert. Der Drink wird eigentlich in einem Tiki Mug serviert, aber da ich keinen wirklich zum „Flair“ des Drinks passenden Mug besitze, der Drink aber irgendwie durch den Namen einen britischen Anstrich aufweist, habe ich kurzerhand zum Silberbecher gegriffen. In diesem Sinne: Cheers!
Rezept „HMS Glasgow Grog“ (adaptiert von Brian Maxwell):
3 cl Glengoyne 10 Years
1,5 cl ungereifter, jamaikanischer Overproof Rum
1,5 cl Chartreuse jaune
1,5 cl Rosmarin-Honig-Sirup (s.u.)
1,5 cl Ananassaft
1,5 cl Passionsfruchtsirup
1,75 cl Zitronensaft
1,5 cl Sodawasser
Rosmarin-Honig-Sirup: Auf 250 ml Wasser gut 500 ml Honig und 5 Rosmarinzweige in eine Pfanne geben und bei niederiger Hitze ziehen lassen. Der Sirup sollte hier nicht weiter eindicken, sondern wirklich nur auf Hitze ziehen (mind. 20 Minuten). Danach abkühlen lassen.
Zubereitung: Alle Zutaten bis auf das Sodawasser kräftig auf Eis schütteln und in den mit gestoßenem Eis gefüllten Silberbecher (bzw. im Original: Tiki Mug) geben. Mit Sodawasser toppen und mehr gestoßenes Eis obenauf geben.
Glas: Tiki Mug oder Silberbecher (für noch mehr „HMS“-Flair)
Garnitur: Zitronenschiff mit Orangensegeln und drei abgeflämmte Rosmarinzweige
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
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Ein toller Bericht und ein toller Cocktail muss ich sagen ! Habe ihn ausprobiert und finde ihn wunderbar. Gerade der Glengoyne passt super dazu wie ich finde.
Vielleicht noch besser als der andere :).
Ein kleinen Kritikpunkt hab ich aber noch. Die Orangenschale auf dem ersten Bild sieht nicht so toll aus.( Wie abgeknabbert ). Da hätte ich sie lieber mit Fruchtfleisch gelassen. Aber ansonsten sind es sehr schöne Bilder.
In diesem Sinne..prost 😉
Lg Hanni
Danke für die anerkennenden Worte und das konstruktive Feedback, liebe Hannelore. Beim nächsten Orangensegel achte ich darauf, vorher meine Knabbergelüste im Zaum zu halten. 😉