Daron Calvados Pays d’Auge

Heute ist einmal mehr ein Premierentag hier im Blog, denn der heutige Artikel befasst sich mit einem Thema, welches bislang noch nicht hier auf der Agenda stand. Erst vor drei Tagen habe ich im Rahmen des Helter Skelter Cocktails den Namen „Appeljack“ fallen gelassen, welcher im Kern ein amerikanischer Obstbrand ist. In amerikanischen Cocktailrezepturen findet sich Applejack entsprechend häufig als Zutat. In Europa greift man anstelle von Applejack jedoch gemeinhin zum in meinen Augen wesentlich raffinierteren Calvados. Und genau um einen solchen soll es heute gehen. (Zugesandte Testprodukte*)

Genau genommen geht es sogar um zwei verschiedene Calvadosflaschen, die jedoch aus dem gleichen Hause stammen. Bevor ich jedoch nun auf die beiden Flaschen eingehe, möchte ich zunächst einige allgemeine Grundlagen zum Thema Calvados erläutern. Calvados kann im Vergleich zum Applejack zunächst einmal auf eine wesentlich ältere Geschichte zurückblicken. Erste schriftliche Aufzeichnungen über Calvados oder Calvadosvorgänger reichen bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurück. Trotzdem erreichte er seine wahre Blütezeit erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wo er auch auf rechtlich geschützte Füße gestellt werden konnte. Im Grunde genommen ist Calvados ein fassgereiftes Eau de Vie, aber es gibt heute vier verschiedene Calvadosarten, die allesamt regional geschützte Produkte der Normandie in Frankreich darstellen und sich in ihren Herstellungsbestimmungen ein wenig unterscheiden. So gibt es den normalen Calvados, den Calvados Pays d’Auge, den Calvados Domfrontais und den Fermier Calvados. Der Fermier Calvados ist im Wesentlichen eine etwas lockere Sammelbezeichnung für all jene Calvadosabfüllungen, welche auf einem einzelnen Bauernhof nach ökologischen Richtlinien hergestellt wurden und im Grunde kombinierbar. Die häufigsten Vertreter entstammen jedoch einem der drei anderen Kategorien.

Bevor diese Unterschiede nun auch noch etwas genauer unter die Lupe genommen werden, sollte man aber zunächst einmal vor Augen haben, dass Calvados nicht etwa (wie gemeinhin vermutet) lediglich aus Äpfeln hergestellt wird, sondern auch Birnen Verwendung im Calvados finden. Das spiegelt sich vor allem im Calvados Domfrontais wider, denn während der einfache Calvados keinen Zusatz von Birnen vorschreibt (diesen wohl aber erlaubt), sind beim Domfrontais mindestens 30% Birnen als Grundlage vorgegeben. Zudem muss der Domfrontais drei (statt der beim normalen Calvados mindestens vorgegebenen zwei) Jahre in Fässern reifen. Der Calvados Pays d’Auge hingegen stellt eine mit strengeren Qualitätsauflagen versehene Variante des regulären Calvados dar. Er darf nur aus der Region Pays d’Auge stammen, muss doppelt destilliert sein und der grundlegende Cidre muss vor der Destillation bereits für mindestens sechs Wochen fermentieren. Für die Fassreifung sind ebenfalls zwei Jahre im Mindesten vorgegeben.

Die beiden Flaschen, die ich heute hier vorstellen möchte, stammen aus dem Hause Daron und gehören zur letzten der vorgestellten Kategorien und tragen folglich die Bezeichnung „Pays d’Auge“ auf ihrem Etikett. Der Hersteller gibt an, für seinen Daron Calvados gezielt bittere und bittersüße Apfelsorten ausgewählt zu haben, namentlich die Sorten Bisquets, Bedan, Petit Joly und Saint Martin. Das nehme ich an dieser Stelle einfach so hin, denn für weitergehende, fundierte Beurteilungen an dieser Stelle fehlt mir einfach entschieden die nötige Apfelexpertise. Auch Birnen finden ihren Weg in den Grundmost, um einen etwas frischeren Charakter zu garantieren. Der nach der Fermentation entstandene Cidre wird nun zweifach in Kupferbrennblasen destilliert und schließlich in Limousineichenfässern gereift. Den finalen Schliff verleiht dem Daron schließlich der hauseigene Kellermeister, der verschiedene Fässer zum finalen Produkt miteinander vermählt. Wie bei französischen Spirituosen üblich gibt es auch beim Calvados verschiedene Altersklassifizierungen, die von „Fine“, „Trois étoiles“ und „Trois pommes“ mit mindestens zwei Jahren Alter, „Vieux“ oder „Réserve“ mit mindestens drei Jahren Alter, über „V.O.“, „Vieille Réserve“, oder „VSOP“ mit mindestens vier Jahren Alter bis hin zu „XO“, „Extra“, „Napoléon“, „Hors d’Age“ oder „Age Iconnu“ mit mindestens sechs Jahren Alter reichen.

Die heute vorgestellten Flaschen entstammen zum einen der jüngsten und zum anderen der ältesten Kategorie. Der Hersteller spricht hier beim Daron Fine von einem Tasting-Age von 5 Jahren und beim Daron XO von einem Tasting-Age von 15 Jahren. Wer sich jetzt fragt, wieso der Daron Fine denn dann kein Daron VSOP ist, muss genau hinschauen, denn hier haben wir es mit einem kleinen Marketingtrick zu tun: Das „Tasting-Age“ ist nämlich nicht das Alter, sondern lediglich das „gefühlte Alter“. Er schmeckt also wie ein 5-jähriger Calvados. Sagt zumindest der Hersteller. Ich persönlich bräuchte solche Wortspielereien von „Tasting-Ages“ eigentlich nicht, da sie einfach nur Verwirrung in einer Branche stiften, in der ohnehin quer durch alle Spirituosensegmente der Überblick kein leichter ist.

Wie dem auch sei, beide Abfüllungen versprechen jedenfalls, von hoher Qualität zu sein. Das Flaschendesign gefällt mir persönlich auch sehr gut. Es macht einen eleganten und stilechten Eindruck. Abgefüllt werden beide Altersklassen mit 40% vol. und kosten ca. 25 Euro (Fine) bzw. 40 Euro (XO) pro 0,7 Liter.

Daron Calvados Fine

Tasting Notes:

Aroma: In der Nase zeigen sich sofort aromatische, vollreife Äpfel, die ein wenig an Kompott erinnern. Dazu ist aber auch die samtige Süße von Birnen bemerkbar, die sich sehr harmonisch mit den Äpfeln verbindet. Hinzu gesellt sich eine schöne Vanille, die den Gesamteindruck subtil untermalt. Nach einiger Zeit kommen auch feinwürzige Eichentöne hindurch und eine feine, weinige Frische kommt auf. Assoziationen von Muskatnuss und Zimt.

Geschmack: Der Daron Fine trumpft auch am Gaumen mit aromatischen Äpfeln und der samtigen Birne auf, die sich in der Nase zeigte. Dabei ist er würzig und süßlich (jedoch nicht mit gesüßten Apfellikören nicht vergleichbar) und entwickelt eine gewisse Spritzigkeit. Zimt und Apfelstiele schmecke ich heraus.

Abgang: trockener werdend mit Noten von Eiche und Weißwein

—–

Daron Calvados XO

Tasting Notes:

Aroma: Auch hier zeigen sich aromatische Äpfel und die etwas subtiler gewordene Birne, diese treten jedoch in einem spürbar reiferen Gewand auf, das von Honig und Vanille getragen wird. Ich muss fast schon an Apfelkuchen denken, denn auch etwas süßliches Gebäck ist mit von der Partie. Ein wenig frischer, weiniger Charakter ist auch im XO erhalten geblieben, hält sich jedoch mehr im Hintergrund. Die Eiche hat zugenommen.

Geschmack: Äpfel und Birnen kommen würzig und süß daher, mit klar vernehmbarem Eichenholz. Zimt und Muskatnuss nehmen dem Daron Calvados XO den noch unreiferen Eindruck seines jüngeren Geschwisterchens. Entsprechend sind die Apfelstiele fast verschwunden und ein aromatischer Honig ist an ihre Stelle getreten.

Abgang: trocken, deutlich mehr Eiche mit den Mundraum auskleidenden Gewürzen

Mein Fazit fällt sehr positiv aus. Beide Flaschen haben mir hervorragend gefallen und sind uneingeschränkt für den puren Genuss zu empfehlen. Als Cocktailzutat sind sie ebenfalls sehr interessant und hier werde ich sicherlich in Kürze Ideen folgen lassen. Bis dahin kann ich jedenfalls den Widow’s Kiss als Cocktail empfehlen!

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.

*(Der Umstand, dass mir diese Produkte zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sind, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)

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