Und einmal mehr geht es heute um die Vorzeigespirituose Mexikos: den Tequila. Über die Grundzüge von Tequila im Allgemeinen und auch über die Obergattung Mezcal habe ich vor längerer Zeit bereits im Rahmen vergangener Rezensionen ein paar Zeilen geschrieben (s. verlinkte Artikel), so dass es heute direkt in medias res gehen kann. (zugesandtes Testprodukt)*
Der erste Eindruck, den die heutige Flasche auf mich macht, ist ein wahrhaft hochwertiger. Das liegt zunächst schon einmal am Flaschendesign, welches mir wirklich gut gefällt. Dunkles, schweres Glas verbirgt den Blick auf den Tequila darin und weiß auch mit einem sehr gelungenen Design zu überzeugen. Um den Flaschenhals ist eine kleine Banderole mit einer silbernen Eule gebunden, welche als Maskottchen der Marke fungiert. Diese wiederum nennt sich Inicio und stammt aus einem Dorf nahe Tequilas im Bundesstaat Jalisco, wo Tequila in dritter Generation von der Betreiberfamilie Partida Hermosillo produziert wird. Der zu 100% aus Blauer Agave hergestellte Blanco Tequila wird im Cognacverfahren doppelt destilliert und anschließend für einige Wochen in Stahltanks „gereift“. Vor der Destillation jedoch gart man die Herzen der sieben- bis zwölfjährigen Agaven zunächst in einem Steinofen drei Tage lang mit Wasserdampf. Erst dann werden sie entsaftet und man lässt sie wiederum drei Tage lang fermentieren, bevor das eigentliche Brennverfahren beginnt. Der Hersteller betont zudem, dass keine Zusatzstoffe bei der Herstellung dieses Tequilas verwendet werden (immerhin darf ein Tequila anteilig zu einem Prozent auch durchaus mit Zusatzstoffen versehen werden – Glycerin, Eichenextrakt, Zuckersirup bzw. Agavensirup usw. – sogar von Kakaopulver habe ich schon einmal gelesen. Es ist also hier auch nicht längst alles Gold, was glänzt. Im Rumbereich steigt das Bewusstsein für solche Zusätze inzwischen mehr und mehr, beim Tequila ist das eher weniger der Fall).
Der mit 40% vol. abgefüllte Inicio Tequila liegt preislich für einen Blanco Tequila mit knapp über 50 Euro schon relativ hoch – allerdings will man auch offenbar gezielt als Premiumqualität unter den 100% Agave-Blancos antreten, was natürlich schon auch die Erwartungen entsprechend erhöht.
Tasting Notes:
Aroma: In der Nase zeigt sich ein sehr vielschichtiges und durchaus anspruchsvolles Bild, welches mir sehr gut gefällt. Zunächst finde ich neben der typischen Agavennote (die übrigens sehr aromatisch ausfällt) einen mineralischen Einschlag wie von Steinsalz, dazu auch etwas Kreidestaub. In Italien habe ich einmal ein süßes Salz (dolce sale) aus Ravenna verkostet, woran mich dieser Eindruck denken lässt. Hinter diesen vordergründigen Aromen verbirgt sich etwas Moos, eine Nuance Basilikum, weißer Pfeffer sowie Nuancen von Meerwasser und gesüßter Quark.
Geschmack: am Gaumen fällt der Inicio Blanco auffallend weich aus. Auch hier zeigen sich mineralische Töne mit weißem Pfeffer (wenn auch subtiler als bei vielen anderen Blanco Tequilas), etwas Vanille und wieder Assoziationen von süßem Salz. Kräuternoten (wieder Basilikum, etwas Majoran) paaren sich schließlich mit sehr feinen hellen Früchten und erzeugen ein durchaus vielschichtiges Geschmacksbild. Sehr schön!
Abgang: mittellang, dabei v.a. mineralisch und überaus sanft.
Ok, das ist einer der besten Blancos, die ich bisher probiert habe! Einzig der Alkoholgehalt hätte für mich noch ein paar Prozentpunkte vertragen, aber das ist bei Tequila ja leider eher die Ausnahme. Wie dem auch sei: diesen Tequila wollte ich in einem Drink einsetzen, wo er nicht mit Säften um die Deutungshoheit ringen muss, sondern seine Klasse recht gut zeigen kann. Inspiration hierfür war letztlich der White Negroni, wobei ich dann doch noch ein paar zusätzliche Akzente setzen wollte. So habe ich noch etwas Bergamottengeist von Faude Feine Brände hinzugegeben (allerdings nur wenig, die Bergamotte soll hier nicht im Mittelpunkt stehen), sowie einen Dash der Dr. Sours Bitters #6 Quina. Ein Cocktail für Freunde bitteren Geschmacks (wie mich selbst), der die Klasse des Inicio jedoch gut zur Geltung bringt. Achja: Benannt habe ich den Drink nach der Eule der Philosophie, der Eule Minervas, die nach Georg Wilhelm Friedrich Hegel ihren Flug erst in der Dämmerung beginnt – genau der richtige Zeitpunkt auch für diesen Drink!
Rezept „Owl of Minerva“:
5 cl Inicio Blanco Tequila
2,5 cl Suze
2,5 cl Cocchi Americano
0,5 cl Faude Feine Brände Bergamotte aus Kalabrien
1 Dash Dr. Sours Bitters #6 Quina
Zubereitung: Der Drink wird im Glas gebaut. Einfach alle Zutaten über massives Eis geben, kurz umrühren, mit dem Öl einer Zitronenzeste besprühen, fertig.
Glas: Tumbler
Garnitur: Zitronenzeste
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.