Erst kürzlich habe ich einen Artikel über eine Flasche Gin mit einigen Gedanken über das Flaschendesign begonnen. Und tatsächlich ist dieses beim Lind & Lime Gin wirklich auffällig. Und auch heute könnte ich meinen Artikel mit ganz ähnlichen Worten beginnen, denn erneut habe ich eine zumindest schon einmal äußerlich wirklich herausstechende Ginflasche vor mir stehen. Angesichts des wirklich großen und umkämpften Ginmarktes, auf den noch immer regelmäßig neue Abfüllungen drängen, scheint das ohnehin schon immer aus Verkäufersicht nicht unwesentliche Design weiter an Bedeutung zu gewinnen. (zugesandtes Testprodukt)*
Aber eben nicht nur das Design muss stimmen, sondern natürlich auch der Inhalt (und die darum erzählbare Geschichte). Doch – wie gesagt – als erstes fällt beim heutigen Ginraw Barcelona Gastronomic Gin sicherlich die Flasche auf. Die länglich-runde und schmal gehaltene Flasche erinnert mit ihrem großen und schweren Flaschendeckel schon ein wenig an eine überdimensionierte Parfümflasche. Die Beschriftung ist abgesehen von einem länglich gelben Etikett und einer Banderole um den Flaschenhals direkt auf der Flasche angebracht, so dass der Blick auf den transparenten Inhalt fällt. Eine leichte, von unten nach oben zunehmende Eintrübung des Glases rundet dabei den optisch gefälligen Gesamteindruck ab.
Im Inneren der Flasche findet sich ein Gin, der von einem extra dafür versammelten Team von bestehend aus dem Spitzenkoch Xano Saguer, dem Maitre Parfumeur Rosendo Mateu, dem Sommelier Sergi Figueras und dem Bartender Javier Caballero entworfen wurde. Das Ziel dabei war, einen perfekt auf die Spitzengastronomie zugeschnittenen Gin zu kreieren, der gleichzeitig eine Hommage an die Stadt Barcelona sein sollte.
Hergestellt wird der Gin als eine Art Blend aus auf kupfernen Stills gebranntem Wacholdergeist und einem bei niedrigen Temperaturen mit der Rotaval®-Technologie gebrannten Geist aus Zitronen und Zedratzitronen, Lorbeerblättern, Kaffir-Limettenblättern, schwarzem Kardamom und Koriandersaat, welche zuvor zwischen 4 und zehn Tage im Alkohol mazerieren durften. Durch diese Technik, bei der bei Niedrigtemperaturen mit Hilfe einer Vakuumpumpe destilliert wird, sollen sich sonst verlorengehende ätherische Öle im Endprodukt halten und kurz gesagt zu einem besseren Geschmacksergebnis führen. Inwiefern dies tatsächlich der Fall ist, vermag ich an dieser Stelle nicht einzuschätzen, da mir hier schlicht Erfahrungswerte fehlen.
Schließlich findet der Gin mit 42,3% vol. den Weg in die Flasche, für die etwa 40 bis 45 Euro durchschnittlich aufgerufen werden. Die wesentliche Frage ist natürlich, was der Ginraw Barcelona Gastronomic Gin nun wirklich kann!
Tasting Notes:
Aroma: Ein sehr schönes und eindeutig zitruslastiges Aroma begrüßt mich. Die Zedratzitronen mögen hier ihren Anteil haben, denn ich empfinde gerade dieses Zitronige, Frische als sehr ausgewogen, komplex und authentisch. Hinter den Zitronentönen (in die übrigens tatsächlich auch Nuancen der Limettenblätter einfließen) findet sich dann eine Ladung von Gewürzen, aus denen insbesondere der Wacholder hervorsticht. Den schwarzen Kardamom suche ich vergeblich, finde aber Koriander und Lorbeernoten. Assoziationen von Pfefferkörnern und leicht balsamischen Noten zeigen sich ebenfalls mit der Zeit.
Geschmack: Am Gaumen nehme ich interessanterweise zunächst Gewürze wahr, vor allem Wacholder und Koriander kommen hier sehr harmonisch ausgewogen daher, wieder vernehme ich leicht balsamische Noten im Zusammenspiel mit Ahnungen von rosa Pfefferkörnern. Doch noch bevor ich mich vollends auch die Gewürzofferte einlassen kann, rollte die Zitruswelle heran und reiht sich dann trotz ihrer Intensität doch überraschend harmonisch ein. Überhaupt: Was mir am Ginraw Barcelona Gastronomic Gin wirklich auffällt, ist seine Ausgewogenheit und wirklich gelungene Balance. Hier fällt nichts zu dominant aus, alles greift gekonnt ineinander und erzeugt ein wirklich zufriedenstellendes Geschmackserlebnis.
Abgang: Zitrustöne und tatsächlich erstmalig Kardamom. Mittellang.
Tja, bei so viel Betonung der gehobenen Gastronomie wollte ich jetzt nicht einfach mit einem Gin Fizz um die Ecke kommen. Andererseits wollte ich aber auch keinen Drink kreieren, der tagelanger Vorbereitung bedarf. Entschieden habe ich mich letztlich für eine Art Martiniabwandlung mit einem gewissen Extra. Dieses besteht in einem Wermut-Olivenöl-Espuma, was oben auf den Drink gegeben wird. Der Basisdrink wiederum wird neben einem trockenen Wermut (ich habe mich hier für den rieslingbasierten Werner Wermut entschieden) mit Strega und etwas Italicus Rosolio di Bergamotto kalt gerührt und dann ins Glas gegeben. Eigentlich würde ich den Drink straight-up ohne Eis servieren, doch ein Tumbler oder ein zweckentfremdetes Macchiato-Glas (gewissermaßen als Zwischending) mit einem massiven Eiswürfel funktioniert hier auch. Benannt habe ich den Drink nach dem Balearen-Meer (Mare Balearicum) vor der Küste Barcelonas, auf das hinaus ich sehr gern mit diesem Cocktail blicken würde: Maretini.
Rezept „Maretini“:
5 cl Ginraw Barcelona Gastronomic Gin
1,5 cl Werner Wermut RG White
1 cl Italicus Rosolio di Bergamotto
2 Barlöffel Strega
Wermut-Olivenöl-Espuma (s.u.)
Wermut-Olivenöl-Espuma: 1 Eigelb mit 10 cl trockenem Wermut und 8 cl fruchtigem Olivenöl sowie 3 cl Zitronensaft und 2 cl Zuckersirup in ein Sahnesiphon geben, kräftig schütteln und kaltstellen. Kurz vor der Anwendung mit einer Patrone laden.
Zubereitung: Alle Zutaten (außer das Espuma natürlich) auf Eis im Rührglas kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen (wahlweise straight-up ohne Eis oder auf Eis in einen Tumbler bzw. in ein Macchiato-Glas)
Glas: Martini (ohne Eis) oder Tumbler (auf Eis – oder ein Macchiato-Glas als zweckentfremdeter Hybrid aus beiden)
Garnitur: Zitronenzeste
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.