Isle of Harris Gin

Als Spirituosen- und Barblogger hat man natürlich tagein tagaus mit verschiedensten Flaschen zu tun. Von diesen Flaschen fallen einem einige mehr auf, andere weniger. Meist erkennt man, dass sich die Macher einer bestimmten Spirituose etwas beim Design gedacht haben und oft schaffen sie es so auch, das ganz besondere Flair ihres Produkts herüberzubringen. Gelegentlich erwähne ich auch lobend mir besonders gut gefallende Designs. Doch die Flasche, um die es heute geht, sticht für mich sogar noch aus den besonders lobenswerten Flaschen heraus. Sie ist für mich wirklich ein designtechnisches Meisterwerk. Das sehe ich allerdings nicht als einziger so. (zugesandtes Testprodukt*)

Denn der Isle of Harris Gin, von dem ich hier spreche, wurde neben dem Harpers Design Award 2016 auch mit dem deutschen Verpackungspreis ausgezeichnet (und hat auch andere Auszeichnungen gewonnen, die ich hier nicht alle aufzählen werde). Das mag für manch einen Spirituosenpragmatiker alles völlig belanglos sein, denn natürlich zählt letztlich das Innere einer Flasche, für mich ist es aber definitiv ein sehr gelungener Auftakt. Der Farbverlauf des Flaschenglases vom aquamarinfarbenen Boden bis hin zum transparenten Flaschenhals gefällt mir wirklich ausgesprochen gut. Der wellenförmige Schliff, der den gesamten Flaschenkorpus überzieht, erzeugt bereits beim ersten Hinsehen ein maritimes Flair und das schlichte, aber schöne Etikett aus Naturpapier mit feinen Farbsprenkeln weist unmissverständlich auf ein hochwertiges Produkt hin. Und es passt sehr gut zum Hintergrund des Isle of Harris Gin.

Der Isle of Harris Gin stammt – man mag es kaum glauben – von der Isle of Harris. Wem diese Insel (wie mir zunächst) jetzt auf Anhieb nichts sagt, dem sei gesagt, dass es sich dabei um eine Insel der Äußeren Hebriden handelt. Genau genommen um den Südteil der Insel Lewis und Harris, die – man höre und staune – die größte schottische Insel darstellt. Die getrennt von Lewis wahrgenommene Isle of Harris hat derzeit lediglich 1916 Einwohner (letzte Zählung aus dem Jahr 2015) und ist in vielerlei Hinsicht ein abgeschiedener Ort. Hier errichtete man im Jahr 2015 unter dem Namen Isle of Harris Distillers Ltd. eine neue Destillerie, die man als „Social Distillery“ versteht, um der ökonomischen und auch touristischen Abgeschiedenheit der Insel ein wenig auf die Sprünge zu helfen – und das Ganze mit nachhaltigem Blick auf die natürlichen Ressourcen. Wer nun bei einer Destille auf einer schottischen Insel sofort an Whisky denkt, der liegt auch hier goldrichtig, denn die Isle of Harris Distillery ist angetreten, um im umkämpften Scotch Whisky-Markt mitzumischen (er wird „The Hearach“ heißen). Allerdings ist das bei Whisky ja so einer Sache, denn unter 3 Jahren darf man ihn nicht als solchen verkaufen. Und weil man hier nicht irgendwelche Kompromisse in Form von New Makes, „Young Malts“ oder dergleichen eingehen, trotzdem aber bereits eine Einnahmequelle haben möchte, ist man ins Gingeschäft eingestiegen. Wie lukrativ und erfolgreich das sein kann, haben nicht zuletzt Bruichladdich mit ihrem The Botanist-Gin bewiesen.

Natürlich hat auch der Isle of Harris-Gin ein besonderes Botanical aufzuweisen und zwar den „Sugar Kelp“, also Zuckertang. Neben Wacholder, Koriander, Angelikawurzel, Veilchenwurzel, Kubeben Pfeffer, Bitterorangenschale, Süßholzwurzel und Zimt bildet er das Herzstück dieses Wacholderdestillats. Der Zuckertang wird eigenhändig von dem extra damit betrauten Taucher Lewis Mackenzie vor der Küste der Isle of Harris geerntet und schließlich als Teil der Botanicalliste zum Mazerieren in Alkohol eingelegt. Als Besonderheit gibt man an, dass die „Heads“ und „Tails“ der Destillation, also Vor- und Nachlauf, komplett abgetrennt und nicht wieder für neue Destillationen verwendet werden. Dadurch benötigt man natürlich letztlich mehr Basisalkohol, denn es geht mehr Flüssigkeit verloren. Er wird mit 45% vol. abgefüllt. Eine Flasche (0,7l) kostet ca. 45€.

Lohnt sich der Aufwand? Und wie schmeckt ein Gin mit der Zugabe von Zuckertang? Zeit, es herauszufinden!

Tasting Notes:

Aroma: Endlich habe ich mal wieder einen Gin mit zunächst klassischem Aromenbild im Glas: Der Wacholder spielt hier definitiv die Hauptrolle, stellt aber keine eindimensionale Wacholderattacke dar. Er wird begleitet von einer auffälligen und würzigen Süßholznote, die mir ganz wunderbar gefällt. Orangenschalen und Koriander geben ein wenig Frische ab, auch Zitronentöne sind darunter. Vegetabile Noten, ein klein wenig Pfeffer und tatsächlich eine schwer definierbare, maritime Note sind mit von der Partie. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde: „Das ist eindeutig der Zuckertang!“, denn dazu fehlt mir die Erfahrung mit diesem Botanical. Auch ist dieser Einschlag nicht vergleichbar mit den maritimen Noten eines rauen Küsten- bzw. Inselwhiskys, aber sie sind da: Nuancen von Salz, und vielleicht wirklich etwas Seetang. Der Isle of Harris Gin bietet ein fantastisches und vielschichtiges Aroma, ohne dabei seine Wurzeln zu vergessen.

Geschmack: Am Gaumen ist der Isle of Harris Gin ungemein geschmacksintensiv und würzig. Fast schon überraschend intensiv. Auch hier zeigt sich Wacholder und Süßholz sowie ein wenig Harz. Die Zitrustöne kommen ebenfalls mit der Zeit zum Vorschein. Als pfeffrig empfinde ich ihn nicht, eher bin ich erstaunt, wie weich die 45% vol. daherkommen. Schmecke ich den Zuckertang? Tja, schwer zu sagen. Das Geschmacksbild greift auch noch einmal die maritime Note aus der Nase auf, aber auch hier ist sie für mich zu komplex und fein, um sie pauschal benennen zu können.

Abgang: sehr lang anhaltend, würzig mit Tönen von Moos. Das ist ein ganz hervorragender Gin, einer der besten, die ich seit langem verkostet habe!

Der Hersteller empfiehlt als Begleiter in einem Gin & Tonic das schottische Walter Gregor’s Tonic Water. Leider hatte ich darauf keinen Zugriff darauf, doch auch ein klassisches Tonic funktioniert hier zweifelsohne. Ich wollte einmal etwas anderes wagen und diesen klassischen, aber zugleich innovativen Gin mit einem betont kräutrigen Fentimans Herbal Tonic kombinieren. Mir hat das sehr gut gefallen! Es ist aber sicherlich nicht jedermanns Sache, insofern würde ich im Zweifel zu einem klassischen Tonic greifen.

Bezusgquellen: In Deutschland ist der Isle of Harris Gin momentan nur über Webseite der Distillery selbst zu beziehen.

*(Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)

4 thoughts on “Isle of Harris Gin

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