Um nur wenige Cocktails wird ein solcher Bohei wie um den Old Fashioned Cocktail veranstaltet. Der Drink ist gleichsam Ausdruck von stilbewusstem Understatement, bodenständiger Verwurzelung, flüssiggewordener Barexpertise und allgemeinem Connaisseurtum. Es heißt, um einen Bartender wirklich zu testen, bestelle man einen einfachen Old Fashioned und man sehe sofort, was derjenige wirklich „drauf hat“.
Mir persönlich ist das ehrlich gesagt viel zu übertriebener und oft auch affektierter Kram und ich kann mit dieser leicht arroganten Attitüde, die manch einer rund um diesen Drink an den Tag legt, auch wirklich nicht viel anfangen. Sehr wohl kann ich aber etwas mit dem Drink selber anfangen, der tatsächlich einer der besten, wenn auch schlichtesten Cocktails aller Zeiten ist. Und sicherlich auch einer der ersten. In einer Zeit, in der im amerikanischen „Wilden Westen“ sich mit z.T. rasanter Geschwindigkeit neue Cocktailrezepturen entwickelten, die meist auf Whiskeybasis unter der Zugabe von Bitters und Likören zubereitet wurden, soll es mitunter sogar zu Schießereien gekommen sein, wenn der Whiskey Cocktail nicht den eigenen Wünschen und Vorstellungen entsprach. So kristallisierten sich mit der Zeit verschiedene Namen für diese Whiskey Cocktails heraus, wovon ein bestimmter, nämlich die bzw. eine sehr ursprüngliche Version, bald als Old Fashioned bekannt war. Und wie das oft so mit den ursprünglichen Varianten ist: sie setzen sich am Ende dann doch oft gegen die anderen durch.
Der Old Fashioned ist im Grunde eigentlich nur eine mit Bitters gewürzte und leicht gesüßte Spirituose; klassischerweise Rye Whiskey oder Bourbon (aber auch Brandyvarianten sind verbreitet). Dabei kann man eigentlich gar nicht so viel falsch machen, wenn man es nicht übertreibt. Doch auch ich habe bereits in Cocktailbars einen Old Fashioned quasi als Highball serviert bekommen, mit Orangenscheiben und bis oben mit Sodawasser aufgefüllt. Das hat mit der ursprünglichen Version allerdings eher weniger zu tun. Trotzdem: Wer den Old Fashioned gerne so interpretieren will, soll das meinetwegen tun. Ich würde in solchen Bars vielleicht einfach im Zweifel etwas anderes bestellen; denn entgegen dem ominösen „Testcharakter“ dieses Drinks, könnte ja mitunter ein anderer Drink in dieser Bar vorzüglich sein.
Wie dem auch sei: Ob nun mit Zitronen oder Orangenzeste, ob mit zusätzlicher Garnitur oder nicht, ich finde, das muss jeder selbst entscheiden. Ich persönlich trinke den Old Fashioned manchmal mit, manchmal ohne Kirschen. Da ich aber das Aroma von Griottineskirschen gerade zu einem Rye Old Fashioned sehr passend finde, benutze ich gerne welche bei der Zubereitung. Je nachdem, ob man den Drink ein wenig schneller oder ein wenig langsamer „verwässern“ lassen möchte (das muss nicht negativ sein!), kann man Eiswürfel, gestoßenes Eis oder eine Eissphäre für den Cocktail verwenden. All diese Entscheidungen wollen getroffen werden.
Der Drink ist Vorlage für zahllose Cocktailrezepturen geworden. Auch ich habe hier im Blog bereits einige vorgestellt, dazu zählen mitunter der Cocoa Old Fashioned, der New Fashioned, der Jerez Old Fashioned & Passionfruit Espuma, der Sweet Old Bakerman, The Old Orchard. oder auch der Fiji Gloaming
Hier aber nun die Variante, wie ich sie am häufigsten trinke:
2 oz (oder 6 cl) Rye Whiskey
1 Barlöffel Zuckersirup
2 Dashes Angostura Bitters
Zubereitung: Alle Zutaten ins vorgekühlte Glas geben, mit gestoßenem Eis (oder Eiswürfeln) auffüllen und kalt rühren.
Glas: Tumbler
Garnitur: Orangenzeste, zwei Griottineskirschen
Bezugsquellen: Je nach verwendeter Spirituose. Für besondere Sorten kann ein Besuch im Fachhandel erforderlich werden.
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