Pure Spirits: Faude Feine Brände

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Bisher habe ich mich in der Kategorie „Pure Spirits“ meist mit Spirituosen befasst, die als Zutat in Cocktails nicht ungewöhnlich sind oder die man alternativ sofort dem ständig wachsenden „Sipping-Segment“ zuordnen würde. Obstbrände sind allerdings sicherlich nicht unbedingt das erste, was einem zu diesen Themen einfällt. Und das, obwohl man Obstbrände bereits vor der Prohibition durchaus auch in Cocktails eingesetzt hat, meist als flüssiges Erbe deutscher Einwanderer in den Vereinigten Staaten. Trotzdem fristen sie hier bis heute eher ein Schattendasein. Doch es gibt sehr ambitionierte Bestrebungen, das zu ändern. (Zugesandte Testprodukte*)

Faude Feine Brände sind das Ergebnis solcher Ambitionen. Im Grunde ist es auch sehr bezeichnend, dass ich ursprünglich auf das kleine Brennereiunternehmen durch verschiedene Bar-Contests und Cocktailrezepturen aufmerksam geworden bin; nicht unbedingt arttypisch für die doch oft sehr angestaubt wirkende Spirituosengattung. Doch von angestaubt kann bei Faude Feine Brände nicht die Rede sein, denn man bemüht sich, hier vieles deutlich anders zu machen und wenn man auch nicht das Rad neu erfindet, so strebt man doch zumindest qualitativ an, eine echte Innovation zu bieten.

Hergestellt werden Faude Feine Brände von Florian Faude – über dessen Mitwirken beim B my Gin ich schon im entsprechenden Artikel berichtet hatte – im baden-württembergischen Dörfchen Bötzingen am Kaiserstuhl. Dort betreibt Florian Faude eine kleine Brennerei auf dem Grundstück eines Bauernhauses aus dem Jahr 1836 mit zugehörigem Brennrecht. Bei den Zutaten bezieht Faude einen Großteil aus regionalen Quellen, teilweise sogar aus eigenem Anbau. Es darf aber durchaus auch einmal darüber hinausgehen. Neben Obst findet z.T. auch Gemüse Einzug in die Destillate des Hauses Faude und so kommen mitunter auch sehr exotische Sorten zustande, die vielleicht nicht jedermann erwarten würde, wie z.B. rote Bete oder Fichtensprossengeist.

Eines der Geheimnisse hinter den Feinen Bränden ist die Verwendung frischer Zutaten, was sich mitunter abgrenzt von einigen traditionellen Ausleseverfahren, bei denen vor allem altes Fallobst gebrannt worden ist. Zudem wird bei der Herstellung der Geiste das in reinem Alkohol angesetzte Obst oder Gemüse bereits nach sehr kurzer Zeit wieder abdestilliert, um eine besonders blumige, intensiv-frische und filigrane Komposition zu erhalten. Auf Süßungs- oder andere Zusatzstoffe wird hier gänzlich verzichtet. Unter dem Label „Faude Feine Brände“ sind Brände (v.a. Stein- und Kernobstsorten), Geiste (z.B. Waldhimbeere, aber eben auch rote Bete oder Fichtensprossengeist – eben für Geiste typische Sorten mit einem geringeren Fruchtzuckergehalt im Vergleich zu für Brände verwendeten Sorten) und Liköre (wie z.B. Apfel-Ingwer, Quitte und Grüne Walnuss) erhältlich.

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Faude Feine Brände wurden in der Vergangenheit bereits mit zahlreichen Medaillen und Auszeichnungen versehen, die eine schöne Bestätigung der hohen Qualitätsbestrebungen des Herstellers darstellen und u.a. den Anspruch unterstreichen, im Segment der Brände und Geiste eine wirklich hochwertige deutsche Antwort auf die große Vormachtstellung im Nobelsegment vor allem aus Frankreich stammender Eau de Vies zu geben.

In Zukunft werde ich sicherlich immer mal wieder auch auf einige der Feinen Brände als Cocktailzutat zurückgreifen, da sich hier einfach unheimlich spannende Möglichkeiten ergeben, die von Variationen bestehender Klassiker bis hin zu Neukreationen reichen. Doch heute möchte ich vor allem die pure Qualität einiger Sorten hier näher vorstellen. Dazu zählen der Fichtensprossengeist, der Gartenhimbeergeist, eine neue Sorte: die Blutorange aus Sizilien sowie ein sehr spannender Sauerkirschbrand. Vielleicht werde ich in Zukunft hier auch noch weitere Sorten ergänzen, wenn sich die Möglichkeit ergibt.

Verkostung:

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Fichtensprossengeist (40% vol)

Auf dieses Destillat war ich zugegebenermaßen besonders gespannt. Bereits in der Nase entfaltet sich hier die qualitative Programmatik der Faude Feine Brände: Wer bei dieser Sorte eine Art Saunaaufguss oder den durchdringenden Duft von medizinischen Heilölen erwartet hat, erlebt hier eine sanfte und dennoch aromatische Überraschung. Der Fichtensprossengeist duftet tatsächlich nach Fichte und Assoziationen von Nadelwäldern entstehen vor dem geistigen Auge, dabei ist er allerdings nicht vollkommen sinnesbetäubend intensiv, sondern lässt noch Platz für blumig-florale Nebentöne. Ein sehr sanfter Eindruck wie von einer leicht gesüßten Quarkspeise ist zu vernehmen.

Im Geschmack ist der Fichtensprossengeist ebenfalls sehr sanft, Alkohol ist kaum zu spüren. Am Gaumen beweisen die Fichtensprossen allerdings, dass sie durchaus Kraft haben und den Mundraum mit ihrem intensiven Aroma auskleiden. Dabei bleibt der Geist cremig und mild. Der Abgang ist sehr lang und trocken. Ein Geschmackserlebnis, das man so bislang noch nicht erlebt hat. Ein wenig fühlt man sich an sehr wacholdertönige Gins erinnert, aber letztlich sind das dann doch zwei verschiedene Paar Schuhe.

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Blutorange aus Sizilien (42% vol.)

Hier ist der Name auch absolut wegweisend. In der Nase betört eine vollaromatische Blutorange die Sinne, ohne jegliche Spur von alkoholischer Schärfe. Man fühlt sich in einen mediterranen Orangenhain hineinversetzt, so duftig fein fällt dieses Destillat aus. Dabei bietet es mehr als nur eintönigen Orangenduft: Frische, eine komplexe Bitterkeit der Orangenschalen, herb-süße Brisen, eingebunden in einen unglaublich subtilen Hintergrund aus floralen Tönen. Sehr schön!

Auch hier bestätigt sich der sehr hochwertige Eindruck am Gaumen: Die Blutorange ist sofort da, fällt aber keinesfalls zu süß aus, sondern überzeugt mit komplexen Bittertönen. Eingebettet in milden Alkohol, hat man hier ein sonniges Tröpfchen Süden im Glas.

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Himbeergeist (40% vol.)

Wow, Wald und Schatten! Die Himbeere zeigt sich an der Nase mit einer sehr schönen und feinen Fruchtigkeit. Man verspürt fast sofort Lust, die Hand zum Pflücken vom imaginären Strauch auszustrecken. Süß, intensiv ohne parfümiert zu wirken, man mein sogar, die kleinen Kerne der Himbeere riechen zu können. Auch hier keinerlei alkoholische Schärfe und die gleiche Subtilität wie bei den bereits genannten Sorten.

Überraschend leicht am Gaumen zeigt sich hier die Himbeere von ihrer floralen und leichten Seite. Der Geschmack ist sehr rund und komplex, man spürt die ganze Himbeere im Glas. Im Vergleich zu vielen anderen Himbeergeisten gefällt mir hier besonders die sehr milde und leichte Note, die trotzdem das Naturprodukt voll zur Geltung bringt. Der Abgang ist sanft und mittellang.

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Sauerkirsche (40% vol.)

Hier war ich auch sehr gespannt, insbesondere auch inwiefern sich der Sauerkirschbrand von einem klassischen Kirschwasser unterscheiden würde. Und das tut er wirklich ausgeprochen! Die Kirsche ist sehr fein und wenig aufdringlich, eher zart und blumig zu vernehmen, die oft intensiv-parfümierte Note eines Kirschwassers ist meilenwert entfernt. Trotzdem ist es eindeutig ein Kirschbrand. Die sauren Noten der Sauerkirsche kann ich in der Nase nur mit Mühe ausmachen, so gut sind sie in die Gesamtkomposition eingebunden. Das Aroma begeistert mich als bekennenden Kirschenliebhaber voll und ganz.

Geschmacklich geht die Sauerkirsche in Ansätzen sogar ein wenig in Richtung Amarena über, ohne es aber zu übertreiben. Sie bleibt eine gut ausbalancierte Sauerkirsche, die sich besonders im Abgang als solche bemerkbar macht, im Antritt ist sie hingegen eher auf der süßen Seite verortet. Lang und trockener werdend verleiht er das wohlige Gefühl, in einem kleinen Kirschbaumhain zu weilen.

(Update: Verkostung zweier neuer Varianten hinzugefügt, 31.08.2017)

Bergamotte aus Kalabrien (42% vol.)

Den Namen „Bergamotte“ kennen sicherlich viele, aber was genau eine Bergamotte ist, dürfte hingegen nicht wirklich jedem geläufig sein. Es handelt sich dabei um eine Zitrusfrucht, deren genaue Entstehungsgeschichte nicht ganz geklärt ist. Fest steht, dass sie in Süditalien aus der Bitterorange hervorgegangen ist, ob aber in Verbindung mit der Limette oder der Zitronatzitrone ist nicht ganz klar. Jedenfalls wird sie nicht als als essbares Obst verwendet, sondern kommt vor allem in der Parfümherstellung oder als Bestandteil des Earl Grey Tees zum Einsatz – und das nicht ohne Grund! Faude Feine Brände Bergamotte aus Kalabrien ist ein Geist, der diesen einzigartigen Charakter der Bergamotte sehr gekonnt wiedergibt! Die Nase wird betört von einer frischen, würzigen, fast schon ins kräutrige übergehenden Note, die sofort Assoziationen von Earl Grey Tee weckt. Auch fällt es nicht schwer, die Beliebtheit der Bergamotte in der Parfümherstellung nachzuvollziehen, denn man hat es hier wirklich mit einem hocharomatischen und sehr lebhaften Duft zu tun, der von Florian Faude schön eingefangen wird.

Am Gaumen zeigt sich dann, dass dieser Geist hält, was er verspricht. Eine würzig-frische, spritzige und überaus aromatische Geschmackserfahrung stellt Faude Feine Brände Bergamotte aus Kalabrien dar. Dabei fällt zu keiner Zeit der Alkohol negativ ins Gewicht. Im Gegenteil: Wie auch von den anderen Geisten und Bränden gewohnt, hält er sich sehr dezent im Hintergrund und trägt die Aromen leicht und mild. Fast spürt man den warmen Wind Kalabriens, während man dem leicht trockenen und stets fruchtig-aromatischen Abgang nachspürt. Ein toller Geist, der mir direkt diverse Cocktailideen durch den Kopf gehen lässt.

Mandarine aus Sizilien (42% vol.)

Hier war ich wirklich besonders gespannt! Ich mag den feinen, süßlichen Charakter von Mandarinen sehr gerne und halte sie für eine hinter der Bar leider oft unterschätzte Vertreterin der Zitrusfrüchte. Doch kann sie auch als Obstgeist überzeugen? Florian Faude bezieht für diesen Geist biologisch angebaute Mandarinen aus Sizilien, die direkt am Fuße des Ätna angebaut werden. Sie gehören zur besonders aromatischen Sorte Ciaculli. Und tatsächlich: Aromatisch ist hier abermals keine Floskel! Faude Feine Brände Mandarine aus Sizilien bringt wahrlich die Essenz der Mandarine herüber – frisch, eine feine, fruchtige Säure, Süße, auch die komplexeren, leicht bitteren Töne der Schale mischen sich ins Geruchsbild und erzeugen den Eindruck, als rieche man an einem Teller voll frisch geernteter Früchte. Ein tolles Erlebnis!

Auch dem Geschmackstest hält dieses Destillat mehr als stand. Selbst feine, filigrane Noten der Mandarine kommen hindurch. Wieder ist der Alkohol wunderbar eingebunden und stört nicht im Geringsten. Das Renommee der Marke „Faude Feine Brände“ kommt nicht von ungefähr. Wer eine aromatische Mandarine einmal in seinem Glas schmecken möchte, für den führt hier kein Weg vorbei. Sehr, sehr schön. Ich freue mich auf den weiteren Einsatz!

Bezugsquellen: Faude Feine Brände sind bei ausgewählten Fachhändlern oder auf der unternehmenseigenen Webseite erhältlich.

*(Der Umstand, dass mir diese Produkte zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sind, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)

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