Zunächst einmal wünsche ich allen Lesern ein frohes neues Jahr 2019! Und ins Jahr 2019 starte ich hier im Blog japanisch. Denn einmal mehr möchte ich mich mit japanischen Abfüllungen auseinandersetzen, die jüngst den Weg zu mir fanden und die angetreten sind, die Bandbreite hierzulande erhältlicher japanischer Produkte noch etwas zu erweitern. Dabei handelt es sich um mehrere Flaschen, die den zunächst wenig japanisch klingenden Namen Île Four tragen. (zugesandte Testprodukte)*
Île Four bedeutet zunächst einmal lediglich „vier Inseln“ und ist eine Anspielung auf die vier japanischen Hauptinseln Honshu, Shikoku, Kyushu und Hokkaido. Tja, und tatsächlich haben wir es hier mit einer Reihe verschiedener Sake-Abfüllungen zu tun und laut Hersteller wurde der Name bewusst so gewählt, um die Programmatik der Produktreihe zu unterstreichen: die westliche Verfügbarkeit von Premium-Sake oder auch Tokutei meishō-shu (特定名称酒) zu verbessern.
Tatsächlich ist guter Sake nicht wirklich allgegenwärtig auf dem europäischen Markt. Wer nach gutem Sake sucht, wird schnell feststellen, dass die angebotenen Qualitäten in asiatischen Lebensmittelmärkten meist nicht wirklich auf den „Premiumkonsumenten“ abzielen. Sollte hingegen der lokale Wein- und Spirituosenhändler etwas für Sake übrig haben oder etwas davon verstehen, darf man sich wohl getrost im Glück wähnen. Oft bleibt daher nur eine Onlinebestellung bei einer sehr überschaubaren Zahl von Anbietern. Île Four reiht sich in diese Zahl von Anbietern ein, will aber durch ein nach eigenen Vorstellungen attraktives und innovatives, vor allem aber auch preislich verlockendes Angebot eine unbesetzte Nische einnehmen. Inwiefern das langfristig gelingen kann, wird die Zukunft zeigen. Für mich zählt hier heute vor allem, was die Produkte in der Verkostung so hergeben.
Über die Grundlagen der Kategorie Sake habe ich bereits in komprimierter Form in der Vergangenheit im Rahmen eines anderen Artikels aufgeklärt, so dass ich mich an dieser Stelle lediglich mit einem Verweis begnügen möchte. Stattdessen will ich direkt das „Flaggschiff“ der Île Four-Serie unter die Lupe nehmen, den Île Four Limited Edition Junmai Daiginjo Sake. Dieser Sake wurde aus Yamadanishiki-Reis mit einer Polierrate von 50% hergestellt (daher auch die Kategorisierung als Junmai Daiginjo). Der Hersteller gibt hier zudem stolz mit an, dass der renommierte Sake-Experte John Gauntner diesen Sake zu den drei bis vier Prozent der weltbesten Sake zähle. Diese Vorschusslorbeeren lasse ich erst einmal so stehen (auch wenn man natürlich bedenken muss, dass nur etwa ein Viertel der gesamten japanischen Sakeproduktion durch Tokutei meishō-shu, also Premiumsake, abgedeckt wird. Zwar relativiert das den Prozentualwert etwas, dennoch spielt auch innerhalb dieser Gruppe der Île Four in den Augen Gauntners scheinbar relativ weit vorne mit.). Abgefüllt wird mit 16% vol.
Tasting Notes „Île Four Limited Edition Junmai Daiginjo Sake“:
Aroma: Ein schönes und ansprechendes Bouquet von weißen Trauben, etwas Zitronensorbet, Honigmelone, spritzigen Weißweinaromen mit einer feinen Säure. Dazu gesellen sich hintergründig etwas Lindenhonig und sehr interessante, mineralische Töne.
Geschmack: Weich und mild mit einer fein austarierten Süße und subtiler Säure, weißer Pfirsich, helle Trauben, Stachelbeeren, Honigmelonen, mineralische Anklänge, die an Heilwässer denken lassen und wieder eine Nuance Lindenhonig.
Abgang: eher trocken und unglaublich weich mit Assoziationen eines Federweißer.
Natürlich kann man einen schönen Sake auf ganz vielfältige Weise in Cocktails einsetzen. Er hat das Potenzial, in klassischen Drinks durchaus auch an die Stelle eines Gins oder Wodkas zu treten oder diese anteilig zu begleiten. Die populärste Verwendung ist jedoch sicherlich die als Alternative zu einem weißen Wermut. Weil ich mich bei einem gelungenen Sake, der durch seine wunderbar subtil-harmonische Komplexität besticht, immer etwas schwer damit tue, ihn in zu überlagernden Drinks zu verwenden, habe ich mich für den Sakura Martini von Kenta Goto aus der New Yorker Bar Goto entschieden. In dieser Variante des klassischen Martini begleitet der Sake einen Gin (hier fiel meine Wahl auf den KI NO BI Kyoto Dry Gin) und wird mit einer Nuance Maraschino aromatisiert. Das war es. Schlicht, elegant, irgendwie eben typisch japanisch und dem Île Four Junmai Daiginjo absolut angemessen.
Rezept „Sakura Martini“ (nach Kenta Goto, New York):
7 cl Île Four Limited Edition Junmai Daiginjo Sake
3 cl KI NO BI Kyoto Dry Gin
4-5 Tropfen Maraschino
Zubereitung: Alle Zutaten in einem Rührglas auf Eis kalt rühren und schließlich ins vorgekühlte Glas abseihen.
Glas: Coupette oder Martini
Garnitur: klassisch eine Kirschblüte (ich hatte aber leider keine)
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Neben einem Junmai Ginjo Sake und einem ungefilterten Junmai Nigori Sake bietet Île Four zudem noch einen karbonisierten „Sparkling Sake“ an. Dieser auf Basis eines nach Herstellerangaben „leicht ungefilterten“ Junmai Sakes hergestellte Sake gärt ein zweites Mal in der Flasche, wie wir es z.B. von der Champagnerherstellung kennen. Und hier liegt sicherlich auch das Augenmerkt dieser mit 6% vol. recht schlank daherkommenden Abfüllung: Als Alternative zu Schaumweinen respektive als Zutat für Cocktails, was ich persönlich sehr interessant und spannend finde! Dennoch möchte ich auch hier eine Purverkostung nicht versäumen!
Tasting Notes „Île Four Sparkling Sake“:
Aroma: Auch hier vernehme ich ein Potpourri aus weißen Trauben und anderen hellen Früchten mit einer mineralischen Note und einer leichten Süße. Dennoch kommt die Nase hier nicht an die Vielschichtigkeit des Île Four Limited Edition Junmai Daiginjo Sake heran.
Geschmack: Der Sparkling Sake wartet mit einer recht feinen, aber vollmundigen Perlage auf, die süße Noten des Sake ganz klar nach vorne bringt. Auch hier wieder die charakteristische, mineralische Note mit Weißweintönen, Trauben, weißen, noch unreifen Pfirsichen, die meine Assoziationen von Federweißem, die ich bereits beim Junmai Daiginjo hatte, noch verstärken.
Abgang: lieblich, eher kurz
Für den Green Mango Cocktail habe ich mich im oben angesprochenen Sinne an klassischen Champagnercocktails orientiert, bin dabei aber doch etwas neue Wege gegangen. Im Grunde handelt es sich um einen mit Sparkling Sake aufgegossenen Gin Smash mit frischem Koriandergrün und vollreifer Mango. Da die Süße einer Mango nicht immer verlässlich kalkulierbar ist, muss die Zuckermenge im Rezept ggf. geringfügig verändert werden, für meine Zwecke waren die 0,5 cl jedoch absolut ausreichend.
Rezept „Green Mango Cocktail“:
3 cl Jinzu Gin
1,5 cl Limettensaft
4 Würfel reife Mango (ca. 2cm x 2cm)
0,5 cl Zuckersirup
½ Hand voll frisches Koriandergrün
Île Four Sparkling Sake
Zubereitung: Alle Zutaten bis auf Île Four Sparkling Sake in einen Shaker geben und mit einem Muddler die Mangowürfel zerdrücken, dabei aufpassen, dass das Koriandergrün nicht völlig zerfetzt wird. Schließlich mit Eiswürfeln füllen und kräftig schütteln. Doppelt ins vorgekühlte Glas abseihen und zuletzt mit Île Four Sparkling Sake auffüllen.
Glas: Champagner
Garnitur: gedörrte Mangoscheibe
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Zudem finden sich auch sehr modern gestaltete “Fruit Sakes” im Portfolio von Île Four. Hier werden die Sorten Yuzu (wer kennt die asiatische Citrusfrucht nicht?), Momo (Momo-Pfirsiche) und Ume (Ume-Aprikosen, wie sie v.a. durch Umeshus bekannt sind) angeboten. Die Bezeichnung „Fruit Sake“ ist allerdings meiner Meinung nach ein wenig problematisch, da es sich hierbei weder um mit Fruchtzusätzen gebraute Sakes handelt, noch um einen Blend aus Sake und Fruchtsaft. Ein Blick auf die Zutatenliste der beiden mir für diesen Artikel zur Verfügung gestellten Sorten „Yuzu“ und „Momo“ verrät, dass der Sakegehalt im einstelligen prozentualen Bereich liegt und lediglich eine Zugabe in einem Gemisch aus Wasser, Fruchtsaft, Zucker und Braualkohol ist. Nun gut, sei es drum, die Bezeichnung als „Citrus Sake“ oder „Peach Sake“ finde ich zwar nicht ideal, aber letztlich werden z.B. viele Liköre auf ganz ähnliche Art und Weise hergestellt und genießen dennoch ein herausragendes Renommee. Und natürlich erscheinen mir diese „Fruit Sakes“ vor allem für die Verwendung in Cocktails von großem Interesse zu sein.
Tasting Notes „Île Four YUZU“:
Aroma: Der Ersteindruck ist der einer spritzigen, frischen und sehr schönen, frisch aufgeschnittenen und leicht gesüßten Yuzufrucht.
Geschmack: Nicht zu süß, relativ eingebundene Frucht, allerdings auch nicht besonders vielschichtig. Ein fruchtiger, aufgespriteter Drink, vom Sake ist nicht mehr allzu viel zu spüren.
Abgang: fruchtig, kurz mit feiner Fruchtsäure
Beim Wort Yuzu denke ich ganz spontan und fast automatisch an den würzig-erfrischenden Geschmack der Frucht – und habe deshalb auch einen schlichten Highball gewählt, der zudem mit einem leichteren Alkoholgehalt aufwartet. Hierfür lässt sich der Île Four Yuzu gut mit Sodawasser aufgießen, ein kleiner Schuss Mondino Amaro Bavarese (im Notfall auf Campari ausweichen, auch wenn es nicht das gleiche Ergebnis liefert) steuert zudem eine bitter-würzige Orangennote bei, die dem Highball Komplexität und Tiefe verleiht. Benannt habe ich den Drink nach dem verbreiteten Beinamen Japans: „Rising Sun Highball“.
Rezept “Rising Sun Highball”:
5 cl Île Four YUZU
1,5 cl Mondino Amaro Bavarese
1 Dash The Bitter Truth Peach Bitters
Sodawasser
Zubereitung: Alle Zutaten bis auf das Sodawasser in ein mit Eiswürfeln gefülltes Glas geben und schließlich mit Sodawasser aufgießen.
Glas: Highball
Garnitur: keine
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Tasting Notes „Île Four MOMO“:
Aroma: Hier zeigt sich vor allem der Duft frischen Pfirsichpürees, relativ süßlich, vielleicht fehlt mir für die ganz authentische Note ein wenig fruchtige Säure, dennoch wirkt hier nichts künstlich.
Geschmack: Geschmacklich zeigt sich ein schooner, vollreifer Pfirsich, der meines Erachtens nach ein klein wenig zu süß ausfällt. Auch hier ist ebenfalls wenig bis keine Sakecharakteristik mehr erkennbar. Der MOMO ist eher eine interessante Alternative zu Pfirsichlikören, in diesem Kontext aber recht vielversprechend.
Abgang: süß und eher kurz
Natürlich lassen sich mit dem Île Four Momo fraglos ebenfalls schöne, spritzig-erfrischende Drinks zubereiten (oder man versucht sich an einer Bellinivariante, wie auf dem Rücketikett vorgeschlagen). Ich wollte hingegen ausprobieren, wie sich dieser aromatisierte „Spirited Drink“ (die Bezeichnung gefällt mir hier besser als „Fruit Sake“) in einer Negronivariante schlägt. Dazu habe ich ihn mit einem gereiften Citadelle Reserve und Campari kombiniert und finde das Ergebnis wirklich gut. Es gibt dem Drink einfach eine ungewohnte, aber durchaus passende Note, die sich mit den Fassaromen des Citadelle schön verbindet. Genannt habe ich den Drink einfach Momogroni.
Rezept „Momogroni“:
3 cl Citadelle Reserve Gin
2 cl Île Four Momo
2 cl Campari
1 cl Shochu
Zubereitung: Alle Zutaten in ein mit Eiswürfeln gefülltes Glas geben, umrühren, fertig.
Glas: Tumbler
Garnitur: Pfirsich
Bezugsquellen: Im ausgewählten Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir diese Produkte zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sind, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.
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