Menschen denken in Schubladen. Das ist jetzt vielleicht etwas pauschal formuliert (und wirkt deshalb vielleicht sogar wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung), aber eine gewisse Tendenz zu Schubladendenken lässt sich sicherlich nicht ganz von der Hand weisen. Und natürlich macht das auch vor dem Spirituosenmarkt nicht Halt. (zugesandtes Testprodukt)*
Leider wissen wir letztlich dann doch, dass es eben auf den Einzelfall ankommt und eine starre Kategorisierung nicht so recht flächendeckend die Wahrheit abbildet. Aber trotzdem sind wir auch dankbar für die Hilfestellung, die eine Einordnung bietet. Besonders dann, wenn wir uns in einem recht chaotischen und komplizierten Rahmen bewegen. Und welche Spirituosengattung könnte chaotischer sein als der gute, alte Rum?
Klar, auch beim Whisky ist das so eine Sache. Nehmen wir nur einmal den Scotch Single Malt: dem bewanderten Whiskygenießer ist natürlich bewusst, dass es auch stark rauchige Speyside Malts gibt. Und auch, dass nicht jeder Islay Malt eine Rauchbombe sein muss. Dennoch hört man die Namen der Herkunftsregionen nicht ausschließlich nur in einem geographischen Sinne. Sätze wie „der schmeckt wie ein typischer Speysider“ sind aus kaum einer „Expertenrunde“ wegzudenken.
Doch zurück zum Rum: Gerade weil der Rum so eine globale, kaum überschaubare Spirituose ist, bemüht man sich auch hier oftmals um eine Klassifizierung. Insbesondere im US-amerikanischen Raum ist hier die Einteilung in einen Britischen, einen Spanischen und einen Französischen Stil weit verbreitet. Und auch wenn diese Einteilung ganz im Sinne des bisher Ausgeführten eben oft überhaupt nicht passt, so wird sie gerne passend gemacht. Der „Britische Stil“ gilt z.B. als kraftvoll, voluminös und aromenstark (der Einfluss jamaikanischer Pot Still-Rums ist hier sicher nicht von der Hand zu weisen). Blickt man nun aber auf die ehemalige britische Kolonie Trinidad, so wird häufig vom „spanischsten unter den britischen Rums“ gesprochen. Im Grunde führt bereits eine solche Formulierung das Ganze Prozedere ad absurdum, aber trotzdem soll sie eben helfen, die Abweichung zu erklären: Trinidad-Rums gelten eben als leichter, floraler – Eigenschaften, die man gemeinhin eher dem „Spanischen Stil“ zuschreibt.
Warum erzähle ich das? Ganz einfach, heute habe ich einen Rum aus Trinidad vor mir. Und zwar den Plantation Single Cask Trinidad 2009. Wie auch der jüngst hier rezensierte Plantation Peru Multi Vintage stammt diese Flasche aus der Reihe der neuen Plantation Single Cask-Abfüllungen. Und natürlich liegt es nahe, hier auch an den Plantation Vintage Edition Trinidad 2003 zu denken. Gebrannt wurde die heutige Flasche bei den Trinidad Distillers auf Säulendestillationsanlagen (da haben wir wieder die vermeintlich „spanische“ Herangehensweise) aus Melasse, die zuvor für einen Zeitraum von drei Tagen fermentieren durfte. Die Fassreifung fand von 2009 bis 2018 statt, davon die längste Zeit in der Karibik und zuletzt – wie oft bei Plantation – in Frankreich. Das Finish in Frankreich wurde dabei in ehemaligen Cognac- und auch in ehemaligen Pineau des Charentes Blanc-Fässern durchgeführt. Interessant ist auch, dass Plantation hier inzwischen zu weiteren Detailangaben greift: so geht man einen weiteren Schritt in Richtung Transparenz und gibt eine „Dosage“ von 16g Zucker pro Liter an. Zudem ist der Anteil an Estern mit 75 g/hL AA angegeben sowie der Gesamtanteil flüchtiger organischer Verbindungen (zu denen auch die Ester gehören) mit 298 g/hL AA. Abgefüllt wurde mit 42,4% vol.
Tasting Notes:
Aroma: Es finden sich helle Früchte (Aprikosen, Zitronen, Quitten und Trauben), Assoziationen von Süßweinen, Gewürze (v.a. Muskat, Zimt und eine Spur gestoßener, weißer Pfeffer) und Eichenholz mit einer schönen Ladung Karamell aus den Ex-Bourbon-Fässern, zudem etwas Lindenhonig.
Geschmack: auch am Gaumen gibt sich dieser Rum recht fruchtig und blumig mit Ananas, Mango, würziger Zitrone, Pfirsich und einer delikaten Honigsüße. Gewürze von den Eichenfässern sind ebenfalls mit von der Partie, die sich mit einer Vanillecreme und blanchierten Mandeln verbinden. Ein recht komplexer Rum voll wunderbarer, „heller“ Nuancen – ein wirklich schöner Trinidadrum, der dem Ruf der Rumnation alle Ehre macht.
Abgang: würzig mit Zitrustönen, Quitte und etwas Mandel
Ein so schöner und facettenreich-fruchtiger Rum kann natürlich auch wunderbar in einem Drink in Szene gesetzt werden. Und dafür habe ich heute abermals eine Old Fashioned-Variante ausgewählt. Natürlich liegt man mit dem Plantation Single Cask Trinidad 2009 auch im Tiki-Bereich nicht falsch, er bietet aber so viele Nuancen, dass es gar nicht so vieler zusätzlicher Zutaten braucht. Um die Fruchttöne zu unterstreichen, habe ich den Rum mit ein wenig Quittengelee, Lemon Bitters und Peach Bitters kalt gerührt und schließlich auf massiven Eisnuggets serviert. Ein toller, fruchtiger Drink, den ich auf den Namen „Nectar d’Or“ getauft habe. Ich weiß, es gibt einen Whisky, der auch so heißt, aber beim ersten Schluck dieses Cocktails dachte ich mir einfach: der Name passt!
Rezept „Nectar d’Or“:
6 cl Plantation Single Cask Trinidad 2009
1 gehäufter Barlöffel Quittengelee
1 Dash The Bitter Truth Lemon Bitters
1 Dash The Bitter Truth Peach Bitters
Zubereitung: Alle Zutaten zunächst ohne Eis rühren, so dass sich das Gelee mit den anderen Zutaten verbindet. Eis hinzugeben und nochmals kalt rühren. Schließlich doppelt in ein mit frischem Eis gefülltes Glas abseihen.
Glas: Tumbler
Garnitur: gedörrtes Zitrusrad
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.