Über Calvados aus dem Hause Coquerel hatte ich erst kürzlich einige Zeilen aufs virtuelle Papier gebracht und im Zuge dieses Artikels auch den Calvados Coquerel VSOP sowie den Calvados Coquerel XO verkostet. Natürlich habe ich auch mit dem Princess Pride und einem leicht aufgewerteten Calvados Sour zwei Cocktails beschrieben, die wirklich eine hervorragende Möglichkeit darstellen, Calvados in einem Cocktail zu genießen. Heute geht es einmal mehr um Calvados aus dem Maison Coquerel, allerdings um drei Sonderabfüllungen mit jeweils sehr interessanten Profilen. (zugesandte Testprodukte)*
Für Hintergrundinformationen zum Hersteller verweise ich an dieser Stelle schlicht auf den oben verlinkten Artikel. Deshalb will ich auch sofort gewissermaßen in medias res gehen und die drei limitierten Flaschen einmal genauer unter die Lupe nehmen. Da wären also der Calvados Coquerel Bourbon Finish, der Calvados Coquerel Pommeau Finish und der Calvados Coquerel Triple Cask. Beginnen möchte ich heute mit dem Calvados Coquerel Bourbon Finish. Dabei handelt es sich um einen Blend aus verschiedenen Calvados, welche auf kupfernen Pot Stills gebrannt wurden, anschließend zwischen vier und sieben Jahren in Eichenholz-Fässern lagerten und schließlich für 14 Monate in ehemaligen Bourbon-Fässern gefinisht wurden. Mit 41% vol. kommen sie schließlich in die formschöne, schwere Glasflasche, die ein ebenfalls sehr gelungenes Etikett ziert, auf dem wir die Zeichnung eines Apfelbaums sehen, dessen Krone Früchte trägt und dessen Wurzeln ein Lager von Calvadosfässern umschließt. Neben Informationen zur Flaschennummer und Charge erfahren wir dort auch das Mindestalter der enthaltenen Calvados.
Tasting Notes Calvados Coquerel Bourbon Finish:
Aroma: Süße, reife Äpfel betören mit frisch-fruchtigen Noten, direkt dahinter kommt die erwartete Vanille, diese ist allerdings sehr fein und sanft, fast wie in einem mit Gewürzen gekochten Apfelkompott. Überhaupt: „Apfelkompott mit Vanille, leichten Nelkenanklängen, einem Hauch Zitronenschale und etwas Honig“ beschreibt das Aroma dieses Calvados sehr gut. Eichennoten halten sich sehr zurück und fallen bestenfalls dezent im Hintergrund auf – und das auch erst nach einer Weile.
Geschmack: Ich bleibe dabei: Apfelkompott auch am Gaumen! Wieder sehr schöne Gewürze und ein reifer, süßer Apfel mit Vanille, Honig und auch etwas Vollmilchschokolade. Die Nelken kommen hindurch, auch finde ich wieder eine Nuance Zitrusfrucht und auch etwas trockene Eiche. Gefällt mir gut!
Abgang: überraschend trocken mit Gewürzen, Nüssen und feiner Vanille, mittellang
Die zweite Flasche ist der Calvados Coquerel Pommeau Finish. Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen Blend von Pot Still-gebrannten Calvados mit einem Mindestalter von 7 Jahren (wie auf dem Etikett auch direkt ausgewiesen wird). Das Besondere ist nun hier das Finish in Pommeau-Fässern. Was aber ist überhaupt ein Pommeau-Fass? Pommeau ist ein Aperitif beziehungsweise Digestif aus der Normandie, so erfährt man es bereits in der Wikipedia. Er zählt im Grunde zu den Likörweinen und wird durch das Verschneiden von Calvados mit unfermentiertem Apfelsaft gewonnen. Nach dem Verschnitt lässt man Pommeau für etwa 30 Monate in Eichenfässern reifen. Und wenn diese Fässer nun geleert werden, erhält man ehemalige Pommeau-Fässer. Neben der normannischen Variante (Pommeau de Normandie), darf er auch in Maine (Pommeau du Maine) und der Bretagne (Pommeau de Bretagne) hergestellt werden. So weit, so gut! Wie aber schlägt sich ein Finish in solchen Fässern im Geschmack nieder? Folgende Notizen habe ich mir während der Verkostung des mit 40% vol. abgefüllten Calvados gemacht:
Tasting Notes Calvados Coquerel Pommeau Finish:
Aroma: Oh ja, im Vergleich zur im Bourbonfass gefinishten Variante ist das wirklich etwas ganz Anderes: Natürlich ist auch hier eine satte Apfelnase der erste Eindruck, aber diese fällt viel voluminöser und weniger filigran aus. Vor allem bringt er eine schöne, konzentrierte Säure mit nach vorn, die sich dann mit Gewürzen (Nelken, etwas Piment) und Noten von Rotwein verbindet. Mit der Zeit weicht die Säure dann auch wieder einer Honigsüße, die aber eher an dunklen Waldhonig denken lässt. Die Vanilletöne der Bourbonfassvariante sind weit in den Hintergrund getreten, ein leichtes Plus an Eichenholz ist dabei zu verzeichnen.
Geschmack: Apfelmost und weinige Noten machen hier den Auftakt: Kräftig gewürzter Bratapfel (Piment, weißer Pfeffer, Nelke), dunkle Trauben und Eichenholz sind mit von der Partie. Die Süße fällt deutlich dezenter und zurückhaltender aus als bei der Bourbonfass-Variante, überhaupt muss ich irgendwie bisweilen an die Unterschiede von bourbon- und sherryfassgereiften Whiskys denken, auch wenn das hier wirklich nur bloße Assoziationen sind, denn natürlich hat man es hier mit etwas Anderem zu tun. Dennoch: die typische Noten von dunklen Früchten und eine etwas stärker ausgeprägte Bittere verschafft sich hier ihren Raum. Und das erinnert dann eben doch an typische Charakteristika von europäischen Eichenfässern.
Abgang: dunkle Beeren, Eichenholz, trocken und mittellang
Und zu guter Letzt wäre da noch der Calvados Coquerel Triple Cask. Für diese sehr spannende und im Alter gehobene Abfüllung wurden aus über 20 verschiedenen Eichenholz-Fässern mit 15 bis 20 Jahre altem Calvados insgesamt 900 Liter ausgewählt, welche schließlich für ein weiteres, halbes Jahr in ehemaligen Armagnac- und Cognac-Fässern reifen durfen. Calvadosfässer, Armagnacfässer und Cognacfässer, daher also der Name „Triple Cask“. Mit 42% vol. kommt der Calvados Coquerel Triple Cask schließlich in die Flasche. Und hier bin ich natürlich ganz besonders gespannt!
Tasting Notes Calvados Coquerel Triple Cask:
Aroma: Das fortgeschrittene Alter merkt man dieser Abfüllung sofort an. Die Apfelnoten sind symbiotisch mit Gewürzkomponenten und typischem Fasscharakter verschwommen, der Gesamteindruck ist dabei vielschichtiger, komplexer. Piment, ein Hauch schwarzer Kardamom, leichte Assoziationen von Minze und Menthol, weißer Pfeffer, Nelken und Zimt sind zugegen. Dazu kommen noch holzige, reife Noten und Anklänge von Kuchenteig. Ein sehr feiner, aber wahrnehmbarer Rauch rundet das Gesamtbild gekonnt ab. Das ist wirklich toll – und ich bin mir darüber hinaus sicher, dass in einer Blindverkostung bei weitem nicht jeder hier auf einen Calvados tippen würde!
Geschmack: Auch am Gaumen ist das hier eine vielschichte, gewürzlastige und sehr überzeugende Spirituose! Wieder finde ich Piment, ein wenig frisch gemahlenen Pfeffer, Kardamom und Nuancen von Zimt. Dahinter eine süßliche, an Gebäck erinnernde Note, die ein schönes, sattes Apfelpotpourri trägt und einen Hauch von Birnen und reifen Aprikosen anklingen lässt. Alles in allem sehr ausgewogen, schön ausbalanciert, von den 42% vol. sehr sanft getragen und wirklich wunderbar komplex.
Abgang: würzig, fruchtig mit Eichennoten, lang
Die Drinks, für die ich mich heute entschieden habe, sind im Grund von recht schlichter, aber durchaus sehr überzeugender Natur. Zum einen habe ich den Calvados Coquerel Bourbon Finish mit dem Calvados Coquerel Triple Cask zusammen in einem Drink eingesetzt, den ich „Big Apple“ genannt habe. Zwar finden sich zahllose Drinks dieses Namens (z.T. sehr schaurige), aber ich fand den Namen einfach zu verlockend angesichts des Umstandes, dass es sich um einen Twist eines New York Sours mit Calvados aus Apfelbrand handelt. Beide Calvados funktionieren hier wirklich schön zusammen, denn die vanillige Süße des Bourbon Finish und die voluminösen Eichen- und Gewürztöne des Triple Cask erzeugen ein Gesamtbild, das sich so nicht einfach mit einem anderen Calvados erzeugen ließe.
Rezept „Big Apple“:
3,5 cl Calvados Coquerel Triple Cask
2,5 cl Calvados Coquerel Bourbon Finish
3 cl Zitronensaft
2 cl Zuckersirup
1 Eiweiß
2 Barlöffel trockener Rotwein
Zubereitung: Alle Zutaten bis auf den Rotwein in einen Shaker geben und ohne Eise einem Dry Shake unterziehen (alternativ mit einem Milchaufschäumer aufschlagen). Schließlich erneut mit Eis schütteln und ins vorgekühlte Glas abseihen. Den Rotwein über die Rückseite des Barlöffels über den Drink geben und somit floaten.
Glas: Tumbler oder Sour
Garnitur: keine
Zum anderen wäre da ein wirklich hervorragender Drink aus der New Yorker PDT Bar, welcher im Jahr 2007 von Jim Meehan erfunden wurde: der Newark Cocktail. Er besteht aus einer sehr spannenden Zutatenkombination von Calvados, rotem Wermut, Fernet Branca und Maraschino. Und hier finde ich insbesondere die weinigen Noten des Calvados Coquerel Pommeau Finish basolut fantastisch! Ein hervorragender Drink, der seinesgleichen sucht!
Rezept „Newark Cocktail“ (nach Jim Meehan, PDT, 2007):
6 cl Calvados Coquerel Pommeau Finish
3 cl roter, italienischer Wermut
0,75 cl Fernet Branca
0,75 cl Luxardo Maraschino
Zubereitung: Alle Zutaten im Rührglas auf Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen.
Glas: Coupette
Garnitur: keine
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online