Das neue Jahr 2017 möchte ich nun auch hier im Blog einläuten und das mit einem Artikel über ein besonderes Produkt, welches zudem für seine Gattung hier eine Premiere feiert: Mit dem Pierre Ferrand Cognac 1840 Original Formula stelle ich erstmalig einen Cognac vor. Cognac genießt heutzutage einen zwiespältigen Ruf. Für die einen ist er eine ein wenig angestaubte Spirituose vergangener Tage, für andere eine nach wie vor geschätzte, fassgereifte Spirituose für die stillen Momente am Kamin und für wieder andere ein hochpreisiges Prestigeobjekt aus durchdesignten Flaschen, die denen der Parfümindustrie Konkurrenz machen können. (Zugesandtes Testprodukt*)
Zur letzteren Kategorie zählt der 1840 Original Formula auf jeden Fall schon einmal nicht. Vielmehr hat er unmittelbar mit dem Schwerpunkt meines Blogs zu tun: Cocktails. Doch bevor ich nun näher darauf eingehe, sei vielleicht doch noch kurz erwähnt, was Cognac denn eigentlich ist. Gerade hier im Ruhrgebiet wird umgangssprachlich gerne jede Form von Weinbrand als „Cognac“ bezeichnet. Doch das ist natürlich nicht zutreffend. Ohne jetzt differenziert auf sämtliche Feinheiten der Cognacproduktion eingehen zu wollen (dafür wäre ein einzelner Blogartikel auch ein klein wenig zu ambitioniert), sei zunächst einmal herausgestellt, dass es sich bei Cognac – wie auch bei Whisky – um eine fassgelagerte Spirituose handelt. Diese wird jedoch nicht aus gemälzter Gerste gebrannt, sondern aus französischen Weißweinen aus der Umgebung der Stadt Cognac (es gibt 6 nummerisch geordnete Regionen, „Crus“, in denen Cognac hergestellt wird). Es handelt sich also um eine geographisch stark eingegrenzte, ursprungsgeschützte Spirituose. Wie bei zahlreichen anderen Spirituosengattungen auch, ist auch beim Cognac die Dauer der Fasslagerung maßgeblich für die Bezeichnung. Die jüngste Kategorie bildet dabei der VS Cognac („very special“) bzw. auch der ***-Cognac, bei dem der jüngste in einer Flasche enthaltene Cognac mindestens zwei Jahre fassgereift sein muss (ähnlich wie auch bei anderen Spirituosen, z.B. beim Whisky, handelt es sich meist nicht um Einzelfassabfüllungen, sondern eine Flasche weist Cognacs aus verschiedenen Fässern unterschiedlichen Alters auf).
Wer sich nun ein wenig mit der Cocktail- und Bargeschichte befasst, dem wird bewusst sein, dass Cognac gerade im 19. Jahrhundert quasi die Standardspirituose gewesen ist (neben Whisky natürlich) und zahlreiche Cocktailrezepturen existieren aus dieser Zeit, in denen Cognac verwendet wird. Natürlich hat kaum jemand Lust oder das Geld dazu gehabt, einen teuren und besonders alten Cognac in einem Cocktail zu versenken, weshalb sich damals die klassischen ***-Cognacs (3 Sterne Cognacs) als Zutat durchsetzten. VS-Cognacs und ***-Cognacs sind rechtlich übrigens identisch, um Missverständnissen vorzubeugen. Jedenfalls hat sich der allgemeine Trend seit den früheren Tagen mehr in Richtung einer alkoholischen Trinkstärke von 40% entwickelt.
Beim Pierre Ferrand Cognac 1840 Original Formula hat sich das ja durchaus in der Cognacherstellung beheimatete Haus Ferrand nun also dazu entschieden, die Cocktailcognacs des alten Stils wieder aufleben zu lassen. Der Cognac sollte also erschwinglich sein (mit ca. 30€ für eine Flasche ist er das sicherlich), einen etwas höheren Alkoholgehalt aufweisen (auch das ist mit 45% vol. erfüllt) und trotzdem aromatisch und fassbetont ausfallen, also auch von dunklerer Farbe sein. Letzteres erreicht das Haus Ferrand hier ebenfalls, man gibt sogar an, zu 85% auf einen Cuvee aus ca. 10 Jahre alten Cognacs zu setzen (wenn auch nicht ausschließlich) und zu 15% auf sehr alte Cognacs. Der Cognac stammt aus der Subregion Grande Champagne, welche als 1. Cognacregion gilt (daher auch die Bezeichnung „1er Cru de Cognac“ auf der Flasche). Dem Herstellungsprozess voran ging eine ausgedehnte Recherche- und „Probier“phase, bei der Ferrandbesitzer Alexandre Gabriel und Kellermeister Christian Guerin zusammen mit dem bekannten Cocktailhistoriker David Wondrich verschiedene ***-Cognacs genau verkostet haben. Einige dieser ***-Cognacs stammten den Konzernangaben zufolge sogar aus dem 19. Jahrhundert. Und an eine solch alte Cognacflasche ist auch das Design der Flasche des Pierre Ferrand Cognac 1840 Original Formula angelehnt (namentlich an einen Pinet Castillon Cognac von 1840, daher auch der Name – ein wenig bewusst irreführend, denn natürlich ist der Pierre Ferrand Cognac 1840 Original Formula nicht seit dem Jahre 1840 in dieser Form erhältlich, sondern eben nur an einen Cognac diesen Jahres angelehnt).
Obwohl es sich explizit um einen für die Cocktailverwendung bestimmten Cognac handelt, erfolgt heute hier zunächst eine Purverkostung.
Tasting Notes:
Aroma: Wenn man, wie ich, nicht regelmäßig Cognacs verkostet, fällt einem doch unweigerlich die aromatische Nähe zu Whisky auf, die so ein Cognac mit sich bringen kann. Aber natürlich ist er doch entscheidend anders: tatsächlich weist er sehr schöne, florale Töne auf. Helle Früchte und ausgebauter Weißwein sind zu vernehmen, dazu eine sehr besondere Note. Ob das die in den offiziellen Tasting Notes beschriebene Robinie (locust tree) ist, vermag ich nicht zu sagen. Robinien zählen definitiv nicht zu meinen aktiv abrufbaren Geruchsassoziationen. Je länger man hier verriecht, desto weiter entfernt sich der Pierre Ferrand Cognac 1840 Original Formula von meiner anfänglichen Whiskyassoziation und entwickelt ein ganz eigenständiges, sehr schönes Aromenbild. Feiner Honig, Quitte, Weinblüten, ein wenig weihnachtliche Gewürze und hintergründige Eichennoten. Trotz seiner Bestimmung als Cocktailzutat auch pur ein wirklich schöner Tropfen. Vielleicht habe ich auch einfach zu lange keinen Cognac mehr im Glas gehabt und bemerke einmal mehr, dass ich mit dieser Spirituosengattung durchaus eine Menge anfangen kann.
Geschmack: Geschmacklich zeigt sich der Pierre Ferrand Cognac 1840 Original Formula ebenfalls wirklich schön und angenehm: Trotz der 45% vol. wirkt er mild und ausbalanciert, sofort zeigt sich eine schöne Süße von Honig, hellen Likörweinen und eine feine Vanille. Zudem auch hier wieder helle Früchte, feine Gewürzspuren (Zimt, Muskat) und aromatische Eiche. Sehr schön!
Abgang: lang, aromatisch und trockener werdend
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.
*(Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)
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