Heute habe ich eine besondere Flasche im Fokus, die erst jüngst das Licht der Welt erblickte. Im Vorfeld war ich sehr gespannt, denn ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, in welche Richtung sie geschmacklich gehen würde. Meine Vorerwartungen schwankten irgendwo zwischen großartig und furchtbar, was schlicht daran liegt, dass infundierter Rum nicht immer zu einem entzückenden Ergebnis führen muss – und gerade in Kombination mit Bananen driften Spirituosen immer wieder einmal in unschöne Gefilde ab. Es geht heute um den La Hechicera Serie Experimental No.2. (zugesandtes Testprodukt)*
Für all jene, die mit dem Namen La Hechicera nicht vertraut sind, sei zunächst kurz erläutert, dass es sich hierbei um eine kolumbianische Rumschmiede handelt, die von der Familie Riasco seit zwei Jahrzehnten betrieben wird. Sucht man nach Informationen über den Namen oder den Standort der Brennerei, so wird man allerdings kaum Informationen finden. Stattdessen ist von einer Bodega im Herzen von Barranquilla, zwischen dem Magdalena Fluss und dem Karibischen Ozean die Rede, wo man Rum reife und mische. Der Hintergrund ist hier schlicht, dass der Rum nicht selbst vor Ort von der Familie gebrannt wird, sondern im Grunde hier verschiedene Destillate aus verschiedenen Ländern und Destillen Südamerikas und der Karibik verwendet werden, die man dann selbst vermählt und reifen lässt. Wer also bei dem Verweis „kolumbianischer Rum“ im gewohnten Sinne Rückschlüsse anstellt, der liegt leider falsch. Auch mag nicht jeder ob der durchgeführten Solerareifung frohlocken, die zu einem Rum „zwischen 12 und 21 Jahren“ Alter führt. Und ja, käme jetzt auch noch reichlich Zucker obendrauf, wäre ich wohl an dieser Stelle auch abgesprungen, aber dies ist hier ausdrücklich nicht der Fall (was man auch direkt schmeckt, aber dazu weiter unten).
Für den La Hechicera Serie Experimental No.2 hat man sich nun etwas Besonderes ausgedacht, nämlich die eingangs erwähnte Infusion mit Bananen. Um genau zu sein, hat man hier getrocknete Biobananenchips verwendet (also nicht die Schalen der Banane). Die Dauer der Infusion wird allerdings nicht verraten. Persönlich bin ich bei Bananen tatsächlich sehr sensibel. Künstlich schmeckende Bananenliköre sind mir ein regelrechter Graus, aber wenn authentische Bananenaromen in einer Spirituose gelingen, dann liebe ich sie meist. Wie also wird der mit 41% vol. abgefüllte und in einer nicht näher bestimmten „Limited Edition“ herausgebrachte La Hechicera Serie Experimental No.2 abschneiden?
Tasting Notes:
Aroma: Ich muss gestehen, dass ich inzwischen südamerikanischen Rums sehr skeptisch gegenüberstehe. Allzu oft wurde ich hier enttäuscht, habe jede Menge Zucker oder andere Zusatzstoffe festgestellt und zumindest erahnt. Hier ist das alles nicht der Fall! Im Gegenteil, ich finde ein sehr feines und schön ausbalanciertes Aroma vor. Der Melasserum verströmt feine Noten von Vanille, Kokosnuss und gerösteten Nüssen. Assoziationen von Süße sind ebenfalls zugegen, vor allem zeigt sich aber von Anfang an eine wirklich schöne, authentische und keinesfalls überbordende und reife Banane. Das ist wirklich die Art von Banane, die ich in Spirituosen liebe. Hinter der Banane schwingen Gewürze und etwas Karamell mit.
Geschmack: Auch am Gaumen überzeugt mich dieser Rum! Die Banane ist authentisch, lässt aber auch dem Rum genügend Raum. Zur Vanille gesellen sich hier wieder Noten von Nüssen, dazu ein wenig dunkle Pflaume, Eichennoten mit einer feinen Bittere und Gewürznuancen, die Süßeassoziationen des Rums wirken dabei stets natürlich. Etwas Karamell und ein Hauch Marzipan sind ebenfalls zugegen.
Abgang: mittellang, reife Bananen und Eiche.
Mit einer solchen Spirituose muss man in puncto Cocktail etwas aufpassen. Leider beobachte ich sehr oft den auf den ersten Blick verständlich erscheinenden Impuls, eine Spirituose, die auf einer bestimmten Zutat basiert, mit eben jener nochmals zu kombinieren oder zu „verstärken“. So habe ich z.B. schon oft gesehen, dass ein besonders limettentöniger Gin gern mit Limettensaft kombiniert, ein mit Ananas infundierter Rum mit Ananassaft gemischt oder ein mit Kaffee infundierter Whiskey noch mit Kaffeelikör gerührt wird. In Einzelfällen mag so etwas einen Mehrwert bringen, gemeinhin macht es die Basisspirituose jedoch beliebig, denn die Limette wird den Limettennoten des Gins wenig bis keinen Raum mehr lassen, der Ananassaft schluckt die Ananasinfusion usw. Hier hätte es dann eben auch regulärer Gin, regulärer Rum oder regulärer Whiskey getan.
Im Falle des La Hechicera Serie Experimental No.2 möchte ich mich also hüten, hier noch einen Bananenlikör hinzuzugeben o.ä. Nein, der Rum soll für sich selbst sprechen. Dennoch ist so eine Infusion natürlich eine filigrane Sache. In einem Tiki Punch, einem Sour o.ä. gerät sie auch so schnell ins Hintertreffen. Also habe ich mich für einen exotisch-aromatischen Old Fashioned entschieden, der mit etwas Ahornsirup, Black Walnut Bitters und einem Stoß Mangogeist aus dem Hause Vallendar aus dem Zerstäuber daherkommt. Schlicht und doch mit Finesse. Und der La Hechicera Serie Experimental No.2 vermag wirklich im Drink namens Plátano de la Bodega (Die Banane aus der Bodega) zu glänzen.
Rezept „Plátano de la Bodega“:
6 cl La Hechicera Serie Experimental No.2
2 Barlöffel Ahornsirup
2 Dashes Fee Brothers Black Walnut Bitters
Vallendar Mangogeist (aus dem Zerstäuber)
Zubereitung: Alle Zutaten bis auf den Mangogeist in einem Glas auf massivem Eis verrühren. Zuletzt ein bis zwei Sprühstöße Mangogeist oben auf den Drink geben.
Glas: Tumbler
Garnitur: getrocknete Bananenscheibe
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online