Die Saint Lucia Distillers schreibt man nicht ganz ohne Grund stets im Plural. Denn auch wenn man mancherorts die Formulierung „Saint Lucia Distillery“ findet, so sind es eigentlich die Distillers, denn es handelt sich hierbei um einen 1972 erfolgten Zusammenschluss der beiden Destillen Dennery Factory Distillery und der Geest Distillery. Beide Brennereien bestanden bereits seit dem Jahr 1800 bzw. im Fall der Geest Distillery sogar davor. Und falls der Name Lesern dieses Blogs bekannt vorkommen sollte, so mag es daran liegen, dass auch der Admiral Rodney Rum dort hergestellt wird. (zugesandtes Testprodukt)*
Heute geht es aber nicht um einen neuen Admiral Rodney, sondern um einen Chairman’s Reserve Rum, genauer gesagt den Chairman’s Reserve Legacy. Dabei handelt es sich um einen hausinternen Blend, der von der Ausstattung der Brennerei mit vier verschiedene Pot Stills profitiert. Dabei handelt es sich um die Double Retort-Still mit dem Namen John Dore 1 mit einem Fassungsvermögen von 450 Litern, die John Dore 2, ebenfalls eine Double Retort-Still mit einem Fassungsvermögen von 6000 Litern, die Vendôme, eine Hybrid Pot Still mit Rektifikationsplatten im Hals und einem Fassungsvermögen von 1364 Litern und eine Coffey-Säulendestillationsanlage. Nun werden aber nicht einfach nur vier Melasserums der jeweiligen Pot Stills miteinander verschnitten, sondern zusätzlich stellt man auf der John Dore 1 noch einen Agricole aus Zuckerrohrsaft her, wobei das Zuckerrohr auf dem eigenen Anwesen wächst und nach der Ernte mit wilden Hefen zum Fermentieren gebracht wird. Die einzelnen Brände reifen dann vor dem Verschnitt zwischen 5 und 7 Jahren in Ex-Bourbonfässern. Ich muss frei heraus sagen: auf dem Papier liest sich das alles schon einmal wirklich sehr, sehr gut. Auch preislich ist die mit 43% vol. abgefüllte Flasche Chairman’s Reserve Legacy im durchaus attraktiven Bereich von meist um die 30 Euro erhältlich.
Für mich als Blogger hat sich im Rahmen dieses Rezensionsartikels zudem die wirklich tolle Möglichkeit geboten, die Einzelkomponenten, aus denen der Chairman’s Reserve Legacy besteht, auch separat zu verkosten. So bestand für mich also die Gelegenheit, einmal in das Handwerk des Blendmasters Laurie Barnard hineinzuriechen bzw. zu –schmecken und nachvollziehen zu können, was man sonst nicht so einfach nachvollziehen kann. Im Mittelpunkt soll aber natürlich der Chairman’s Reserve Legacy selbst stehen – und mit den finalen Tasting Notes für diesen Rum möchte ich auch beginnen, um daran anschließend noch einige Worte zur Aufschlüsselung in seine Einzelkomponenten zu verlieren.
Tasting Notes “Chairman’s Reserve Legacy“:
Aroma: Die Nase gefällt mir schonmal sehr gut. Es ist kein allzu prätentiöses, nur noch unschwer als Rum erkennbares Destillat, was ich hier im Glas vor mir habe, sondern ein ordentlicher, mit einer sehr gelungenen Aromenkomposition aufwartender Rum. Ich finde Noten von hellen Früchten, etwas Kokosblütenzucker, Bananen, aber auch Trockenfrüchte wie Rosinen und Cranberries. Dazu ist eine feine Vanille zugegen und eine etwas grünlichere Note schimmert entfernt durch. Letztere schreibe ich dem Agricoleanteil zu, was mir hier sehr gut gefällt.
Geschmack: Die 43% sind zu keinem Zeitpunkt (über)fordernd oder gar scharf, der Alkohol ist gut eingebunden. Auch hier dominieren zunächst trockene Früchte, wieder etwas helle Frucht (Mirabelle?) und Vanille. Dann zeigt sich direkt eine sehr schöne, trockene Note, die zu einem überraschend reichen Körper beiträgt. Auch hier habe ich wieder den Agricoleanteil im Verdacht, was ich aber gleich noch näher herausfinden will. Die offiziellen Verkostungsnotizen sprechen von einem „hot gingery mouthfeel“, was ich hier allerdings nicht wirklich entdecken kann.
Abgang: relativ lang mit trockenen, grünlichen Noten und etwas würziger Eiche
Zunächst habe ich mir den fünfeinhalb Jahre im Ex-Bourbonfass gelagerten Melassebrand aus der Coffey Still vorgenommen. Dieser überrascht mich in der Nase mit starken Zitrusnoten und etwas Kuchenteig. Am Gaumen wirkt er trotz der 43% vol. für sich genommen erwartungsgemäß etwas blass, bietet aber Fruchtnoten und etwas Banane.
Der 7 Jahre alte Melassebrand aus der John Dore-Still hat ebenfalls Zitrusnoten, dabei aber einen viel würzigeren, fast in Richtung einer Bergamotte tendierenden Charakter in der Nase. Am Gaumen ist er ebenfalls interessant, mit Noten von Kamille, Honigbrot und Kräutern – allerdings wäre das als finale Abfüllung ein sehr unkonventioneller Rum.
Auch der Vendôme-Melassebrand mit einem Alter von fünfeinhalb Jahren hat einen sehr eigenen Charakter. Es ist schon extrem spannend, hier diesen Einblick in das Blenderhandwerk zu erhalten, denn ich hätte tatsächlich niemals vermutet, dass die Kombination dieser Rumproben zum noch oben verkosteten Ergebnis führen kann. Wieder sind hier Zitrusnoten (umso überraschender, dass ich im finalen Chairman’s Reserve Legacy keine besonders stark ausgeprägten finde) und am Gaumen etwas Melisse zugegen.
Schließlich folgt noch der fünf Jahre alte John Dore-Agricole aus Zuckerrohrbrand. Hier sieht die Sache schon anders aus: grünlich-holzige Noten, aber auch ledrige, an Tabak erinnernde Aspekte sind hier enthalten. Am Gaumen wirkt alles würziger, konzentrierter. Ich weiß schon, warum ich Rhum Agricoles so gern trinke. Diesen hier würde ich auch sofort in dieser Form pur erwerben.
Der Chairman’s Reserve Legacy ist ein wirklich gelungener Rum, der auch Einsteigern gefallen dürfte, die Rum abseits der gesüßten Platzhirschen auf dem Breitenmarkt suchen. Sein Preisleistungsverhältnis ist jedenfalls wirklich gut, von meiner Seite also eine klare Empfehlung!
Tja, was kann man hier in puncto Cocktail machen? Eine ganze Menge! Aber auch heute habe ich mich für einen Tikidrink entschieden. Das ist vielleicht nicht unbedingt das Erste, was einem im Dezember nach den Weihnachtstagen in den Sinn kommen mag, aber im Endeffekt waren Konventionen im Tikigenre ohnehin schon immer egal. Erlaubt ist, was schmeckt – und das tut meine Interpretation des Luau Grog, den ich aus Beachbum Berry’s Sippin‘ Safari kenne. Im Original kommen puertoricanischer und jamaikanischer Rum sowie ein Demerararum zum Einsatz. Ich habe mich hier für eine leichte Umschichtung entschieden. Die Basis bildet der Chairman’s Reserve Legacy, ihm zur Seite stehen der Plantation Single Cask Jamaika 9 Years aus dem Acacia-Fass und der Plantation Single Cask Fiji Island 2009 mit einem Finish im Kilchoman-Fass. Beide Rums sind Teil der neuen Single Cask-Serie der Plantation-Reihe und funktionieren hier ganz wunderbar. In diesem Sinne: Cheers!
Rezept “Luau Grog” (von mir leicht modifizierte Version, Beachbum Berry’s Sippin’ Safari):
4 cl Chairman’s Reserve Legacy
3,5 cl Plantation Single Cask Fiji Island 2009
1,5 cl Plantation Single Cask Jamaika 9 Years
3 cl Runny Honey (Honig & Wasser im Verhältnis 1:1)
2,5 cl Grapefruitsaft
2 cl Limettensaft
2 cl Sodawasser
2 Dashes Angostura Bitters
Zubereitung: Im Original werden die Zutaten mit gestoßenem Eis im Mixer zubereitet, ich habe alle Zutaten im Shaker geschüttelt und auf gestoßenes Eis gegeben.
Glas: Tumbler
Garnitur: Kandisstick (im Original ein Holzstäbchen mit einem gefrorenen Eiskegel darum)
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.