Es gibt Momente, in denen man sich als Blogger ein wenig merkwürdig fühlt. Denn wenn man im Jahr 2019 über ein Produkt einen Artikel verfasst, welches in den letzten Jahren eine unglaublich hohe Medienpräsenz in der Barwelt genoss und im Jahr 2017 mit dem Mixology Bar Award für das beste europäische Barprodukt ausgezeichnet wurde, dann hat das natürlich wenig mit Aktualität und den neuesten Trends zu tun, was man da so in seinem Blog treibt. Aber gut, dass das hier nicht durchgängig der Anspruch sein soll, habe ich in der Vergangenheit immer mal wieder erklärt. (zugesandtes Testprodukt)*
Dennoch freue ich mich natürlich, nun – mit eben einer gewissen Verspätung – über die heutige Flasche schreiben zu können. Und diese ist der Italicus Rosolio di Bergamotto. Hinter diesem klangvollen Namen verbirgt sich im Grunde eine Kreation des italienischen Wermut-Kenners Giuseppe Gallo. Allerdings ist es nicht nur eine Neukreation, sondern auch die Renaissance einer Likörkategorie: der Rosolios. Rosolios sind italienische Rosenliköre, die vor allem während der Renaissance sich reger Beliebtheit erfreuten (wie passend). Der Rosolio di Bergamotto stellt nun aber nicht Rosen, sondern eben Bergamotten in den Mittelpunkt. Doch der Reihe nach.
Für den Italicus Rosolio di Bergamotto werden Bergamotten aus Kalabrien, sizilianische Zedern, Zitronenmelisse, gelbe Rosenblüten, Kamille, Lavendel und andere Kräuter (allesamt aus Italien) zu einem Likör verarbeitet, der mit fruchtigen, frischen und eher leichten Aromen daherkommt. Mit 20% vol. kommt der fertige Likör dann schließlich in die Flasche. Apropos Flasche: Hier kann der Italicus äußerlich wirklich ein Ausrufungszeichen setzen! Giuseppe Gallo hat die Flasche in Zusammenarbeit mit einer Designagentur entworfen. Die türkisfarbene Flasche weist dabei 20 Rundungen auf, die für die 20 Regionen Italiens stehen (das Ganze erinnert ein wenig an die Jahreszeiten und das Flaschendesign des Hibiki Whiskys aus dem Hause Suntory). Auf dem Deckel der Flasche findet sich eine Darstellung des Bacchus mit Bergamotten in den Händen, der im Stile des Vitruvianischen Menschen von Leonardo da Vinci gestaltet ist – achja: die Farbe der Flasche soll das Meer in der Blauen Grotte von Capri symbolisieren. Mit anderen Worten: Hier wird ganz schön aufgefahren! Schauen wir also mal, inwiefern das auch auf Aroma und Geschmack zutrifft.
Tasting Notes:
Aroma: Wow, tatsächlich wird hier einiges geboten! Zwar bleibt das Aromenspiel eher von leichten und fruchtig-würzigen Aromen gekennzeichnet, macht das aber wirklich ganz hervorragend! Ich finde kandierte Zitronenschalen, würzige Bergamotten, Tee (v.a. Earl Grey, was nunmal auch an den Bergamotten liegt), Bitter Lemon, florale Assoziationen (Rosen und Kamillenblüten) sowie etwas Lavendel.
Geschmack: Auch hier überzeugt mich der Italicus Rosolio di Bergamotto – wenn auch mit einer kleinen Einschränkung: Zunächst finde ich hier die floralen Noten, welche am Gaumen vordergründiger ausfallen, wieder Rosenblüten und Lavendel, dann aber auch sehr schöne Bitternoten, kandierte Zitrusfrüchte, kandierten Ingwer und Bergamotten. Ein wirklich tolles Geschmacksbild – lediglich die Süße ist mir für den Purgenuss schlicht zu dominant. Für mich ist der Italicus in erster Linie eine Zutat für Drinks.
Abgang: Zitrusschalen, Bittertöne mit etwas Enzian und wieder Rosenblüten, mittellang
So viel gelobt der Italicus als Barzutat auch ist, wurde mir durch das Tasting dann doch bewusst, dass es sich um eine relativ filigrane Spirituose handelt. Man muss hier mit einem gewissen Augenmaß und Fingerspitzengefühl zu Werke gehen. Man darf sicherlich nicht erwarten, sämtliche Facetten des Likörs in jedem Cocktail voll zur Geltung zu bringen, denn er wird von anderen Mitspielern eines Orchesters schon auch ein wenig bedrängt. Dennoch lässt er sich nicht einfach völlig übertönen – wäre er nicht da, würde etwas Entscheidendes fehlen! Soviel zumindest zur Theorie, die mir während meiner Versuche und Überlegungen so durch den Kopf ging. Im Endeffekt habe ich dann einen Drink kreiert, der mit würzigen, säuerlichen, süßen und bitteren Noten eine ganze Bandbreite an Aromen aufbietet, dabei aber dennoch letztlich erfrischend und leicht daherkommt. Genannt habe ich den Drink schlicht: Giardino all’italiana – einfach weil er mich an einen grünen, italienischen Garten erinnert hat und auch ein wenig von solchen inspiriert ist. Neben dem Italicus selbst kommt hier der erdig-kräutrige Plymouth Navy Strength Gin zum Einsatz, zudem Limette, frisch gepresster Selleriesaft sowie Coriander Bitters.
Rezept „Giardino all’italiana“:
3 cl Italicus Rosolio di Bergamotto
3 cl Plymouth Navy Strength Gin
2,5 cl Frisch gepresster Selleriesaft
2 cl Limettensaft
1 Barlöffel Zuckersirup
2 Dashes Bob’s Coriander Bitters
Zubereitung: Alle Zutaten kräftig auf Eis schütteln und ins vorgekühlte und mit frischem Eis gefüllte Glas abseihen.
Glas: Tumbler
Garnitur: Sellerieblätter
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.
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