Die Marke Bulleit ist im Segment des Bourbon Whiskeys nicht unbedingt die älteste und traditionsreichste Marke. Zwar gibt es auch zahlreiche, weitaus jüngere Bourbonmarken, doch im Vergleich zu einigen alteingesessenen Schwergewichten ist die nach dem ehemaligen Rechtsanwalt Tom Bulleit benannte Whiskeymarke relativ jung: erst seit den 1990er Jahren existiert der Bulleit Kentucky Straight Bourbon. Die Abfüllung, die ich heute hier auf Herz und Nieren prüfen will, gibt es jedoch sogar erst seit 2017.
Zugegeben, so ganz stimmt das nicht: der 10-jährige Bulleit ist in den USA bereits seit 2013 erhältlich, doch der Weg nach Europa ist manchmal etwas länger und so ist er auch in Deutschland erst seit dem vergangenen Jahr zu kaufen. Wer sich mit Bourbon auskennt, der wird wissen, dass Standardabfüllungen nicht sehr häufig mit einer Altersangabe von zehn Jahren aufwarten. Noch dazu in einem preislich so attraktiven Bereich: Der Bulleit 10 Years Kentucky Straight Bourbon ist meist zwischen 30 und 40 Euro erhältlich. Definitiv ein klares Argument für diese Abfüllung. Der Bulleit 10 Years Kentucky Straight Bourbon wird in der MGP Distillery in Lawrenceburg, Kentucky gebrannt, welche vielen noch unter dem alten Namen Rossville Distillery bzw. Seagram’s Distillery bekannt sein dürfte. Doch wie machen sich die 10 Jahre Reifung in frischen amerikanischen Weißeichenfässern geschmacklich bemerkbar? Mit 45,6% vol. weist der Whiskey jedenfalls eine ansprechende Trinkstärke auf, die geschmacklich sicherlich das Zeug dazu hat, die ein oder andere Nuance hervor zu kitzeln, die andere Bourbons, deren Trinkstärke weiter herabgesetzt wurde, nicht mehr zeigen. Zudem verspricht ein Roggenanteil in der Maische von 28% durchaus eine würzige Aromenfracht. (Ich hatte das Glück, eine Edition der Bulleit 10-Flasche zu erwischen, bei der noch eine kleine Kostprobe des Bulleit Rye in einem kleinen Metallfläschchen um den Flaschenhals hängt.)
Tasting Notes:
Aroma: Tatsächlich bemerkt man sofort, dass man es mit einem würzigeren Bourbon zu tun hat. Zwar zeigt sich eine charakteristische Vanille und auch jede Menge Eiche durch die lange Lagerung, aber auch starke Gewürztöne (vor allem Zimt kommt durch) und Trockenfruchtaromen steigen unmittelbar in die Nase.
Geschmack: Hier kann mich der Bulleit 10 Jahre wirklich vollauf von sich überzeugen! Eine sehr schöne Süße transportiert Vanille, Honig und jede Menge Eiche, dann zeigen sich die Gewürznoten und tatsächlich ein klein wenig Rauch – ich hatte im Vorfeld mehrfach davon gehört, dass hier ein rauchiger Unterton mitschwingen soll, konnte mir dies aber kaum vorstellen. Er fällt allerdings sehr, sehr subtil aus, verleiht diesem Bourbon aber das gewisse Etwas. Für Freunde süßlich milder Bourbons ist der Bulleit vielleicht weniger zu empfehlen, wer aber die volle Aromen- und Geschmacksoffensive sucht, der wird hier definitiv fündig!
Abgang: Trockenfrüchte, Eiche und ein würziger Honig
Mit seinem Geschmacksprofil kam mir sofort der Gedanke, ihn in einem Boulevardier einzusetzen. Den Boulevardier hatte ich bisher hier im Blog auch noch nicht beschrieben und da er – nicht zuletzt aufgrund seiner Nähe zum Negroni – eigentlich zu meinen Lieblingscocktails gehört, ist es nun an der Zeit. Ich kann schon einmal verraten: Er passt ganz großartig, der Bulleit 10 Years ist definitiv eine Bereicherung des europäischen Bourbonmarktes.
Der Boulevardier wurde sehr wahrscheinlich 1927 vom amerikanischen Schriftsteller Erskine Gwynne erfunden, welcher selbst in Paris lebte und dort eine eigene Zeitschrift mit Namen „Boulevardier“ herausbrachte. Im Grunde entspricht er inhaltlich einem Negroni, außer dass der Gin eben durch Bourbon oder Rye Whiskey ersetzt wird. Hier existieren zudem verschiedene Rezeptvarianten, wovon viele – wie beim Negroni – von jeweils gleichen Anteilen der Zutaten sprechen. Persönlich favorisiere ich – anders als beim Negroni – hier eine Version mit einem höheren Bourbonanteil, weshalb ich eine solche auch im untenstehenden Rezept angebe. Klassisch wird der Drink im Tumbler selbst gebaut und kurz mit Eiswürfeln verrührt. Manchmal bereite ich ihn aber auch mit einer Eissphäre zu, was halt ein gewisses, elegantes Etwas mit einbringt. Ein großartiger Prohibitionsklassiker!
Rezept „Boulevardier“:
4 cl Bulleit 10 Years Kentucky Straight Bourbon Whiskey
2 cl Carpano Antica Formula
2 cl Campari
Zubereitung: Alle Zutaten ins mit Eiswürfeln gefüllte Glas geben und mit dem Öl einer Orangenzeste besprühen, dann kurz verrühren. Zeste anschließend entweder in den Drink geben oder entsorgen (ich habe sie entsorgt, da sie neben einer Eissphäre irgendwie keine gute Figur abgibt).
Glas: Tumbler
Garnitur: ggf. Orangenzeste
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.
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