Aberlour A’Bunadh & Auld Corbeille

Neulich habe ich ein durchaus interessantes Interview gelesen. Es wurde mit Eyck Thormann geführt, der seines Zeichens als Brand Ambassador für Whiskys des Spirituosengiganten Pernod Ricard arbeitet, selbst aber auf eine lange Zeit als Bar-Chef auf St. Pauli zurückblickt und mehrfach „Deutscher Cocktail Meister“ wurde. Und – man kann es angesichts dieser persönlichen Biografie erahnen – es ging im Interview natürlich auch um die Verwendung von Whiskys in Cocktails. Ein Anliegen, welches ich hier auch immer wieder anspreche und weiterhin unterstützen möchte. (zugesandtes Testprodukt)*

Natürlich, sobald es dabei um Bourbon, Rye & Co geht (dann natürlich meist Whiskey geschrieben), ist das keine besonders große Sache. Geht es aber um schottische Single Malts, verändert sich schnell das Urteil und man trifft noch immer oft auf Skepsis oder gar Ablehnung. Wenn ich beispielsweise eine Spirituosenmesse besuche und dort an Whiskyständen das Thema der Mixbarkeit anspreche, sind die Reaktionen mitunter ziemlich herablassend, leider! Was hier immer wieder verkannt wird, ist der Umstand, dass man natürlich deshalb nicht weniger einen pur genossenen Single Malt zu schätzen weiß, sondern eben auch durchaus bereit ist, einen solchen in einem Kontext einzusetzen, in dem er eben eine ganz andere Geschmackswelt eröffnet, aber eben auch durch nichts zu ersetzen ist. Das Argument, es sei eine Verschwendung, ist daher also völlig deplatziert. In der gehobenen Küche würde auch niemand auf die Idee kommen, eine Zutat in einem Gericht als verschwendet zu bezeichnen, bloß, weil sie für sich genommen bereits als edel gilt und einen hervorragenden Eigengeschmack besitzt. In dieser Hinsicht ist ein beträchtlicher Teil der Gemeinde der Single Malt-Trinker ausgesprochen konservativ.

Inwiefern ein guter Single Malt eben beides sein kann, möchte ich heute einmal mehr zeigen. Wobei ich selbst auch einige kleine Einschränkungen vornehmen möchte: Einen Cocktail aus der Kategorie der Sours kann man beispielsweise problemlos mit so ziemlicher jeder erdenklichen Spirituose zubereiten. Citrussaft, Zucker, Spirituose – das war es oft schon. Dennoch: Sours (und das gilt i.d.R. auch für Tiki Punches) setzen meistens dem Charakter einer Spirituose sehr viel entgegen: Säure, Süße und viel verdünnende Flüssigkeit. Tatsächlich verändern sie daher das Geschmacksbild der Basisspirituose erheblicher als das beispielsweise in einem Julep, einem Old Fashioned oder einem Wermut Cocktail der Fall wäre. Ich will damit nicht sagen, dass ein guter Scotch Single Malt nicht auch in einem Sour eine gute Figur abgeben kann, wohl aber, dass ich ein solches gereiftes Destillat im Zweifel lieber in einer anderen Cocktailspielart einsetze. Eben z.B. in einem Old Fashioned, wo die Spirituose sehr gut glänzen kann und eben nur durch Nuancen von Süße und Bitters in eine bestimmte Richtung „angestoßen“ wird.

Nun aber zum Wesentlichen: Bereits vor einiger Zeit habe ich in meinem Blog über den 12-jährigen Aberlour Scotch Single Malt Whisky geschrieben, einem sehr zu empfehlenden Malt aus der schottischen Speyside. Für Hintergründe zur Destille und dergleichen sei daher auch an dieser Stelle auf eben jenen Beitrag verwiesen. Mit dem Aberlour A’Bunadh habe ich nun heute einen Whisky vor mir stehen, den zu rezensieren eine sehr schöne Angelegenheit ist. Der Grund ist schlicht: diese Abfüllung genießt einen herausragend guten Ruf und ich habe auch selbst bereits vor einigen Jahren einen solchen getrunken (damals aus dem Batch No. 41) – und war begeistert! Insofern sind meine untenstehenden Tasting Notes auch eine Art Rückerinnerung an einen sehr schönen Single Malt Whisky. Der Aberlour A’Bunadh ist zudem ein in Fassstärke abgefüllter Whisky, der zwar keine Altersangabe trägt, dafür aber voll auf eine Aromen- und Geschmacksexplosion setzt, die so manchen Konkurrenten im Vergleich blass erscheinen lässt. Die mir vorliegende Rezensionsflasche entstammt dem Batch mit der Nummer 60 und wurde mit 60,3% vol. abgefüllt. Seinen Charakter und die berühmte Ausdruckskraft verdankt der Aberlour A’Bunadh der exklusiven Reifung in ehemaligen Oloroso-Sherry-Fässern. A’Bunadh bedeutet übrigens so viel wie „der Ursprüngliche“.

Tasting Notes:

Aroma: Sherrynoten über und über! Ein Korb voller dunkler Früchte, v.a. Kirschen, Pflaumen und Rosinen, dazu minimale Assoziationen von Rauch. Zudem finde ich Orangenmarmelade, tatsächlich auch süße, reife Äpfel. Mit der Zeit bahnen sich mehr und mehr Gewürze und Eiche ihren Weg. Das ist eine sehr intensive und reichhaltige Nase, unglaublich verführerisch – man möchte wirklich stundenlang daran riechen.

Geschmack: Auch hier finde ich zunächst süßen Sherry mit Noten schwarzer Kirschen, dazu wieder Orangen, fast sirupartig. Was absolut erstaunt ist die Milde des Alkohols, kaum zu glauben, dass man hier über 60% vol. im Glas hat. Normalerweise greife ich bei einer solchen Stärke obligatorisch zu ein paar Tropfen Wasser, sehe hier aber überhaupt keine Notwendigkeit. Auch hier finde ich mit der Zeit Gewürze, die sich mit herbem Kakao vermischen, das Eichenholz ist spürbar, hält sich mit Bittertönen aber zurück. Sehr ausgewogen und voll-aromatisch, einfach nur gelungen. Dieser Single Malt ist eine einzige Werbung für die Speyside, Wahnsinn!

Abgang: lang und recht trocken mit Gewürzen und Rosinen

Ich verfalle selten in Superlative, aber der Aberlour A’Bunadh hat solche schlicht verdient. Ein fantastischer Whisky!

Nun aber zurück zum Cocktail. Dieser entstammt, wie angedeutet, der Kategorie der Old Fashioneds. Ich wollte hierbei die schönen, dunklen Fruchtnoten des Aberlour A’Bunadh aufgreifen, akzentuieren und mit zusätzlicher Tiefe versehen – nicht, weil der Whisky das nötig hat, sondern weil man es schlicht machen kann und dabei etwas völlig Neues und unglaublich Vielschichtiges entsteht! Dazu habe ich ganz im Sinne der Auld Alliance ein wenig französischen Kirschlikör verwendet (im Notfall auch z.B. durch einen Cherry Heering zu ersetzen), sowie den französischen Kräuterlikör D.O.M. Benedictine. Abgerundet wird alles durch einen großzügigen Dash Bob’s Liquorice Bitters. Diese sind hier tatsächlich schwer zu ersetzen, harmonieren aber wunderbar mit den Kirsch- und Rosinennoten. Genannt habe ich den Drink entsprechend auch in einer schottisch-französischen Kombination Auld Corbeille – der alte Obst- und Blumenkorb – das passt sehr gut zu einem Old Fashioned mit eben diesem Geschmacksprofil. Und übrigens passt der obstig-tiefgründige Old Fashioned auch durchaus in die Sommersaison! Denn dass Whisky nur etwas für die kalte Jahreszeit sei, ist ein weiteres Vorurteil und ebenfalls Thema im eingangs erwähnten Interview.

Rezept „Auld Corbeille“:

5 cl Aberlour A’Bunadh
1 cl Gabriel Boudier Guignolet de Dijon
1 Barlöffel D.O.M. Benedictine
1 Dash Bob’s Liquorice Bitters

Zubereitung: Der Drink wird im Glas gebaut. Einfach alle Zutaten auf massives Eis ins Glas geben, kurz verrühren, fertig.

Glas: Tumbler

Garnitur: eine frische Kirsche

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online

*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.

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