Der heutige Cocktail ist eine wirklich vielschichtige Geschmacksgranate, so viel kann ich schon einmal verraten. Er kombiniert verschiedene, schön miteinander harmonierende Aromen miteinander und schafft es so, einen sehr angenehmen und samtig-fruchtigen Eindruck zu hinterlassen. Allerdings ist ein wenig Vorbereitung von Nöten, denn nach längerer Abstinenz habe ich mal wieder eine Infusion angesetzt.
Ich bin mir wohl darüber bewusst, dass Infusionen außerhalb einer Barkarte meist nur mit gemischten Gefühlen wahrgenommen werden. Gerade als Leser eines Cocktailblogs erhofft man sich ja oft auch Inspirationen für zu Hause und eigentlich möchte ich diesen Aspekt auch nicht völlig aus den Augen verlieren. Aber natürlich verfolgen eben auch viele Leute aus der Barbranche solche Artikel und hier ist die Abneigung bzw. die Scheu vor einer Infusion weit weniger ausgeprägt. Und im Endeffekt sind viele Infusionen ja nun auch wirklich alles andere als kompliziert. Sie verlangen einem eben nur etwas Geduld ab.
Zunächst habe ich diesen Cocktail auch ohne Infusion hergestellt und einfach nur den sehr schönen Tokiwa Mugi Gerstenshōchū eingesetzt. Das kann man auch nach wie vor problemlos machen, denn seine fein-würzigen Gerstennoten kommen im Cocktail auch so gut zum Tragen. Allerdings fehlte mir noch etwas am Ende und die Antwort lautete schlich: Vanille! Doch der Reihe nach: Für den Velvet Blossom habe ich also Tokiwa Mugi Shōchū für 48 Stunden mit einer frisch aufgeschnittenen Vanilleschote infundieren lassen (genaue Anleitung unten) und diesen dann mit Yuzu-Likör, Creme Violette (in diesem Fall dem The Bitter Truth Violet Liqueur, ein sehr intensiver Veilchenlikör, ggf. muss man bei einer anderen Sorte ein wenig an den Verhältnissen schrauben), Zitronensaft, Eiweiß und etwas Erdbeermarmelade kombiniert. Wer nun denkt, ich hätte nach dem Eau d’Épices die Marmelade für mich als Süßungsmittel entdeckt und würde diese nun überall hineinrühren, den kann ich beruhigen. Es ist reiner Zufall, dass diese beiden Cocktails unmittelbar nacheinander hier im Blog veröffentlicht wurden. Trotzdem spielt die Erdbeermarmelade ihre Rolle im Velvet Blossom sehr gut aus und liefert eine fruchtig schöne Süße als Balance zu Zitronensaft, dem an sich bereits ausbalancierten Choya Yuzu Likör und der Creme Violette. Die Vanille rahmt alles schließlich ein, während der Shōchū seine exotische Schlichtheit mit einbringt. Und wenn man dann den Cocktail zum Mund hebt und den Duft frisch geriebener Tonkabohne wahrnimmt, ist die Verführung im Grunde perfekt.
Rezept „Velvet Blossom“:
5,5 cl mit Vanille infundierter Tokiwa Mugi Shōchū (s.u.)
2 cl Choya Yuzu Likör
1,25 cl The Bitter Truth Violet liqueur
1 cl Zitronensaft
1 Eiweiß
2 Barlöffel hochwertige Erdbeermarmelade (mit hohem Fruchtanteil)
Mit Vanille infundierter Tokiwa Mugi Shōchū: Einfach auf jeweils 250 ml Tokiwa Mugi Shōchū eine längs aufgeschnittene Vanilleschote geben und luftdicht verschließen. Für ca. 48 Stunden ziehen lassen, danach durch ein Filtertuch oder einen Kaffeefilter filtrieren, bis keine Partikel mehr im Shōchū umherschwimmen.
Zubereitung: Alle Zutaten zunächst ohne Eis einem „Dry Shake“ unterziehen oder mit einem Milchaufschäumer ein wenig aufschäumen. Anschließend mit frischen Eiswürfeln schütteln und doppelt ins vorgekühlte Glas abseihen.
Glas: Coupette
Garnitur: geriebene Tonkabohne
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online. Der Tokiwa Kome-Shōchū ist über das Berliner Sake-Kontor erhältlich