Der Begriff des „Terroir“ fällt zwar im Kontext hochwertiger Spirituosen nicht so häufig wie in der riesigen Welt des Weines, trotzdem ist er den meisten Genießern ein Begriff. Eine fehlende Entsprechung zu diesem Wort in vielen anderen Sprachen führte dazu, dass es sich als international geläufige Bezeichnung für die besonderen Eigenarten eines bestimmten Ortes, die sich auf die Charakteristik eines Produktes auswirken, durchgesetzt hat. Dass dies auch und gerade bei Rums sehr bedeutsam ist, wird in letzter Zeit mehr und mehr Spirituosenfreunden bewusst. Die heutigen Rums folgen dabei genau diesem Gedanken. (Zugesandte Testprodukte*)
Wer einmal an einem Rumseminar bzw. –tasting teilgenommen hat, der wird wissen, wie unterschiedlich die archetypischen Rumstile verschiedener Herkunftsländer ausfallen. Gerade im Herzen der Rumwelt, der Karibik, wartet jedes Land mit einem eigenen aromatischen Anspruch auf, der sich i.d.R. auch in bestimmten Produkten bestimmter Destillen wiederfinden lässt. Und um hier einen Zugang zur Bandbreite der Rums zu ermöglichen, bietet die Plantationreihe mit der „Vintage Edition“ eine speziell auf Terroircharakteristika abgestimmte Serie, mit deren Hilfe man die Geschmacksrichtungen typischer Rumnationen nachspüren kann. Allerdings mit einer gewissen „Einschränkung“: Wir haben es hier mit einer Serie des französischen Cognachauses Ferrand zu tun. Wer nun also erwartet, z.B. das „reine Terroir Jamaikas“ zu schmecken, der wird ein Stück weit enttäuscht, denn hier wird nicht einfach ein jamaikanischer Rum in Flaschen abgefüllt, sondern zunächst werden jamaikanische Rums nach einer ausgiebigen Fasslagerung nach Frankreich importiert und dort dann im Château de Bonbonnet abermals nachgereift (und zwar – wie könnte es anders sein – in Cognacfässern), bevor sie final vom Kellermeister Alexandre Gabriel vermählt und abgefüllt werden. Das muss man freilich natürlich nicht als Einschränkung ansehen, sondern man darf durchaus auch aus einem anderen Blickwinkel von einer geschmacklichen Bereicherung sprechen, die Ferrands expertiseträchtiges Verfahren dem Rum zugutekommen lässt. Im Grunde kann man also sagen, dass die Vintage Edition einen schönen Überblick über die Geschmacksrichtungen der klassischen Rumnationen bzw. Terroirs ermöglicht, dabei aber den typischen Plantation-Einschlag nicht vernachlässigt. Ja, man hat es dann mit einem typischen Jamaikaner, aber eben auch mit einem typischen Plantation zu tun. Für mich persönlich ist das eher ein Qualitätsversprechen, denn bisher hat mich die Plantationserie nicht enttäuscht.
Heute möchte ich exemplarisch zwei Flaschen aus der Reihe auf Herz und Nieren prüfen, zum einen die Jamaica-Abfüllung und ihr gegenüber die Trinidad-Abfüllung. Wie von einigen Plantation-Rums gewöhnt, fallen sofort die Flaschen durch die sehr schöne Strohbandummantelung auf, vor allem aber begeistern mich einmal mehr die Etiketten, die nur so vor Informationen strotzen. So erfahren wir alle erdenklichen Details über das Destillations- und Abfüllungsjahr, die Reifephasen, sogar über die Brennnblasen und die Fermentationsphase. Natürlich werden auch Tasting Notes als Verkostungshilfe mit angegeben.
Bevor ich nun aber näher auf die einzelnen Flaschen eingehe, sei vielleicht noch ein kurzer Exkurs über die Frage erlaubt, woher denn nun der Rum seinen spezifischen Geschmack erhält. Im Grunde kann man hier viele Einflüsse anführen, wovon einige allerdings ein wenig umstritten sind (wie man es auch vom Terroir beim Wein kennt), angefangen z.B. bei der grundlegenden Zuckerrohrsorte. Maßgeblich sind dann allerdings die produzierte Melasse und deren Zuckergehalt, vor allem aber der Prozess der Fermentation, wo entscheidende Grundakzente für das spätere Aromenprofil gesetzt werden (es macht also schon Sinn, von Terroir zu sprechen). Hier kommen spezielle Hefestämme zum Einsatz, die mitunter auch mal älter als hundert Jahre sind und von den Destillen z.T. wie ein Schatz gehütet werden. Während der Destillation verleihen die Brennblasen dem Destillat dann die nächsten aromatischen Charakterzüge, je nach Beschaffenheit der Brennblase, ob bspw. Potstill oder Säulendestillation, finden unterschiedliche, geschmacksgebende Stoffe ihren Weg in das Enddestillat. Aber auch Potstill ist nicht gleich Potstill und Säulendestillation ist nicht gleich Säulendestillation (viele kennen das vom Whisky). Dann folgt natürlich noch die Fassreifung, wo vor allem Dauer und Art der Fässer entscheidend sind und final die Vermählung durch den Blendmaster (oder hier: Kellermeister). Zur Fassreifung sei übrigens noch angemerkt, dass die Auswirkungen der Fassreife gemeinhin im karibischen Klima als deutlich stärker gelten als bspw. bei Scotch in schottischen Lagerhäusern. Insofern sind die Jahresangaben hier auch etwas anders zu bewerten.
Diese Beschreibung ist natürlich nur eine grobe Skizze, es ließe sich noch viel weiter ins Detail gehen, doch für den Hintergrund an dieser Stelle ist sie wohl ausreichend, wie ich hoffe.
Wie bereits beim Plantation „3 Stars“ angemerkt, sei auch hier noch einmal kurz erwähnt, dass Plantation relativ offen mit dem Thema des Süßens von Rums umgeht. So erklärt man geringe Zuckerzugaben zum fertigen Destillat vor dem Hintergrund der Tradition der „Dosage“, wie man sie aus der Champagnerproduktion kennt.
Plantation Vintage Edition Jamaica 2002
Der Plantation Vintage Edition Jamaica 2002 wurde, der Name verrät es, im Jahr 2002 auf Potstills destilliert (in welcher Destille wird nicht verraten) und ist eine Mischung aus jamaikanischen Rums der Klassen Plummer und Wedderburn (diese Klassen bezeichnen vor allem während der Kolonialzeit für den Export nach Europa bzw. Großbritannien bestimmte Rumqualitäten). Er durfte in Jamaika für 10 Jahre in ehemaligen Bourbonfässern reifen und anschließend im Château de Bonbonnet für weitere 3 Jahre in Cognacfässern. Mit Jamaika repräsentiert dieser Rum die besonders kräftigen und intensiv-aromatischen Rums in der Plantation Vintage Edition: Jamaikanische Rums sind oft sogenannte High-Ester Rums, deren Estergehalt deutlich höher als bei anderen Rums ausfällt. Ester sind eine Gruppe organischer Moleküle, die vor allem vollmundige und fruchtige Aromen mit sich bringen. Sie entstehen hauptsächlich während des Fermentationsprozesses. Zwar gibt es Rums mit deutlich stärker ausgeprägtem Estercharakter, doch auch der Plantation Vintage Edition Jamaica 2002 fällt in die Reihe der High-Ester Rums und vermittelt somit ein typisches Bild jamaikanischer Rums. Er wird mit 42% vol. abgefüllt und kostet um die 30 Euro.
Tasting Notes:
Aroma: Erwartungsgemäß kriegt man hier eine volle Aromenfracht geboten, durch die man sich erst einmal hindurcharbeiten muss. Man bemerkt jedenfalls sofort intensive und typische Rumaromen, selbst wer keinerlei Übung beim Verkosten von Spirituosen hat, dürfte hier ohne Probleme unmittelbar erkennen, was er im Glas hat: Intensive Vanille, exotische und getrocknete Früchte (Ananas, etwas Passionsfrucht, Rosinen), klar vernehmbare Fassaromen, Zimt, ein Hauch Nelke, brauner Zucker und etwas flüchtige Kokosnuss. Hier ist jede Menge drin.
Geschmack: Auch geschmacklich eine echte Granate mit reichlich Fruchtanklängen von Ananas, Bananen und Trockenpflaumen. Auch die Walnuss kann ich erkennen, finde aber auch hier wieder etwas Kokos. Dazu ein Potpourri an Gewürzen und Eiche. Der Rum wirkt dabei rund und Alkohol tritt niemals störend in Erscheinung.
Abgang: brauner Zucker, Eiche und Melasse, langanhaltend – Ein sehr zu empfehlender Rum für alle, die die volle Aromenfracht suchen!
Plantation Vintage Edition Trinidad 2003
Mit dem Plantation Vintage Edition Trinidad 2003 steht dem oben beschriebenen Jamaikaner quasi fast ein natürlicher Antipode gegenüber. Wie ich auch bereits im Artikel über den Plantation „3 Stars“ geschrieben habe, gelten Trinidadrums typischerweise als „die spanischsten unter den English Style Rums“, was einfach heißt, dass wir es hier mit einer eher leichten, floralen und blumigen Rumart zu tun haben. Gemeinhin brennen vor allem die ehemals unter spanischer Kolonialherrschaft geprägten Karibikstaaten ihren Rum auf Säulendestillationsanlagen, aber, wie das Beispiel Trinidad zeigt, nicht ohne Ausnahmen (ohnehin sind die Kategorisierungsversuche nach ehemaliger kolonialer Prägung nur Versuche, Ordnung ins Chaos der Rumwelt zu bringen). Wie uns das Etikett verrät, fällt hier bereits der Fermentationsprozess kürzer aus und der Rum wird anschließend auf Säulendestillationsanlagen gebrannt. Der anschließende Reifungsprozess fällt ebenfalls – wenn auch nur knapp – kürzer aus: 8 Jahre in ehemaligen Bourbonfässern, anschließend noch einmal 4 Jahre in Cognacfässern in Frankreich. Auch dieser Rum wird mit 42% vol. abgefüllt und kostet um die 30 Euro.
Tasting Notes:
Aroma: Im Vergleich deutlich leichter – ich habe zunächst eine längere Pause eingelegt, in der direkten Abfolge hätte ich sonst die Verkostungsreihenfolge umkehren müssen. Zitrustöne umschmeicheln sanft die Nase, wozu sich Vanille und Honig gesellen. Tatsächlich treten mit der Zeit weitere, helle Früchte in den Vordergrund. Subtil zeigen sich etwas Eiche und ein floraler Unterton.
Geschmack: Hier war ich sehr gespannt und tatsächlich trifft es die offizielle Beschreibung sehr gut – es ist wirklich eine Explosion von Zitrustönen und Birne. Dabei zeigen sich wieder blumig-florale Noten von Honig, die mit Nuss und feinen Gewürzen einhergehen (Muskatnuss, ein wenig Piment) – Paprika kann ich nicht finden.
Abgang: frisch, leichte Frucht und etwas Eiche – auch ein sehr gelungener Rum, wenn auch gänzlich anders als der Jamaikaner. Diesen hier würde ich z.B. an einem lauen Sommerabend auf der Terrasse genießen.
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.
*(Der Umstand, dass mir diese Produkte zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sind, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)
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