Falernum war lange Zeit – zumindest in Deutschland – eine exotische Zutat, die nur wenige kannten, die schwer zu kriegen war und um die viele einen Bogen gemacht haben. Neben dem Velvet Falernum gab es über viele Jahre im Grunde keine großen Alternativen, wenn man nicht selbst aus Rum, Zucker und Gewürzen ein Falernum herstellen wollte. Letzteres kann sich zwar definitiv richtig lohnen, ist aber eben mit einer ganzen Menge Aufwand und u.U. auch mit einigen Fehlschlägen verbunden. Schön, dass sich die Marktsituation inzwischen verändert hat. (zugesandtes Testprodukt)*
Erst kürzlich habe ich hier im Blog mit dem Revolte Falernum ein neues, schönes, und sehr ingwer-würziges Falernum vorgestellt. Heute möchte ich ein weiteres, sehr vielversprechendes Falernum unter die Lupe nehmen und geschmacklich auf Herz und Nieren prüfen: Das „The Amber Falernum“ aus dem Hause Heinr. von Have. Heinr. Von Have ist eine traditionsreiche Hamburger Weinkellerei, die u.a. auch Spirituosen und Liköre produziert. Unter dem Namen „The Amber Falernum – Spiced Rum Infusion“ will man nun auch ein Ausrufungszeichen in Richtung Bar setzen und die Angebotsbandbreite des klassischen, karibischen Würzlikörs bzw. –sirups erweitern. Für dieses Falernum wurde fassgereifter, karibischer Rum (mehr Hintergrundinformationen gibt es hier seitens des Herstellers nicht) mit Zucker und Gewürzen versetzt. Auf der ansprechend gestalteten Flasche sind diese Gewürze auch abgebildet: Limetten, Ingwer, Zimt, Piment und Nelken.
Und auch wenn ein Falernum eher selten pur getrunken wird, so möchte ich hier natürlich trotzdem Genaueres wissen.
Tasting Notes:
Aroma: In Der Nase sind zunächst vor allem Limette, Ingwer und Zimt dominant, mit der Zeit kommen auch Nelke und Piment hindurch, so dass hier kein Zweifel an der Authentizität der Inhaltsangabe besteht. Der Duft ist aromatisch, für ein Falernum sehr weihnachtlich (ein bisschen in diese Richtung gehen sie zwar alle, dieses hier aber noch etwas mehr) und auf der frisch-würzigen Seite angesiedelt. Die Rumbasis bleibt hintergründig und subtil.
Geschmack: Geschmacklich fällt das Amber Falernum nicht so süß aus, wie ich erwartet hatte, dafür würzig und mit einer feinen und schönen Schärfe des Ingwers. Die verwendeten Früchte und Gewürze sind auch hier allesamt zu finden, ein wenig fehlt es dem Amber Falernum in der Purverkostung an Vollmundigkeit und Tiefgang, aber im Endeffekt ist für mich hier der Einsatz in einem Cocktail relevant und da hat es mich voll und ganz überzeugt (s.u.)
Abgang: Würzig, süßlich, mittellang
Für den Einsatz in einem Cocktail habe ich mich heute für ein echtes Schwergewicht der karibischen Drinkkultur entschieden: den Corn ‘n‘ Oil. Der Corn ‘n‘ Oil ist ein klassischer Cocktail von der Insel Barbados, dessen exakte historische Wurzeln im Dunkeln liegen. Die Kombination von Rum und Limette ist in so vielen verschiedenen Cocktails des karibischen Raums zu finden, dass es hier schlicht unmöglich ist, eine historisch verlässliche Genealogie zu erstellen. Es ist vor allem das Falernum, was den Corn ‘n‘ Oil im Wesentlichen (neben der Art des Rums) von einem Daiquiri bzw. einem Rum Sour unterscheidet (auch Einflüsse des Ti Punch sind erkennbar). Fragt man nun Wikipedia, so findet man lediglich einen englischsprachigen Artikel, der die Verwendung von „Blackstrap Rum“ für diesen Drink anführt. Blackstrap Rum ist leider nicht ganz einfach einzugrenzen. Wenn man sich sehr eng am Wort Blackstrap orientiert, so findet man lediglich den Cruzan Black Strap Rum, welcher allerdings nicht aus Barbados, sondern von St. Croix, einer der Virgin Islands, stammt. Auf Barbados selbst ist ein Rum unter diesem Namen nicht zu finden. Dass aber ein Cocktail, der mit einer bestimmten Nation (dem Namen oder dem Entstehungskontext nach) assoziiert wird, nicht unbedingt immer auch den heimischen Rum verwendet, zeigt z.B. der Royal Bermuda Yacht Club. Insofern hilft es, sich zu fragen, welche Rolle der Blackstrap Rum im Cocktail spielt.
Vor diesem Hintergrund sind zwei Dinge wichtig: Der Geschmack sollte sehr starke und intensive Melassetöne aufweisen. Blackstrap ist eine besonders schwere und intensive, dreifach gekochte Melasse, die sehr dunkle und kraftvolle Aromen aufweist. Entsprechend sollte also auch der Rum ausfallen. Ob man nun also z.B. den Cruzan Black Strap Rum, Gosling’s Black Seal oder ganz schlicht einen jamaikanischen Myers’s (oder noch andere) wählt, bleibt jedem selbst überlassen. Ich hege eine sehr innige Verbundenheit zum Myers’s Rum, weshalb ich diesen auch sehr gerne im Corn ‘n‘ Oil verwende.
Der zweite wichtige Aspekt ist die Farbe. Und hier finden wir uns bei den spezifischen Anforderungen des Corn ‘n‘ Oil-Cocktails wieder: Der Cocktail heißt nicht einfach aus Zufall Corn ‘n‘ Oil (Mais und Öl), sondern ist wohl vor allem aufgrund seines optischen Erscheinungsbildes so genannt worden. Eine „maislich“-gelbe Färbung wird von einem dunklen, öligen Float gekrönt – so sieht der idealtypische Corn ‘n‘ Oil aus. Deshalb – und um die bajanische Herkunft des Drinks zu ehren – verwende ich den „Blackstrap Rum“ lediglich als Float und nicht als eigentliche Basis des Drinks. Hier kommt dann der Mount Gay XO ins Spiel, der wirklich ganz hervorragend mit dem Amber Falernum harmoniert (und nebenbei zudem eine schöne Farbe erzeugt, die dem Corn ‘n‘ Oil mehr als gerecht wird). Manch einer mag den Kopf schütteln, wie man einen hochwertigen Rum wie den Mount Gay XO mit einem eher günstigen Rum wie dem Myers’s in ein und demselben Drink kombinieren kann, aber hier kann ich nur entgegenhalten, es auszuprobieren. Ich bin vom Ergebnis absolut überzeugt!
Rezept „Corn ‘n‘ Oil (My Way)“:
4,5 cl Mount Gay XO Barbados Rum
1 cl Myers’s Original Dark Rum
4 cl The Amber Falernum Spiced Rum Infusion
1,5 cl Limettensaft
2 Dashes Angostura Bitters
Zubereitung: Der Cocktail wird im Glas gebaut. Dazu Glas mit gestoßenem Eis füllen, Mount Gay XO, Limettensaft und Falernum zugeben und kalt rühren. Ggf. weiteres gestoßenes Eis zugeben und schließlich mit Myers’s Rum floaten und Angostura Bitters obenauf geben.
Glas: Tumbler
Garnitur: Limettenviertel
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online. Das Amber Falernum wird mit 17% vol. abgefüllt und kostet ca. 25 Euro.
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.
Pingback: Pure Spirits: Prototyp 2.0 London Dry Gin & Thomas Henry Coffee Tonic | Galumbi
Pingback: Aku-Aku Gold Cup | Galumbi