Mein letzter Eintrag aus der Kategorie „Pure Spirits“ liegt nun inzwischen schon eine ganze Weile zurück. Das liegt nicht etwa daran, dass es nicht genügend Material für diese Kategorie gäbe, sondern eher daran, dass meine eigentlichen Schwerpunkte an anderer Stelle liegen. Gepaart mit einem chronischen Zeitdefizit ist das keine gute Mischung. Doch der heutige Likör hat es definitiv verdient, hier vorgestellt zu werden.
Liköre habe ich an dieser Stelle auch noch nicht vorgestellt, so dass es sich hier zugleich um eine Premiere handelt. Aber wieso gerade dieser Likör? Nun, der Likör mit dem wohlklingenden Namen Guignolet de Dijon ist für mich ein ganz besonderer. Bei meinem ersten Besuch im Hamburger Le Lion war ich sehr begeistert von einem Cocktail mit dem ungewöhnlichen Namen „Professor Langnickel“, welcher diesen Kirschlikör enthielt. Er stammt aus dem wohlbekannten Hause Gabriel Boudier, welches viele vielleicht durch den Saffron Gin kennen, die meisten aber sicherlich durch die weltberühmte Creme de Cassis, die von Gabriel Boudier seit 1874 hergestellt wird.
Im malerischen Dijon im französischen Burgund wird dieser Likör aus wilden Schwarzkirschen verschiedener Sorten hergestellt (vier Sorten an der Zahl), wovon eine die lokale schwarze Herzkirsche „Guignes“ ist, der der Likör auch seinen Namen verdankt. Der Likör wird laut Herstellerangabe ebenfalls seit Anbeginn des Unternehmens produziert, allerdings nur in sehr geringen Stückzahlen, was ihn nicht immer leicht erhältlich macht. Mit 18% vol. fällt er sehr harmonisch und rund aus, von alkoholischer Schärfe keine Spur. Eine besondere Anekdote verdient zudem Erwähnung: Der Likör wurde während der französischen Protektoratszeit in Tunesien vom dort ansässigen Bey derart geschätzt, dass er den Likör mit dem Nischan-el-Iftikhar-Orden (dem Orden des Ruhmes) ausgezeichnet hat. Bis heute prangt dieser Orden um den Flaschenhals des Guignolet de Dijons.
Verkostung:
Nase: In der Nase intensive Kirscharomen, die einer näheren Aufschlüsselung bedürfen. Fruchtige und sehr präsente Sauerkirschtöne, dazu aromatische Schwarzkirsche mit der Schwere eines Parfüms. Eingerahmt wird alles von einer interessanten Komponente mit Kirschkernassoziationen. Der Guignolet zeigt sich in der Nase absolut vielschichtig und überzeugt im Vergleich zu anderen Kirschlikören durch seine natürlichen Charakter. Von künstlichen Kirscharomen keine Spur.
Geschmack: Süße, fruchtige Kirschen, feine Sauerkirschen und intensive Vollmundigkeit; auch hier wieder Noten von Kirschkernen, ganz subtile und dezente Amarenakirschtöne. Sehr schön ausbalanciert und harmonisch.
Abgang: Lang anhaltend und komplex
Bezugsquellen: Der Gabriel Boudier Guignolet de Dijon ist aufgrund der geringen Stückzahl nicht immer ganz leicht zu bekommen. Im Fachhandel kann man Glück haben, ansonsten findet man mit etwas Geduld auch online eine Flasche.
(Als Verkostungsglas habe ich mich für das Perfect Tasting Glass aus der Spiegelau Perfect Serve Collection by Stephan Hinz entschieden)
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