Bib & Tucker Small Batch Bourbon Whiskey – Smoking Revolver

Wenn man an amerikanischen Whiskey denkt, denkt man wohl zuallererst an Bourbon – und dann kommt erst einmal eine Weile nichts. Den meisten fällt dann noch der Begriff Tennessee Whiskey ein, der vor allem durch Jack-Daniel’s bekannt wurde und seit 2013 gesetzlich auch mehr als nur ein Marketingbegriff ist, der dem Bourbon gegenübersteht. Und schließlich folgen noch der Canadian Whiskey, die wiederaufstrebenden Rye Whiskeys und dergleichen. Warum erzähle ich das? Nun, heute habe ich eine sehr ansehnliche Flasche vor mir stehen, die Gerüchten zufolge so etwas ist wie ein Tennessee-Bourbon-Hybrid. (zugesandtes Testprodukt)*

Zugegeben, um dies zu erklären, muss ich dann doch etwas ausholen. Denn im Grunde sind eigentlich alle Tennessee-Whiskeys solche „Hybride“. Das liegt schlicht daran, dass ein Tennessee Whiskey immer auch die Bedingungen erfüllt, ein Bourbon Whiskey zu sein, jedoch nicht umgekehrt. Denn seit 2013 schreibt das amerikanische Gesetz neben der naheliegenden Herstellung im Bundesstaat Tennessee für Tennessee-Whiskey auch den sogenannten Lincoln County Process vor. Dabei wird der Whiskey vor der Fassreifung durch Holzkohle aus Zuckerahorn gefiltert. So weit, so gut.

Betrachten wir aber die heutige Flasche, so haben wir es mit einem in Kentucky abgefüllten Bourbon zu tun. Da allerdings die Brennerei, aus der dieser Whiskey stammt, nicht verraten wird, bleibt hier nicht viel Anderes als sich aufs Hörensagen zu verlassen. Und eben jene Gerüchte besagen: Der Bib & Tucker Small Batch Bourbon – so sein Name – wird bei George Dickel in Tennessee gebrannt. Ob das nun wirklich stimmt, kann ich natürlich nicht auflösen, aber wenn dem so sein sollte, mutet es doch sehr interessant an, den Whiskey bewusst als Bourbon zu vermarkten und als Abfüllungsort Bardstown in Kentucky anzugeben. Das wäre somit also schon eine Besonderheit, besteht doch ein gewisses Konkurrenzverhältnis zwischen Tennessee Whiskey und Kentucky Straight Bourbon. Wobei es sich hier laut Deklaration gar nicht um einen Kentucky Straight Bourbon Whiskey handelt. Was wiederum den Gerüchten, er stamme von George Dickel aus Tennessee, Nahrung gibt, denn eine bloße Abfüllung in Kentucky reicht eben nicht aus, um ihn als Kentucky Straight Bourbon Whiskey zu vermarkten (dafür müsste er dort gebrannt und mindestens ein Jahr dort gelagert worden sein).

Kurzum: Ob dieser Whiskey nicht vielleicht doch vollständig aus Kentucky stammt (angesichts der Argumente unwahrscheinlich), oder doch ein Tennessee-Kentucky-Hybrid ist (eher wahrscheinlich), ob er obendrein von George Dickel stammt oder doch aus einer anderen Destille… all diese Dinge wissen wir nicht wirklich. Was wir aber wissen, ist das auf der Flasche angegebene Alter von mindestens 6 Jahren. Zudem erfahren wir vom Hersteller, dass er doppelt gebrannt wurde: zunächst auf einer Column Still, dann auf einer kupfernen Pot Still. Die Maische besteht zu stolzen 70% aus Mais, zu 26% aus Roggen und zu 4% aus Gerstenmalz. Abgefüllt wird mit vielversprechenden 46% vol.

Der Name Bib & Tucker ist wiederum ein Begriff, der während des 18. Und 19. Jahrhunderts ein Ausdruck für den besonders feinen Sonntagszwirn war, den man zu besonderen Anlässen getragen hat. Im Endeffekt ist er somit also bloß eine nette Geschichte, um dem Produkt einen Premiumanstrich zu verpassen. Die sehr schöne und wirklich gelungen gestaltete Flasche trägt ihr Übriges dazu bei.

Aber nun genug des Vorgeplänkels, kommen wir zur eigentlichen Verkostung.

Tasting Notes:

Aroma: Noten von Karamell, Vanille, subtilem Honig und Nüssen, dazu tatsächlich die auf dem Etikett angekündigten Kastanien. Eine leicht frische, kräutrige Note mischt sich ebenfalls ins Bild, Minze und etwas Thymian kann ich finden. Das Aromenprofil ist durchaus vielschichtig und ansprechend, bleibt insgesamt dabei allerdings relativ mild.

Geschmack: überraschend würzig und ausdrucksstark fällt der Bib & Tucker am Gaumen aus. Recht ausgeprägte Noten von Zimt und Kräutertönen (Minze, Koriander) verbinden sich mit Eichenholz, Vanille, einer schönen Orange und einem Hauch Zitronenschale. Mit der Zeit kristallisiert sich zudem etwas Zuckerwatte heraus, die den kraftvollen Antritt des Bourbon wieder etwas einfängt.

Abgang: auch hier finde ich wieder etwas Koriander, dazu bittere Noten von eichenholz, aber auch von Orangenschalen. Der Abgang ist relativ lang.

Ein wirklich schöner Bourbon, der mir sehr gut gefällt!

In Sachen Cocktail habe ich mich hier für einen Drink entschieden, der dem Bib & Tucker Small Batch Bourbon Whiskey genügend Platz zur Entfaltung lässt, aber trotzdem eine Menge hermacht. Und solch ein Drink ist der Revolver Cocktail von Jon Santer, welcher ihn Anfang der 2000er Jahre in San Francisco erfand. Diese Kombination aus Bourbon (Im Original ist es der Bulleit Bourbon), Kaffeelikör (meist Kahlúa) und Orange Bitters ist schlicht, aber sehr gelungen. Ein bisschen habe ich allerdings noch an dem Drink herumgebastelt und ihm gewissermaßen einen spanischen Touch mitgegeben:  Anstelle des Kahlúa fiel meine Wahl auf einen galicischen Abadía da Cova No.3 Licor Café de Galicia. Dann habe ich den Cocktail kurz mit Rauch aromatisiert (dazu habe ich Hickory-Holzchips über Nacht in Pedro Ximenez-Sherry eingelegt und dann mit einer Smoking Gun den Rauch unter einer Glasglocke zusammen mit dem Drink gesammelt).

Rezept „Smoking Revolver“ (angelehnt an Jon Santers Revolver Cocktail):

6 cl Bib & Tucker Small Batch Bourbon Whiskey
1,5 cl Abadía da Cova No.3 Licor Café de Galicia (im Notfall durch Kahlúa ersetzen)
2 Dashes Orange Bitters

Rauch von über Nacht in PX-Sherry eingelegtem Hickory Holz (s.o.)

Zubereitung: Alle flüssigen Zutaten in einem mit einem massiven Eisblock gefüllten Glas kurz verrühren. Schließlich den Drink unter eine Glasglocke stellen und für nicht mehr (!) als 5 Sekunden räuchern.

Glas: Tumbler

Garnitur: keine

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online, z.B. bei Conalco.

*Die Flasche für dieses Review wurde mir von der Conalco Spirituosen UG zur Verfügung gestellt. Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet jedoch nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.

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