Vallendar Obstbrände und Obstgeiste

Wenn man über die deutsche Tradition der Spirituosendestillation spricht, dann spricht man im Grunde immer zunächst über die Kunst der Obstbrennerei, die quer durch die Lande das historisch gewachsene Fundament hochprozentiger Genüsse bildet. Zwar haben unzählige Obstbrenner längst ihr angestammtes Metier erweitert und stellen auch Gin, Whisky und Co in Eigenregie oder als Auftragsarbeit her, aber letztlich sind es natürlich die Obstbrände und –geiste, die die Kerntätigkeit der Brennereien darstellen. Und eine solche ist auch die Brennerei Hubertus Vallendar. (zugesandte Testprodukte)*

Die Brennerei wird – man erahnt es bereits anhand des Namens – von Hubertus Vallendar und seinem Team betrieben. Sie liegt im kleinen Dörfchen Kail auf den Eifelhöhen nördlich des Moseltals in Rheinland-Pfalz. In den letzten Jahren konnte sich die Brennerei durch den Gewinn zahlreicher Preise bei internationalen Spirituosenwettbewerben zusätzliches Renommee erarbeiten, was natürlich aufhorchen lässt. Die Brennerei stellt neben dem Kernsegment der Obstbrände und –geiste auch besonders hochwertige Vertreter unter dem Namen „La Donna“ her, aber u.a. auch einen Whisky, Gin, Magenbitter und andere Spirituosen.

Persönlich finde ich besonders den Vorstoß spannend, sich innerhalb des traditionellen Obstbrennerhandwerks auch an eher ungewöhnlichen Destillaten zu versuchen, die man nicht bei jedem Obstbrenner findet. Und so entdeckt man neben zahlreichen Klassikern im Sortiment der Brennerei Vallendar auch einige Exoten, die auch und gerade für ihr Potential hinter der Bar besonders spannend sind. Aber natürlich steht auch heute einmal mehr beides hier im Fokus: die Purverkostung und die Verwendung in Cocktails. Konkret geht es dabei um den Vallendar Bananenbrand, den Vallendar Kakaogeist, die Vallendar „Das Original“ Haselnussspirituose, den Vallendar Mangogeist sowie den Vallendar Limonengeist. Allesamt also eher ungewöhnliche Vertreter (vielleicht mit Ausnahme der Haselnuss), auf deren Verkostung ich sehr gespannt bin. Abgefüllt wurden alle genannten Spirituosen mit einer Alkoholstärke von 40% vol. Achja, noch ein Wort zum Flaschendesign: dieses gefällt mir ausgesprochen gut! Zwar findet man im Obstbrandsegment häufig formschöne Flaschen, die schlichte Eleganz des Vallendarsortiments sticht hier aber noch einmal heraus.

Beginnen möchte ich meine Verkostungsnotizen mit dem äußerst spannenden Vallendar Limonengeist, für den mexikanische Limetten über eine niederländische Importfirma bezogen werden.

Tasting Notes „Vallendar Limonengeist“:

Aroma: Frisch, spritzig, überraschend süßlich, erinnert dabei an Sorbet. Es zeigen sich sowohl authentische Noten von Schalen als auch vom Fruchtfleisch, Assoziationen von Grapefruits schwingen mit.

Geschmack: Angenehm mild, der Alkohol ist gut eingebunden. Die Limette kommt nahezu greifbar hindurch, auch hier wieder intensive Schalentöne (Limettenöl mehr als Fruchtfleisch). Auch leichte Bitternoten der Schale sind zugegen, aber keinesfalls störend, eher die Authentizität der Frucht unterstreichend.

Abgang: mittellang mit Limettenschalen

Als nächstes steht die Vallendar „Das Original“ Haselnussspirituose an. Basis für diese Spirituose sind geröstete Haselnüsse. Warum genau hier der rechtlich definierte Begriff Geist durch den deutlich weiter gefassten Begriff Spirituose ersetzt wurde, erfahren wir zumindest auf der Webseite des Herstellers nicht direkt, vermutlich aber, weil ein Haselnussgeist nicht mit gerösteten Nüssen hergestellt werden darf. Aber gut, schauen wir mal, wie er in der Verkostung abschneidet.

Tasting Notes „Vallendar ‚Das Original‘ Haselnussspirituose“:

Aroma: Haselnüsse, leichte Röstnoten, aber auch feinere Noten von blanchierten Nüssen, schokoladige Süße von Nougatcreme, Türkischer Honig

Geschmack: am Gaumen noch etwas nussiger, eine gewisse Süße ist da. Auch hier sind Schokoladenanklänge mit von der Partie, die in Richtung von Milchschokolade tendieren, wieder Türkischer Honig.

Abgang: langanhaltende Süße, Haselnüsse

Nachdem ich nun einen Geist und eine Spirituose verkostet habe, folgt nun ein Brand – und zwar der Vallendar Bananenbrand. Die Bananen für diesen Brand stammen aus Ruanda und werden dort nach BIO-Kriterien angebaut. Ohne in diesem Artikel abermals auf die definitorischen Unterschiede zwischen Bränden und Geisten eingehen zu wollen, sei dennoch kurz erwähnt, dass ein Brand direkt durch das Brennen der fermentierten Früchte hergestellt wird. Man destilliert hier also nicht – wie beim Geist – ein zuvor angesetztes Mazerat, sondern eine Obstmaische.

Tasting Notes „Vallendar Bananenbrand“:

Aroma: Wow, das ist bisher mein Favorit! Erst jüngst hatte ich etwas im Rahmen eines Artikels zur Giffard Banane du Bresil über die Problematik von Bananenspirituosen ausgeholt, davon ist aber auch bei diesem Brand keine Spur. Eine satte, süße, vollauf authentische Banane, überreif, dabei leicht zerdrückt, so sehe ich sie vor meinem geistigen Auge.

Geschmack: Auch am Gaumen sehr gelungen! Eine reife Banane wird wunderbar vom Alkohol getragen, der Brand ist nicht süß, zeigt aber Assoziationen von Süße. Nuancen von Bananenbrot blitzen auf, es bleibt aber letztlich eine wirklich tolle, flüssige Interpretation der Frucht.

Abgang: Banane, lang anhaltend

Bleiben wir im Korb exotischer Früchte und springen von der Banane zur Mango. Ein Mangogeist ist tatsächlich mal eine wirklich feine und innovative Sache, die ich bisher noch nicht oft gesehen habe. Gerade für den Tikibereich sehe ich hier großes Potenzial, doch dazu mehr in Zukunft. Basis für den Geist ist ein Mazerat, welches mit dem Mus peruanischer Mangos hergestellt wurde und schließlich ein weiteres Mal gebrannt wird.

Tasting Notes „Vallendar Mangogeist“:

Aroma: wer regelmäßig Mangos konsumiert, der weiß, wie unterschiedlich diese Früchte ausfallen können. Sind sie nicht ganz reif, verströmen sie einen grünlichen, leicht holzigen Duft, sind sie hingegen vollreif, dann sind sie überaus süß, saftig und riechen nach Urlaub und Exotik. Der Vallendar Mangogeist verströmt, sehr zu meiner Freude, letzteren Duft. Man möchte die Hand ausstrecken und nach der Frucht greifen, sehr schön!

Geschmack: am Gaumen zeigt sich eine leicht alkoholische Note, die Mango fällt auch hier reif aus mit Assoziationen von Fruchtsüße und eben jenem Hauch von Exotik, der die Mango so charakteristisch macht.

Abgang: mittellang, mit einem interessanten Zusammenspiel von süßlichen und säuerlichen Assoziationen, eine Idee Pfirsich

Und last but not least der Vallendar Kakaogeist. Laut Herstellerangaben bildet das „das Herz der Kakaobohne aus den aromatischen Bohnen der Trinitarios von Bolivien“ die Basis dieses Geistes, was mir tatsächlich erst einmal nichts sagt, mich aber neugierig macht.

Tasting Notes „Vallendar Kakaogeist“:

Aroma: In der Nase zeigt sich ein authentischer Kakaoduft, als rieche man an gerösteten Nibs und etwas Milchschokolade. Minimale Assoziationen von Kaffee schwingen mit und auch eine leichte, frische Note ist zugegen, die ich schwer zuordnen kann. Aber klar, in erster Linie ist das hier ein Aroma von Kakao, eben eines Kakaogeistes würdig.

Geschmack: Klare, schöne Kakaonoten zeigen sich von einer eher milden und an Milchschokolade erinnernden Seite. Assoziationen von gerösteten Haselnüssen runden das Geschmacksbild harmonisch ab, der Alkohol ist spürbar, aber sehr mild gehalten. Der Kakaogeist überzeugt vollauf, da er seine Programmatik zweifellos erfüllt.

Abgang: mittellang mit Kakao und Milchschokolade

Natürlich kann ich nicht direkt zu jedem einzelnen Brand bzw. Geist heute in diesem Artikel einen Cocktail vorschlagen. Dennoch möchte ich zumindest einen Anfang machen und den Limonengeist sowie den Kakaogeist in den Blick nehmen. Mit ersterem habe ich mich an eine Art dekonstruierte und neu zusammengesetzte Version des klassischen Gimlet gewagt. Dazu habe ich aus Wacholderbeeren und etwas Rosmarin einen Sirup hergestellt und diesen dann im Stile eines Old Fashioned mit Limonengeist kalt gerührt. 1 Barlöffel Chartreuse verte, jeweils ein Dash Orange Bitters und Celery Bitters runden den Drink ab, den ich auf den schlichten Namen „Deconstructed Gimlet“ getauft habe.

Rezept „Deconstructed Gimlet“:

4,5 cl Vallendar Limonengeist
0,75 cl Wacholdersirup (s.u.)
1 Barlöffel Chartreuse verte
1 Dash The Bitter Truth Celery Bitters
1 Dash The Bitter Truth Orange Bitters

Wacholdersirup: Für den Wacholdersirup einfach Zucker, Wasser und Wacholderbeeren im Verhältnis 2:2:1 in einer Pfanne erhitzen bis der Zucker aufgelöst ist. Auf Sirupkonsistenz einköcheln lassen. Ggf. kann man den Sirup noch mit einem Zweig Rosmarin (oder auch mehr, je nach Sirupmenge) verfeinern.

Zubereitung: Alle Zutaten in einem Rührglas auf Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen.

Glas: Goblet

Garnitur: eine dunkel gebackene Limettenscheibe

Den Vallendar Kakaogeist wollte ich unbedingt in einer Art Sour einsetzen. Schließlich waren es gleich mehrere Einflüsse auf einmal, die mich zu meiner Kreation gebracht haben, vor allem aber der wirklich gute Delmarva Cocktail No.2 des jüngst verstorbenen Gary Regan. Einsatz eines Kakaogeistes. Hierfür habe ich einen Rum mit Kaffeenoten genommen (den Plantation Guatemala XO), Zuckersirup, frische Zitrone, den Vallendar Kakaogeist und etwas Honjozo Sake. Das Ergebnis ist wirklich eine sehr feine und delikate Komposition, in Anlehnung an den Delmarva heißt er einfach Peninsula Cocktail.

Rezept „Peninsula Cocktail“:

5 cl Plantation Guatemala XO
1,5 cl Vallendar Kakaogeist
1,5 cl Honjozo Sake
1,5 cl Zitronensaft
1,5 cl Zuckersirup

Zubereitung: Alle Zutaten kräftig mit Eis schütteln und doppelt ins mit frischem Eis gefüllte Glas abseihen.

Garnitur: keine

Glas: Tumbler

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online

*Der Umstand, dass mir diese Produkte zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sind, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.

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