Es gibt vereinzelt Spirituosengattungen, die sucht man bisher vergebens hier im Blog. Die Gründe dafür sind ganz verschieden: einige verwende ich selbst so selten, dass sie für mich einfach keine große Relevanz besitzen, andere sind allgemein nicht besonders verbreitet, so dass es einfach wenige Rezepturen gibt, in denen sie eine Rolle spielen – und wieder andere mag ich schlicht nicht. Zugegeben, das sind im Grunde nicht wirklich viele; strenggenommen (vielleicht von einigen Billigbaijius abgesehen) ist es sogar eigentlich nur eine einzige Spirituosengattung: Amaretto. (zugesandtes Testprodukt)*
Warum das so ist? Nunja, ich mag seit meiner frühesten Kindheit schlicht kein Marzipan. Ich empfinde es als pappig, penetrant süß, irgendwie unangenehm parfümartig und wenn ich nur an Mozartkugeln oder Marzipanblumen denke, vergeht mir der Appetit. Definitiv keine guten Voraussetzungen für eine Aufgabe, die ich mir dennoch heute vorgenommen habe: einen Amaretto zu verkosten. Und auch wenn das, was ich bisher geschrieben habe, an Subjektivität kaum zu überbieten ist, möchte ich dennoch auch versuchen, eine möglichst objektive Perspektive einzunehmen.
Bevor man nun aber einen gänzlich falschen Eindruck erhält: ich mag durchaus Mandeln. Sehr gerne sogar! Das ist insofern wichtig, als dass der Adriatico Roasted Almonds Amaretto, um den es heute geht, voll auf Mandeln setzt. „Ist das nicht normal bei Amaretto?“ wird jetzt sicherlich mancher fragen. Nein! Tatsächlich werden die meisten Amarettos mit Aprikosenkernen hergestellt. Aus handgepflückten apulischen Mandeln der Sorte „Filippo Cea“ stellt man nun den von Jean-Robert Bellanger ins Leben gerufenen Adriatico Amaretto in Italien hier. Dafür werden die Mandeln zunächst geröstet und dann in Alkohol mazeriert. Schließlich finden auch Vanille, Zimt, Kakao und eine Nuance Kaffee ihren Weg in den Adriatico Amaretto, der übrigens mit nur der Hälfte der genreüblichen üblichen Zuckermenge gesüßt und schließlich mit einem Hauch Meersalz aus der Adria abgerundet wird. Mit 28% vol. kommt er schließlich in die Flasche und ist für um die 30 Euro erhältlich. Auf dem Papier liest sich das jedenfalls alles ganz wunderbar. Wäre da nicht mein persönliches „Problem“, dass es immer noch ein Amaretto ist.
Aber es hilft ja nichts, wagemutig stelle ich mich der Herausforderung!
Tasting Notes:
Aroma: Ok, der erste Eindruck ist zugleich völlig anders als gedacht, aber bestätigt auch gewisse Erwartungen. Zunächst einmal ist da nun einmal Marzipan in der Nase, es hilft ja alles nichts. Aber eben auch sehr schöne Noten von gerösteten Mandeln, feine Karamelltöne, sogar eine feine Nuance von Rauch und Assoziationen von Salz. Auch sind sehr subtile Noten von Rosenwasser zu finden.
Geschmack: Ich versuche, den Marzipanpart auszublenden und mich auf die Mandel- und Gewürznoten zu konzentrieren. Vor allem aber ist wirklich auffällig, dass wir es hier mit einem weniger süßen Amaretto zu tun haben. Der Adriatico ist keinesfalls pappig süß, bringt aber schöne Mandelnoten mit, Zimt und Kakao sind da, spürbare Tiefe durch Salznuancen, eine Ahnung Kaffee, wieder minimale Rauchassoziationen und – nunja – eben Marzipan. Allerdings ist die Marzipannote keineswegs überdominant und alleinnehmend, wie es bei einem Disaronno bspw. der Fall ist. Ich kann mich damit arrangieren, auch wenn der Adriatico für mich klar für Rührglas und Shaker relevant sein wird und nicht mehr für das Nosingglas.
Abgang: Geröstete Mandeln und etwas Rosenwasser
Sicherlich bin ich nicht der geeignetste Rezensent für dieses Produkt, das dürfte klar geworden sein. Aber dennoch möchte ich noch ein flammendes Plädoyer in diesem Artikel unterbringen. Und zwar für einen Drink, der mit dem Adriatico Amaretto nicht weniger als fantastisch ist: der Mezcal Jackson von Sean Lisik. Dieser Drink besteht aus Del Maguey Vida Mezcal, Adriatico Amaretto (im Originalrezept Disaronno, was aber wirklich überhaupt kein Vergleich ist), Kokosnussrum (hier habe ich den Aluna verwendet) und 8 Tropfen Aromatic Bitters (im Original Bob’s Abbotts Bitters). Also ein sehr einfacher und schlichter Drink, der aber mit seiner total einzigartigen und super spannenden Aromenkomposition mich jedes Mal zu begeistern weiß. Er passt zudem in jede Jahreszeit.
Rezept „Mezcal Jackson“ (von Sean Lisik):
1,5 cl Del Maguey Vida Mezcal
3 cl Adriatico Roasted Almonds Amaretto
3 cl Aluna Coconut Rum
8 Tropfen Aromatic Bitters
Zubereitung: Alle Zutaten im Rührglas auf Eis kalt rühren und dann ins mit massivem Eis gefüllte Glas abseihen.
Glas: Tumbler
Garnitur: drei geräucherte Mandeln
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.
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