Es ist nun etwas mehr als zwei Wochen her, dass ich über den Veritas White Blended Rum aus dem Hause Habitation Velier berichtet habe. Im Zuge dieses Artikels bin ich zunächst vor allem auf die meist mehr oder weniger versteckte Praxis der Nachreifung weißer Rums eingegangen und habe mich schließlich von der „Wahrheit“ des Veritas-Rums überzeugen können. Und wer den Artikel gelesen hat, der wird wissen, dass ich wirklich begeistert von diesem Rum war. Auch heute sind meine Erwartungen wieder sehr hoch, denn die Flasche, die ich heute vor mir habe, stammt ebenfalls aus der Hampden Distillery. (zugesandtes Testprodukt)*
Der Hampden Estate Pure Single Jamaican Rum wartet also bereits mit einem echten Qualitätsversprechen auf. Als Hersteller jamaikanischer Rums genießt die Hampden Distillery einen wirklich exzellenten Ruf und diesen gilt es natürlich bei einer Abfüllung wie dieser zu bestätigen. Etwas merkwürdig mag vielleicht der Name der Flasche anmuten, denn man fühlt sich hier mehr als nur ein bisschen an den schottischen Single Malt Whisky erinnert. Einen ganz so klaren Deklarationsrahmen wie beim schottischen Whisky gibt es im Rummarkt allerdings nicht, auch wenn sich der italienische Abfüller Habitation Velier auch als „House of Pure Single Rums“ bezeichnet. Und auch wenn der Terminus nicht wirklich rechtlich abgesichert ist, die Idee ist jedoch eine vergleichbare und für den Konsumenten auch durchaus transparente und begrüßenswerte: Die für die Herstellung verwendete Melasse stammt aus Zuckerrohr, das auf brennereieigenen Plantagen angebaut worden ist. Das ist alles andere als selbstverständlich, wird doch ein Großteil der Melasse für die weltweite Rumproduktion von den jeweiligen Destillen importiert. Hier geht das Ganze also sogar über die Single Malt-Definition des schottischen Whiskys hinaus, denn dort wird ebenfalls im großen Stile Gerste importiert, ohne jedoch den Status als Single Malt zu gefährden, denn dieser setzt lediglich voraus, dass sie ausschließlich aus gemälzter Gerste in ein und derselben Brennerei hergestellt wurden.
Der französisch-italienische Importeur dieser Brennereiabfüllung, La Maison & Velier (LM&V), versorgt uns jedenfalls über diesen „Single Rum“-Hintergrund hinausgehend mit jeder Menge Informationen über den Rum. Dazu trägt vor allem das über und über mit Details und Infoboxen übersäte Frontetikett der Flasche bei, auf die ich gerne etwas näher eingehen möchte.
Zunächst werden wir dort mit der Formulierung „The High Esters Art“ konfrontiert. Im Grunde zeigt dies lediglich an, dass wir hier mit einer gehörigen Portion Esteraromen rechnen dürfen, wie sie ja für jamaikanische Rums so typisch und bekannt sind (vgl. hierzu auch meinen Artikel über den Plantation Xaymaca). Der Hampden Estate Pure Single Jamaican Rum setzt also voll auf die authentische Jamaikakarte. Unterhalb dessen findet sich der Hinweis „Fully Matured in the Tropics“. Für Einsteiger ins Rumsegment ist dies sicherlich eine interessante und durchaus wissenswerte Sache: Durch die anderen klimatischen Bedingungen erfolgt eine Reifung in tropischen Regionen wesentlich „intensiver“. Eine 8-jährige Reifung entspricht also einem deutlich längeren Reifungsprozess in einem Land außerhalb der Tropen (wie bspw. Schottland). Der mittig angeordnete Infokasten trägt wiederum den Titel „Trelawny Endemic Rum“: Trelawny ist ein Landkreis (in Jamaika Parish genannt) im Nordwesten des karibischen Inselstaats. Im Grunde werden wir hier über die Besonderheit des Terroirs aufgeklärt und auch darüber, dass das Zuckerrohr für diesen Rum aus der von vielen Vogelarten, Schmetterlingen und Krokodilen bewohnten Region namens Cockpit Valley innerhalb des Trelawny Parish stammt. Das besondere Knowhow bei der Ernte und Verarbeitung des Zuckerrohrs (savoir faire), garantiere nun im Zusammenspiel mit der regionalen Charakteristik die Unnachahmlichkeit dieses Rums. Gut, hier vermischt sich natürlich durchaus Wissenswertes mit einer gehörigen Portion Marketingsprech. Aber gut, letztlich mag ich so etwas ja auch ein Stück weit, so lang es gut gemacht ist und nicht aufdringlich – und das ist hier definitiv mehr als im Rahmen.
Ferner finden sich noch Hinweise über die Fermentation der Melasse mit lokalen Hefen, die ausschließliche Destillation auf Pot Stills, die Verwendung natürlichen Quellwassers und den Verzicht auf künstliche Färbung des Rums. Das klingt doch alles sehr schön und vielversprechend. Abgefüllt wurde schließlich mit ebenfalls sehr stattlichen 46% vol. Wie also schlägt sich der Hampden Estate Pure Single Jamaican Rum?
Tasting Notes:
Aroma: „Wow!“ – das ist das erste, was mir hier in den Sinn kommt! Der Hampden Estate Pure Single Jamaican Rum ist eine absolut intensiv-aromatische Granate, die antritt, die Sinneswahrnehmung zu sprengen. Die volle Ladung an Estertönen bringt jede Menge reife und vergorene Früchte mit sich: grüne Bananen, Äpfel, leicht vergorene Ananas dazu sehr ausgeprägte, blumige Anklänge und auch vegetale Noten sind mit von der Partie. Zudem finde ich Kokosblütenzucker, Assoziationen von Nüssen, Süßholz und Eiche. Das ist mal ein vielversprechender Ersteindruck!
Geschmack: Auch am Gaumen hält dieser Rum, was er verspricht. Die Fruchtnoten dominieren zunächst, vor allem Ananas und Banane ragen heraus. Vom Eichenfass wird hier eine deutlich spürbare Gewürzladung mit eingebracht, die sich schön mit der exotischen Süße von Kokos und etwas Karamell verbindet. Cashewnüsse, grünlich-holzige Hintergrundklänge (die etwas an Oliven erinnern) und abermals ein Hauch von Süßholz leiten den Abgang ein.
Abgang: sehr lang und intensiv mit Zitrustönen, trocken und würzig
Was lässt sich mit solch einer Aromenbombe in einem Cocktail anfangen? Natürlich eine ganze Menge! Wer ein Cocktailrezept vorfindet, das nach einem jamaikanischen Rum verlangt, der kann hier ganz sicher nichts falsch machen. Man sollte sich aber vor Augen führen, dass der Hampden Estate Pure Single Jamaican Rum sich mitunter mehr Bahn brechen dürfte als es bspw. ein 12-jähriger Appleton tun kann. Insofern muss man die intensivere Eigencharakteristik hier einkalkulieren.
Ich bin aber einen ganz anderen Weg gegangen und wollte eine Variante meines innig geliebten Negroni ausprobieren. Gerade die Esternoten in diesem Rum versprechen, hier eine ganz einzigartige Geschmackserfahrung zu bieten. Natürlich würde das auch in einem schlichten Rum Negroni funktionieren, in dem man einfach den Gin durch Rum ersetzt, aber ein klein bisschen mehr Drumherum durfte es dann doch sein. So habe ich Campari für 24 Stunden mit frisch aufgeschnittener Banane infundiert und letztlich eine Nuance Black Walnut Bitters zugegeben, die einen sehr schönen Konterpunkt setzen. Das funktioniert im Zusammenspiel mit den anderen Zutaten wirklich ganz hervorragend. Fertig ist der Trelawny Negroni.
Rezept „Trelawny Negroni“:
3,5 cl Hampden Estate Pure Single Jamaican Rum
2 cl mit frischer Banane infundierter Campari (s.u.)
1,5 cl Carpano Antica Formula
1 Dash Fee Brothers Black Walnut Bitters
mit frischer Banane infundierter Campari: Einfach auf jeweils 250 ml Campari ca. eine halbe, in Scheiben geschnittene Banane geben und für 24 Stunden infundieren lassen. Anschließend Bananenscheiben herausnehmen und durch ein Filtertuch oder ein japanisches Teesieb Schwebstoffe herausfiltern.
Zubereitung: Der Drink wird im Glas gebaut. Einfach alle Zutaten auf frische Eiswürfel geben, umrühren, fertig.
Glas: Tumbler
Garnitur: getrocknete „Bananenchips“
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.
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