Sato No Akebono Gold, Shōchū Negroni & Amami Breeze

Shōchū – leider wird der genuin japanischen Spirituose noch immer viel zu wenig Raum außerhalb des Landes der aufgehenden Sonne geboten, dabei ist es doch eine so traditionsreiche, vielschichtige und spannende Spirituose! Insofern freue ich mich regelrecht, nach längerer Zeit auch einmal wieder über einen Shōchū zu schreiben. Und dieser ist ein durchaus besonderer und jüngst auch mit einigen Preisen versehener Vertreter seiner Art! (zugesandtes Testprodukt)*

Noch einmal zur Erinnerung: Shōchū ist eine Spirituose, die aus verschiedenen stärkehaltigen Grundstoffen gewonnen werden kann. Zu diesen zählen Reis (kome Shōchū), Gerste (mugi Shōchū), Süßkartoffeln (imo Shōchū), aber auch Zuckerrohr (kokuto Shōchū), Edelkastanien (kuri Shōchū), Buchweizen (soba Shōchū, aus dem man in Japan auch die gleichnamigen, sehr gesunden Nudeln herstellt) und tatsächlich gibt es auch einen Hersteller, der seinen Shōchū aus Milch (gyūnyū Shōchū) herstellt. Darüber hinaus existieren auch noch weitere Sorten aus Sesam, Mais, Shiso und weiteren Rohstoffen (insgesamt sind 53 Rohstoffe zur Produktion von Shōchū zugelassen). Der Name bedeutet übersetzt so viel wie „Branntwein“ und wurde letztlich vermutlich aus dem chinesischen oder koreanischen Kulturraum nach Japan gebracht. Wann genau er in Japan erstmalig unter dem Namen Shōchū hergestellt worden ist, lässt sich nicht mehr herausfinden. Die Wiege und gleichzeitig wichtigste Produktionsstätte des japanischen Shōchū liegt jedenfalls im Süden der Insel Kyūshū in der Hafenstadt Kagoshima. Die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen über Shōchū reichen bis ins 16. Jahrhundert und gehen auf den spanischen Jesuiten Francisco de Xavier zurück, welcher bei seiner Beschreibung des japanischen „Araks aus Reis“ zudem anmerkt, er habe noch nie einen betrunkenen Japaner herumlaufen gesehen, da diese sich beim Einsetzen der Trunkenheit sofort schlafen legen würden.

Eine typische, hölzerne „Pot Still“ in der Shōchūproduktion (Free Wikimedia License)

Bei der Herstellung wird der Ausgangsstoff mit einem speziellen Kōji-Schimmelpilz versetzt und über einen mehrere Wochen umspannenden Zeitraum fermentiert. Es existieren verschiedene Arten von Koji, der weiße steht eher für Shōchū mit einem leichten Geschmack, schwarzer Koji hingegen sorgt für einen intensiven und starken Geschmack, gelber Koji wiederum führt zu fruchtige Aromen (und wird meist in der Sake-Produktion verwendet). Je nach Shōchū-Typ wird anschließend ein- oder mehrfach destilliert und gelagert (meist in Stahltanks, aber auch Fasslagerungen sind möglich). Mehrfach destillierte Shōchūs werden auch als kōrui shōchū (焼酎甲類) oder Klasse A-Shōchū bezeichnet, die einfach destillierten als otsurui shōchū (焼酎乙類) oder Klasse B-Shōchūs. Von den Bezeichnungen Klasse A und Klasse B sollte man sich hier allerdings nicht irritieren lassen, denn (zumindest für mich und vermutlich die meisten Cocktailinteressierten) der eindeutig interessantere Shōchū entstammt hier der Klasse B. Mit jeder Destillation gehen bestimmte geschmackstragende Stoffe verloren und so wundert es wenig, dass die meisten kōrui shōchūs völlig geruchs- und geschmacksneutral sind. Zwar wird ausgerechnet diese Sorte oft für den Gebrauch in Cocktails „empfohlen“, aber wie so oft, wenn etwas für Cocktails empfohlen wird, ist es leider in Wahrheit genau umgekehrt (es sei denn, man trinkt ausschließlich der Wirkung halber, wovon ich Abstand nehmen möchte). Die otsurui shōchūs hingegen bewahren sich ihren eigenen Charakter, der im Fermentationsprozess und basierend auf dem verwendeten Rohstoff seinen Anfang genommen hat.

Die oft anzutreffende Bezeichung als „japanischer Wodka“ macht somit für die Klasse A-Shōchūs schon irgendwo Sinn, allerdings in letzter Konsequenz nicht ganz, da der Alkoholgehalt von Shōchū klassisch deutlich unter dem von Wodka liegt. Dass das aber erfreulicherweise nicht immer so ist, beweist unter anderem der Shōchū, um den es heute gehen soll.

Der Sato No Akebono Gold – so sein klangvoller Name – ist nämlich ein – ich erwähnte es eingangs – jüngst mit Preisen dekorierter Shōchū. Bei den Berliner Craft Spirits Awards 2020 erhielt er die Goldmedaille, bei der International Spirits Competition in Los Angeles im Jahr 2018 war es ebenfalls eine Goldmedaille (passend zum Namen). Nun habe ich mich in der Vergangenheit immer mal wieder skeptisch gegenüber Spirituosenwettbewerben geäußert und bleibe auch dabei, diese stets im Verhältnis der Umstände zu betrachten, aber natürlich muss man anerkennen, dass dort i.d.R. Spirituosenliebhaber durchaus zu begründeten Urteilen gelangen – auch wenn ökonomische Interessen hier immer auch eine Rolle spielen. Aber egal, eigentlich will ich ja nicht über Spirituosenwettbewerbe reden, sondern über den Sato No Akebono Gold Shōchū.

Dieser ist ein unverdünnter Shōchū (ein sog. Genshu) mit einer Alkoholstärke von 43% vol. – und das ist für mich ein absoluter Pluspunkt gegenüber den Shōchūs, die ich hier in der Vergangenheit verkostet habe und die einen deutlich geringeren Alkoholgehalt aufwiesen. Der in Deutschland von der Ginza Berlin GmbH vertriebene Sato No Akebono Gold Shōchū stammt dabei von einer kleinen Insel namens Amami-guntō, etwa eine Flugstunde von Kagoshima in der gleichnamigen Präfektur entfernt. Es handelt sich dabei um einen kokuto Shōchū aus braunem Rohrzucker, welcher nur auf Amami-guntō hergestellt werden darf. Basis für die Fermentation war hier ein weißer Koji. Verantwortlich für die Herstellung zeichnet das Unternehmen Machida Shuzo, welches seit 2017 auch eigenen Zuckerrohranbau betreibt. Der Sato No Akebono Gold Shōchū weist eine erkennbare, blassgoldene Farbe auf, die er einer Fassreifung von drei Jahren in Eichenfässern verdankt! Auf dem Papier ohne Frage eine super spannende Spirituose, auf deren Verkostung ich mich regelrecht freue!

Tasting Notes:

Aroma: Ein schönes, leichtes, floral-fruchtiges Aroma geht von diesem Shōchū aus, ich muss zunächst an helle Weintrauben und weißen Pfirsich denken, weshalb kurzzeitig Assoziationen von peruanischem Pisco aufkommen, die dann aber wieder verschwinden. Es folgen vor allem erdige und süße Noten, ein Hauch gereifter Käse, subtile Pfefferminze, Puderzucker, schwer bestimmbare Kräutertöne und ein wenig Eichenholz. Äußerst interessant und in dieser Kombination für mich gänzlich neu!

Geschmack: Am Gaumen fällt der Sato No Akebono Gold Shōchū dann doch überraschend anders aus, als ich es erwartet hätte. Von Anfang an ist deutliches Eichenholz präsent, was eine gehörige Portion von Gewürznuancen (Nelken, Muskat, eine Idee von Zimt und braunem Zucker) mit sich bringt. Aber auch Fruchttöne von Zitronen, Weintrauben, selbst etwas Birne ist zugegen. Eine gewisse Süße ist nicht zu leugnen, von gereiftem Käse ist am Gaumen keine Spur mehr, dafür aber eine feine Vanille im Hintergrund.

Abgang: lang, trocken mit Gewürzen, Eiche und etwas unreifem Pfirsich

Also, was soll ich sagen? Ich finde den Sato No Akebono Gold Shōchū tatsächlich ganz herausragend! Diese Kombination an Aromen und Geschmackskomponenten ist für mich – ich erwähnte es – in dieser Form neu und begeistert mich geradezu! Besonders der lange Abgang ist noch immer präsent, während ich diese Zeilen schreibe. Und natürlich kommen mir in diesem Moment auch erste Ideen, was man mit so einem schönen Tropfen hinter der Bar so alles anfangen könnte. Tatsächlich sehe ich hier Einsatzmöglichkeiten, die mit denen von Gin oder Pisco vergleichbar sind, aufgrund der gewürzlastigen und durchaus erdigen Note aber auch mit denen eines Reposado Tequila.

Entschieden habe ich mich letztlich für zwei verschiedene Drinks, die beide eher – ganz im japanischen Sinne – mit schlichter Eleganz daherkommen. Zum einen wäre da eine Negroni-Variante, die im Grunde einfach den leicht erhöhten Ginpart durch den Sato No Akebono Gold Shōchū ersetzt. Der Negroni ist und bleibt für mich schlicht das Non-Plus-Ultra der Barwelt: er ist einfach zu machen, erfordert kein riesiges Sammelsurium an Zutaten, er ist vielschichtig, unglaublich lecker, anspruchsvoll und als Bitteraperitif einfach unschlagbar. Grund genug, den Sato No Akebono Gold Shōchū in einem Shōchū Negroni in Szene zu setzen. Und ich nehme vorweg: er spielt seine Rolle wirklich ganz wunderbar! In puncto Wermut würde ich hier zu einem eher „rotweinlastigeren“ Wermut greifen, bspw. dem Vermouth Rosso de Mayo Giovannoni.

Rezept „Shōchū Negroni“:

4 cl Sato No Akebono Gold Shōchū
2 cl Vermouth Rosso de Mayo Giovannoni (oder ein ähnlicher, roter Wermut)
2 cl Campari

Zubereitung: Der Drink wird im Glas selbst gebaut. Einfach alle Zutaten auf massive Eiswürfel geben, kurz umrühren und mit dem Öl einer Orangenzeste besprühen, fertig.

Glas: Tumbler

Garnitur: Orangenzeste

Der andere Drink ist dann näher an dem, was ich eine Eigenkreation nennen würde, doch auch hier habe ich im Grunde auf einen eher schlichten Aufbau gesetzt. Es handelt sich um einen spritzigen Sommerdrink mit einem Hauch würziger Honigsüße, in dem der Sato No Akebono Gold Shōchū ebenfalls gut zur Geltung kommt. Auch hier würde ich einen spritzigen, weißweinlastigen Wermut verwenden, bspw. den Werner Wermut RG White, da dieser die Natur des Cocktail viel besser unterstreicht. Anstelle von Supasawa kann man hier auch Zitronensaft verwenden, aber letztlich habe ich mich einmal mehr aus optischen Gründen für Supasawa entschieden. Der Drink hört auf den Namen Amami Breeze. Und auch hier ist wieder kein großartiges Barzubehör von Nöten, auch dieser Drink wird im Glas gebaut. Rührglas und Shaker haben heute einfach mal Pause.

Rezept „Amami Breeze“:

4 cl Sato No Akebono Gold Shōchū
1,5 cl Werner Wermut RG White (ode rein ähnlicher, weißer Wermut)
2,5 cl Supasawa (alternativ Zitronensaft)
1,5 cl Zuckersirup
1 Barlöffel D.O.M. Benedictine
1 Dash Celery Bitters

Sodawasser

Zubereitung: Alle Zutaten bis auf das Sodawasser in ein mit Eis gefülltes Glas geben und ein paar Mal verrühren. Schließlich mit Sodawasser toppen.

Glas: Highball

Garnitur: keine (die Verwendung eines transparenten Eiskeils ist hier Garnitur genug)

Bezugsquellen: Den Sato No Akebono Gold Shōchū kann man bei Ginza Berlin online erstehen.

*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.

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