Die Qualität eines Drinks hängt oft bis fast ausschließlich davon ab, welche Spirituose man im jeweiligen Cocktail verwendet. Doch auch hier gibt es Unterschiede, denn nicht jede Rezeptur setzt eine Spirituose gleichermaßen prominent in Szene. Mitunter handelt man sich sogar den Ärger des einen oder anderen Puristen ein, wenn man bestimmte Tropfen in einem Mischgetränk verarbeitet.
Und dieser Ärger ist bei kaum einer Spirituose so wahrscheinlich wie beim Whisk(e)y. Das hat sicherlich Gründe, denn Whisky ist in der Zubereitung als fassgereifte Spirituose, die gerade in höherpreisigen Segmenten oft einige Jahre auf dem Buckel hat, schlicht sehr zeitaufwendig in der Herstellung, entsprechend teuer, aber auch für sich genommen bereits ein dickes aromatisches Ausrufungszeichen. Da verwundert es nicht, dass viele Leute regelrecht empört sind, wenn man einen edlen Single Malt fortgeschrittenen Alters in einen Rusty Nail oder einen Blood & Sand kippt. Sicherlich muss man hier ein wenig abwägen: Wie zentral ist die Rolle des Whiskys in der Rezeptur und vor allem: wie stark wird die Basisspirituose durch die anderen Zutaten verändert? Auch ich frage mich oft, ob es nicht auch ein einfacherer und günstigerer Whisky tun würde. Daher habe ich eigentlich eine relativ schlichte Regel:
Mit Ausnahme von Rezepten, die ausdrücklich eine bestimmte Spirituose verlangen, verwende ich besondere Whiskys nur dann, wenn es sich um eine eher schlichte, den natürlichen Charakter des Whiskys nur leicht verändernde Rezeptur handelt. Kommen Zitrussäfte, mehrere andere Spirituosengattungen und dergleichen hinzu, greife ich meist zu gewissen Standardspirituosen. Diese müssen qualitativ natürlich auch überzeugend sein, aber kosten in der Regel keine 50 Euro pro Flasche.
Beim heutigen Cocktail darf es dann aber durchaus auch mal ein besonderer Whiskey sein. Zugegeben, eigentlich ist der heutige Cocktail einer, den ich auch getrost hätte im Artikel über den Old Fashioned unterbringen können, denn es ist eigentlich ein Old Fashioned bzw. ein „Bittered Sling„. Aber wie ich dort bereits ausgeführt habe, hat sich erst im Laufe der Zeit die Bezeichnung Old Fashioned für eine klassische Art des Whiskey Cocktails herauskristallisiert. Whiskey Cocktails hat es im 19. Jahrhundert in mannigfaltiger Weise gegeben und eine Nähe des heutigen Rezeptes zum Old Fashioned ist daher logisch und unverkennbar. Die Rezeptur stammt aus dem Jahre 1862 von „Professor“ Jerry Thomas (nach dem sich auch das Jerry Thomas Project in Rom benannt hat).
Doch nun zum verwendeten Whiskey. Erst vorgestern habe ich den Dad’s Hat Pennsylvania Rye Whiskey vorgestellt. Aus dem gleichen Hause stammt der „Dad’s Hat Pennsylvania Rye Whiskey Finished in Port Wine Barrels“. Wie man dem Namen nach unschwer erkennen kann, reifte dieser Whiskey weitere 3 Monate in Portweinfässern. Persönlich liebe ich Portweinnachreifungen sehr, besonders bei Scotch Single Malts, aber warum nicht auch bei einem guten Roggenwhiskey? Besticht dieser Tropfen bereits pur mit zusätzlichen Noten dunkler Früchte, einer leichten Pfeffernote und dem gewissen, „weinigen Touch“, konnte ich ihn mir von Anfang an sehr gut in einem Whiskeycocktail vorstellen. Dort wird durch die Zugabe von etwas Sirup die Portweinsüße noch weiter hervorgehoben und im Zusammenspiel mit Bitters (ich habe mich für die Jerry Thomas Own Decanter Bitters von The Bitter Truth entschieden) eine sehr schöne Komplexität erlangt, die zusätzliche Zimt- und Nelkentöne aus dem Whiskey herauskitzeln. Ein Whiskey Cocktail, wie er sein muss. Und dank des Dad’s Hat Pennsylvania Rye mit Port Wine Finish hat dieser Whiskey Cocktail sogar das gewisse Etwas.
Rezept (adaptiert nach Jerry Thomas‘ Rezept von 1862):
6,5 cl Dad’s Hat Pennsylvania Rye Whiskey Finished in Port Wine Barrels
3-4 Dashes Gum Syrup
2 Dashes The Bitter Truth Jerry Thomas Own Decanter Bitters
Zubereitung: Alle Zutaten auf Eis schütteln (eigentlich ein Cocktail, der vermuten lässt, gerührt werden zu wollen, aber ich widerspreche dem Professor hier lieber nicht) und ins vorgekühlte Glas abseihen.
Glas: Rotweinglas
Garnitur: Zitronenzeste
Bezugsquellen: Bitters und Gum Syrup werden vermutlich einen Besuch im Fachhandel oder eine Onlinebestellung nötig machen (Gum Syrup kann man im Notfall auch durch normalen Sirup ersetzen, man sollte aber bedenken, dass die Zuckerkonzentration im Gum Syrup höher ist). Gleiches gilt für den Dad’s Hat Pennsylvania Rye Whiskey Finished in Port Wine Barrels. Wenn Sie selbst Fachhändler sind, so kann ich für den Dad’s Hat Pennsylvania Rye Whiskey Finished in Port Wine Barrels auch folgende Bezugsquelle empfehlen.
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