Im Vorfeld meines heutigen Beitrags war ich sehr gespannt. Ein zigarrerauchender Freund von mir, den ich in letzter Zeit leider nur sehr selten sehe, hatte mir bereits früher immer passioniert von der geschmacklichen Untermalung einer Zigarre mit einem guten Rum vorgeschwärmt (wahlweise auch von der geschmacklichen Untermalung eines guten Rums mit einer Zigarre). Allerdings bin ich selbst seit mehr als zehn Jahren Nichtraucher und werde dafür auch nicht für eine Zigarre eine Ausnahme machen, so dass es hier nur beim theoretischen Interesse bleibt. Dass Rum und Zigarren (oder auch Whisky und Zigarren) aber eine große Fan-Basis besitzen, ist mir wohl bewusst. (zugesandtes Testprodukt)*
Neulich unterhielt ich mich jedenfalls wieder einmal mit besagtem Freund und als ich wissen wollte, was denn derzeit einer seiner Favoriten unter den „Zigarrenrums“ ist, da lautete die Antwort „Der 12 Jahre alte Kirk and Sweeney“. Kirk & Sweeney ist der Name eines Rums, welcher von einem kalifornischen Unternehmen hergestellt und vertrieben wird. Der Rum selbst ist dabei aber kein kalifornischer Rum, sondern ein Rum aus der Dominikanischen Republik. Die wirklich äußerlich sehr auffällige, schwere und bauchige Flasche, deren Design mehr wirklich ausgesprochen gut gefällt, informiert darüber, dass der Name Kirk and Sweeney wohl einem alten Rum-Schoner entlehnt sein soll. Die Flasche hält sich darüber hinaus mit wirklich verwertbaren Informationen arg zurück. Altersangaben sind bei dominikanischen Rums leider ebenfalls mit Vorsicht zu genießen. Wie dem auch sei, bevor ich die Verkostung durchführte, war ich doch wirklich sehr neugierig, wie der Kirk and Sweeney mir wohl ohne eine Zigarre gefallen würde. Abgefüllt wird dieser Rum mit 40% vol.
Tasting Notes:
Aroma: Oha! Die ersten paar Sekunden bestätigen leider meine Befürchtungen. Ich rieche vor allem süße Karamell-, Orangen- und Vanillenoten, die allerdings nicht besonders vielschichtig daherkommen, sondern eher intensiv und überlagernd auftreten. Überlagernd deshalb, weil es schwer ist, dahinter Gewürze und Fassnoten zu vernehmen, oder Rückschlüsse über die Qualität des Brandes zu ziehen (ein Schelm, wer hier an Absicht denkt). Die Nase des Kirk and Sweeney ist die eines notorischen „Süßrums“, wie man sie auch von einem Don Papa, einem Pyrat, einem El Dorado oder ähnlichen Rums kennt. Bei meinem ersten wirklichen Kontakt mit Rum fehlte mir noch die Erfahrung, um dies einzuordnen zu können und als Einsteiger mag man hier sicherlich Gefallen finden. Verglichen mit handwerklich unverfälschten, guten Rums ist das hier aber schon ein gewaltiger Kontrast.
Geschmack: Tatsächlich, hier wurde (sehr wahrscheinlich) nachgeholfen, ganz eindeutig. Die Süße ist pappig und omnipräsent und viel stärker als dass sie einzig aus der Fasslagerung stammen könnte. Meine Recherche hat ergeben, dass Zuckermessungen hier nur eine sehr geringe Menge ergeben haben, die auch unter Messungenauigkeiten fallen könnte. Das wiederum lässt natürlich die noch bedenklichere Vermutung zu, dass hier mit anderen Mitteln (mit anderen Dichteeigenschaften) nachgebessert wurde, bspw. Glycerin oder Vanillin. Neben Vanille, Karamell und Orangennoten finde ich hier ein wenig Gewürz und Eichenholz, ja, aber es bleibt sehr schwach ausgeprägt. Tatsächlich fehlt dem Kirk and Sweeney 12 Year eindeutig der Körper und er ist somit wenig vielschichtig, eindimensional und v.a. eben süß. Ein alkoholisches Brennen ist kaum spürbar.
Abgang: kurz mit Vanille und feinen Gewürzen
Inwiefern wir es hier nach der bald greifenden, neuen EU-Verordnung noch mit einem Rum zu tun haben, müssen andere entscheiden. Ich wäre da jedenfalls skeptisch (falls es jemals zu einer wirklich verlässlichen Überprüfung der Inhaltsstoffe kommen sollte). Und was macht man mit einem heftig nachgesüßten Rum? Genau: salzen! Wer jetzt denkt, ich spinne, den kann ich beruhigen: ich meine das tatsächlich ernst. In letzter Zeit habe ich persönlich großen Gefallen an Drinks gefunden, die mit einer Prise Salz eine erstaunliche Tiefe und Balance erfahren – wer hier an zahlreichen Inspirationen interessiert ist, dem kann ich das Cocktailbüchlein beta cocktails von Kirk Estopinal und Maksym Pazuniak nur wärmstens ans Herz legen. Kirk Estopinal stellt darin einen Drink vor mit dem schönen Namen „Halfway to a Three Ways to Lose your Lover“. In diesem Drink verwendet Estopinal zwar einen 12 Jahre alten El Dorado, aber der Kirk and Sweeney 12 Year funktioniert hier wirklich genauso gut. Anstelle von Marie Brizard Orange Curacao (den ich schlicht nicht griffbereit hatte), habe ich einen Shrubb J.M Liqueur d’Orange verwendet. Funktioniert ebenfalls hervorragend!
Rezept „Halfway to a Three Ways to Lose your Lover“ (minimal veränderte Version):
4,5 cl Kirk and Sweeney 12 Year
2,25 cl Carpano Antica Formula
1,5 cl Shrubb J.M Liqueur d’Orange
2 Dashes Bittermens Mole Bitters (alternative andere Chocolate Bitters)
eine kleine Prise Salz
Zubereitung: Alle Zutaten auf Eis kalt rühren, bis sich das Salz im Drink aufgelöst hat. Schließlich ins vorgekühlte Glas abseihen und mit dem Öl einer Orangenzeste besprühen.
Glas: Coupette
Garnitur: Orangenzeste (oder optional keine)
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online, z.B. bei Conalco.
*Die Flasche für dieses Review wurde mir von der Conalco Spirituosen UG zur Verfügung gestellt. Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet jedoch nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.