Der heutige Rum ist zunächst einmal gar kein Rum, sondern ein Rhum, worauf ich noch weiter eingehen werde. Zudem lehrt er uns ein wenig über geopolitische Zugehörigkeiten, zumindest, wenn man kein Experte auf diesem Gebiet ist. Wir haben es nämlich mit einem französischen Produkt zu tun, wie es auch auf der Flasche und der Verpackung zu lesen ist. Trotzdem stammt der Rhum aus der Karibik, genau genommen von der Insel Martinique. Das ist deshalb kein Widerspruch, weil Martinique, wie vielleicht nicht jedem bewusst ist, als französisches Überseedépartement zu Frankreich gehört. (Zugesandtes Testprodukt*)
Das mag vielleicht ein wenig überraschen, wo doch die meisten ehemaligen kolonialen Besitztümer der westlichen Nationen längst in die Unabhängigkeit entlassen worden sind, aber es gibt durchaus auch Ausnahmen, wo dies nie erfolgt ist und man sich inzwischen als selbstverständlicher Teil des Mutterlandes identifiziert. Wer also einmal in die Karibik fliegen möchte, ohne die EU zu verlassen und weiterhin mit Euros bezahlen will, dem sei eine Reise nach Martinique empfohlen. Nun aber zum eigentlichen Thema: Der Clément Rhum Vieux Agricole VSOP ist – wie in den französischen Karibikgebieten üblich – ein Rhum, der aus reinem Zuckerrohrsaft hergestellt worden ist. Man spricht hier gemeinhin von Rhum Agricole und verwendet das H im Wort Rhum hier zur Abgrenzung von meist aus Melasse hergestellten Rums anderer Regionen. Das ist zwar nicht immer pauschal verlässlich, aber in der Regel gültig. Ein weiterer Vorteil der Rhum Agricoles aus Martinique liegt darin, dass man hier unter dem Mantel der geschützten Ursprungsbezeichnung verlässlichere gesetzliche Rahmenbedingungen hat als dies mitunter in anderen Rumsegmenten der Fall ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass man hier garantiert keine verschleierten und ominösen Zuckerzusätze im fertigen Rhum zu erwarten hat. Das ist ja momentan so ein Thema, welches die R(h)umwelt sehr umtreibt und zum Teil erschüttert.
So ist die Altersangabe dieses Rhums mit VSOP ebenfalls eine verlässliche. Natürlich fühlt man sich hier zunächst an Cognac erinnert, aber das verwundert angesichts der kulturellen Spirituosentradition Frankreichs natürlich auch nicht weiter. Der Clément Rhum Vieux Agricole VSOP (Vieux heißt „alt“ und zeigt uns hier an, dass wir es mit einem mindestens für 3 Jahre gereiften Rum zu tun haben) hat nun als VSOP für mindestens 4 Jahre in Eichenfässern lagern müssen. Diese Mindestanforderung wird natürlich auch erfüllt, worüber uns das Etikett der Flasche und die Verpackung gern aufklären. Inwiefern man diese Mindestanforderung aber noch übertroffen hat, wird nicht verraten. Wer sich übrigens schon immer gefragt hat, wofür das VSOP steht, der wird vielleicht überrascht sein, dass dies eine Abkürzung aus dem Englischen ist und schlicht „very superior old pale“ bedeutet. Die verwendeten Fässer waren nun eine Mischung aus frischen Limousin-Eichenfässern und ehemaligen Bourbonfässern. Letztere wurden vermutlich tatsächlich ausgewählt, um den Rhum nicht über die Maßen eichenlastig auftreten zu lassen und die Wirkung der frischen Limousineiche etwas abzufedern.
Clément stellt Rhum in einer bis ins Jahr 1887 zurückreichenden Tradition nach erprobten Verfahren her. Die Destillerie Habitation Clément wurde damals durch den Arzt Homère Clément gegründet. Sie liegt südlich der Gemeinde Le François im Arrondissement Le Marin. Man kann Teile der Anlage besichtigen, die aktuelle Rumproduktion ist davon jedoch ausgenommen.
Tasting Notes:
Aroma: In der Nase zeigt sich die für Rhum Agricole typische, leicht „grüne“ Frische, aber sie steht hier keinesfalls allein oder auch nur im Ansatz vordergründig, wie bei jungen Rhums. Sofort kommen aromatische, „dunklere“ Noten hinzu: Kaffee, dunkler Honig, Vanille, etwas Orange und tatsächlich auch etwas rauer Kakao. All das wird eingerahmt von einer feinen Süße, die aber längst nicht so intensiv ausfällt, wie es bei dem Gros der Melasserums der Fall ist. Mit der Zeit zeigen sich auch noch einige Kräutertöne. Eine schöne und Komplexe Nase, die ein wenig auch Anklänge von Cognac und manchem Whisky aufweist und somit vielleicht hier auch Genießer anzusprechen weiß, die sich eher in diesen Segmenten beheimatet fühlen und denen Rum bislang zu süß war.
Geschmack: Am Gaumen zeigt sich sofort die Eiche der Limousinfässer, die durchaus kräftig ausfällt. Dazu kommen wieder Vanille und Orange und auch etwas Kokosnuss, wie auf den offiziellen Tasting Notes angegeben. Der Clément Rhum Vieux Agricole VSOP weist eine delikate, nicht zu intensive Süße auf, die die genannten Noten gekonnt auffängt. Die Komplexität des Aromas wird hier nicht ganz erreicht, aber dennoch bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass dieser Rhum auch etwas für Whisky- und Cognacgenießer sein könnte.
Abgang: Im Abgang trocken und eichentönig mit deutlich hervortretender Vanille. Tatsächlich erinnert der Clément Rhum Vieux Agricole VSOP hier etwas an einen Bourbon. Sehr interessant, das habe ich selten bei einem R(h)um erlebt.
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online. Der Clément Rhum Vieux Agricole VSOP wird mit 40% vol. abgefüllt und kostet um die 30 Euro.
*(Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)
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