Rhum J.M VSOP & der Trénelle Cocktail

Eine gewisse, subjektive Vorfreude kann ich bei manchen Artikeln einfach nicht verleugnen. Klar, ich weiß natürlich, was mir schmeckt. Dennoch versuche ich immer, einen um Objektivität bemühten Rezensionsansatz zu verfolgen, was ich auch heute nicht aufgeben werde. Trotzdem: ich mag wirklich ausgesprochen gerne Rhum Agricole, ich habe bisher schon einige Produkte des Herstellers probiert, von dem der heutige Rhum Agricole stammt – und diese haben mir gefallen. Es wäre jetzt schon wirklich verwunderlich, wenn es ein Reinfall würde. Aber gut, man weiß ja nie. (zugesandtes Testprodukt*)

Es geht um einen Rhum aus dem Haus J.M von der Insel Martinique. Was Martinique mit R(h)um zu tun hat bzw. was ein Rhum Agricole ist, was das Haus J.M ist und überhaupt, was ich bereits noch so alles vom gleichen Hersteller probiert habe (das hier auch noch), will ich an dieser Stelle einmal entsprechend verlinken, denn viele weitergehende Informationen zum Thema habe ich bereits in den entsprechenden Artikeln zum Ausdruck gebracht. Trotz der bisherigen Erfahrungen ist es dennoch immer wieder eine geradezu jugendliche Neugier, die mich bei solchen Artikeln erfüllt (womit ich nur mein Gefühl beschreiben will; das ist kein platter Versuch, mich jünger zu machen als ich bin).

Der Rhum J.M VSOP wird – es ist zwar klar, aber erwähnt sei es trotzdem – aus fermentiertem Zuckerrohrsaft und nicht aus Melasse gebrannt. Das Alter des Rhums beträgt 4 Jahre, womit er eben in die Kategorie VSOP (eigentlich: very superior old pale) fällt. Der Rhum hat trotz seines recht jungen Alters in der Vergangenheit zahlreiche Spirituosenpreise abgeräumt. Näher will ich auf das Thema aus guten Gründen eigentlich nicht eingehen (ich bin einfach sehr skeptisch geworden bei vielen Wettbewerben dieser Art), aber es ist manchmal eben doch auffällig, wenn ein Produkt wirklich oft prämiert wird. Die Fassreifung erfolgte drei Jahre in ehemaligen Bourbonfässern und ein weiteres Jahr in frischen, zuvor ausgebrannten Weißeichenfässern. Die Lagerung erfolgte wohlgemerkt tropisch, was im Vergleich zu kontinentaleuropäischen Reifungen eine größere Interaktion zwischen Holz und Destillat zur Folge hat. Abgefüllt wird der mit 43% vol., was in dieser Kategorie und Preisklasse völlig angemessen ist.

Tasting Notes:

Aroma: Achja, ich mag einfach diese schönen Agricole-Noten – und auch vom Rhum J.M VSOP werde ich hier nicht enttäuscht. Sattes, grünlich-holziges Zuckerrohr zeigt sich hier sofort wunderbar eingerahmt in einen bereits reiferen Charakter mit Eichenfasstönen, Vanille und Karamellanflügen sowie dieser unnachahmlichen Assoziation von Gewürzen. Zimt, Nelken, aber auch dunkle Schokolade und ein Hauch gebrannter Mandeln sind mit von der Partie. Sehr schön.

Geschmack: Auch am Gaumen ein wirklich überzeugendes Bild: Ich finde auch hier die würzig-frische Note des Zuckerrohrs mit Aromen grünlichen Holzes und einer Nuance Zitrusfrucht, was dann aber im Zusammenspiel mit Vanille und Eichenwürze auf ein ganz eigenes Level gehoben wird. Und dann kommt sie, die Schokolade (fast schon Nougatschokolade), Zimt und ein Hauch von altem Leder mit einer überraschend trockenen Note, die dann doch einer einladenden Assoziation von Süße Platz macht, die mich wirklich zu bezaubern weiß.

Abgang: mittellang, überraschend weich und mit anhaltendem Gewürzcharakter

Warum gereifter Rhum Agricole so selten in Cocktails Verwendung findet, ist mir persönlich völlig schleierhaft. Durchsucht man beispielsweise die beliebte „Cocktailsuchmaschine“ bei diffordsguide nach Drinks mit gereiftem Rhum Agricole als Basisspirituose, erhält man – unglaublich, aber wahr – keinen einzigen Treffer. Über Gründe kann man hier nur mutmaßen, aber am Geschmacksprofil kann es nicht liegen. Vielmehr wird wohl der geringere Bekanntheitsgrad und die nicht so ausgeprägte Verbreitung hier ursächlich sein, aber all das ist reine Spekulation. Was also mache ich mit dem Rhum J.M VSOP? Ich habe mich letztlich für eine Manhattan-Variante entschieden! Dazu habe ich dem J.M VSOP noch (neben dem obligatorischen Wermut) etwas Chinato-Wermut, Bananenbrand, ein wenig Kirschlikör und Whiskey Barrel Aged Bitters hinzugegeben.

Tja, einfach nur Manhattan kann ein solcher Drink natürlich nicht mehr heißen. Und ein Viertel voller Wolkenkratzer hat die Hauptstadt Martiniques, Fort-de-France, nicht zu bieten. Wohl aber ein Arbeiterviertel mit vielen Häusern in steiler Hanglage namens Trénelle. Insofern nennen wir den Drink doch einfach so, den Trénelle-Cocktail.

Rezept „Trénelle Cocktail“:

5 cl Rhum J.M VSOP
2,5 cl Dolin Rouge
1,5 cl Bananenbrand
1 Barlöffel Mancino Chinato
2 Barlöffel Cherry Heering
1 Dash Fee Brothers Whiskey Barrel Aged Bitters

Zubereitung: Alle Zutaten auf Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen.

Glas: Manhattan / Martini

Garnitur: Griottines-Kirsch

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online

*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert