Es ist inzwischen schon eine ganze Weile her, dass ich spezifisch hier im Blog über Absinth geschrieben habe. Dabei gibt es eigentlich gar keinen besonderen Grund für diese etwas längere Pause, außer vielleicht, dass Absinth als pur genossene Spirituose eher ein Nischenprodukt ist und in Cocktails er selten der Hauptdarsteller in einem Drink ist. Dennoch würde wohl kaum jemand auf die Idee kommen, Absinth nicht als das anzuerkennen, was er ist: eine der traditionsreichsten und elementarsten Ingredienzen in jedem Barsortiment. (zugesandtes Testprodukt)*
Doch Absinth kann tatsächlich auch jenseits der Kunst des Mixens eine ganze Menge und insbesondere in Frankreich ist man sich der Vielfalt der grünen Spirituose viel bewusster als in Deutschland und anderen Teilen Europas oder der Welt. So verwundert es auch nicht, dass ich heute eine Flasche vor mir habe, die zwar nicht aus Frankreich stammt, dafür aber aus einer Stadt, die kaum näher an die Grande Nation heranreichen könnte: Saarbrücken. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass Saarbrücken tatsächlich unmittelbar an der deutsch-französischen Grenze liegt und natürlich auch ein Stück weit durch diese Lage geprägt ist. Das in Saarbrücken ansässige Unternehmen SaarWhisky hat sich seit 2015 als Versandhaus v.a. für Single Malt Whisky einen guten Namen gemacht. Allerdings versteht man sich – trotz des Namens – nicht als ausschließlicher Whiskyhändler, sondern blickt hier auch ein wenig über den Tellerrand. Und zwar nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis, wie die Absinthflasche zeigt, die heute im Mittelpunkt meiner Rezension steht. Denn diese wird nicht nur von SaarWhisky vertrieben, sondern stammt auch aus eigener Herstellung.
Der auf den ungewöhnlichen Namen „Herr der Frösche“ hörende Absinth wurde auf einem Alambic destillert (auf dem Flaschenetikett wird sogar die ursprüngliche Bezeichnung al-anbiq ausgewiesen, die auf die arabischen Ursprünge der Technik zurückgeht) und im Zuge der Herstellung gleich zweimal mit Kräutern mazeriert. Dabei erfolgte die Mazeration sowohl vor als auch nach dem Destillationsprozess (bei vielen Spirituosengattungen ist letzteres eher selten, wird aber mitunter auch dort durchgeführt, vgl. z.B. beim Bathtub Gin). Die genaue Komposition der Kräuter erfahren wir zwar nicht, Wermut, Fenchel und Anis sind aber auf jeden Fall mit von der Partie! Laut Hersteller geht der Herr der Frösche Absinth auf ein Originalrezept aus dem Jahr 1870 zurück (daher auch die Hervorhebung der Jahreszahl auf dem Etikett), welches aus dem schweizerischen Val de Travers stammt. Dort wird seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts traditionell das Wermutkraut Artemisia absinthium angebaut und geerntet (auch wenn in Folge einer Volksabstimmung die Absinthproduktion dort zwischen 1908 und 2001 verboten war). Hochprozentige Abfüllungen sind im Absinthbereich keine Seltenheit und auch der Herr der Frösche lässt sich mit stolzen 68,3% vol. hier nicht lumpen.
Bevor ich aber nun die Verkostung beginne, sei noch auf das eher ungewöhnliche Design des Etiketts und die Namensgebung eingegangen. Natürlich liegt es nahe, grünen Absinth mit grünen Fröschen zu assoziieren. Und durch die Doppelmazeration soll die Farbe dieses Absinths laut Hersteller besonders dicht ausfallen, was ihn gewissermaßen auch farblich zu einem besonders intensiven Vertreter seiner Art macht. Darüber hinaus wohnt Absinth schon immer eine gewisse Mystik inne, die sich wohl auch vor allem durch die zahlreichen Legenden um seine Wirkung speist und auch im Beinamen „grüne Fee“ ihren Ausdruck findet. Betrachtet man das Etikett dieser Flasche, drängt sich einem unweigerlich eine gewisse okkulte, märchenhafte und fast magische Atmosphäre auf, was mir persönlich ausgesprochen gut gefällt, da ich ohnehin eine Schwäche für solche Fantasie-Spielereien habe. Dass der Anblick des einäugigen Herrn der Frösche die Prinzessin auf dem Etikett jedenfalls ziemlich in Schrecken versetzt, verwundert nicht wirklich. Dazu dann die schöne 0,5l-Apothekerflasche… kurzum: eine wirklich aus der Masse herausstechende und ansprechend gestaltete Flasche, wie ich finde!
So, nun aber zum Wesentlichen, der Verkostung. Aufgrund der hohen Alkoholstärke habe ich vor der Geschmacksverkostung einige Tropfen Wasser zugegeben – die Unterschiede im Geruch weise ich ebenfalls aus.
Tasting Notes:
Aroma: Zunächst sticht hier die wirklich tolle Farbe ins Auge! Der mit einer deutlichen Trübung versehene, dunkelgrüne Herr der Frösche Absinth erinnert schon fast an sumpfige Feuchtbiotope, was sehr gut zum Namen der Spirituose passt. Er verströmt schöne und volle Noten von Wermut, Anis und Fenchel, dazu intensives Salmiak und warme Teenoten. Ein sehr würziger und ausdrucksstarker Absinth mit süßen Noten von Honig und Kandis, die Alkoholstärke ist dabei durchaus bemerkbar, denn sie trägt die Aromen sehr gut und intensiviert sie, brennt aber auch ein wenig in der Nase, so dass es sich anbietet, etwas Wasser zuzugeben.
mit einigen Tropfen Wasser: Die Wasserzugabe schwächt Anis und Salmiak etwas ab und lässt eher den Fenchel hervortreten, vor allem aber zeigt sich ein warmer Waldhonig. Wieder muss ich an gesüßten Tee denken; würzig und verlockend.
Geschmack: eine sehr interessante Balance aus würzigem Fenchel, Anis, Wermut, Salmiaksalz und Honigsüße mit Gewürzen (eine Nuance weißer Pfeffer und eine Idee Zimt). Zum Ende hin zeigen sich Noten von Bitterschokolade und Trockenobst. Mit etwas Wasser sehr angenehm und ohne störend scharfen Alkohol. Das ist ein überaus intensiver und aromatischer Absinth, wie ich ihn so noch nicht verkostet habe. Gefällt mir ausgesprochen gut!
Abgang: warm, sehr lang mit Anis, Gewürzen, Honig und Bitterschokolade
Beim Cocktail, dem „Choc Frog“, habe ich auf die bereits im Herr der Frösche Absinth vorhandene Verschmelzung von Anis, Wermut und Fenchel-Tönen mit Schokolade gesetzt. Ich weiß, dass diese Kombination vielleicht nicht jedermanns Sache ist. Ich meine einmal gelesen zu haben, dass nur ca. 40% der Menschheit den Geschmack von Lakritz, Anis, Fenchel und dergleichen zu schätzen weiß. Inwiefern hier allerdings fundierte Erhebungen zugrunde lagen, darf natürlich stark bezweifelt werden. Auf skandinavische Länder trifft dies zudem ganz sicher nicht zu, denn dort trifft man Lakritz fast allgegenwärtig an – u.a. auch in Kombination mit anderen Geschmäckern; allen voran: Schokolade. Der Cocktail ist ein geschichteter Drink (was ich eigentlich nur sehr selten mache) und weist daher die Besonderheit auf, nicht geschüttelt oder gerührt zu werden. Dennoch sollte der Drink kalt genossen werden, weshalb hier ausnahmsweise die Spirituosen kühlschrankkalt sein müssen.
Rezept „Choc Frog“:
6 cl Mozart Dark Chocolate
1,5 cl Herr der Frösche Absinth
4,5 cl leicht geschlagene Sahne (s.u.)
leicht geschlagene Sahne: Flüssige Sahne so lang mit einem Schneebesen schlagen, bis sie eine zähflüssigere Konsistenz annimmt und kurz am Rücken eines Löffels haftet. Auf keinen Fall die Sahne steif schlagen!
Zubereitung: Auch wenn dieser Schritt unkonventionell ist: Alle Zutaten müssen zuvor im Kühlschrank gekühlt werden (s.o.)! Der Cocktail wird anschließend geschichtet. Dazu zunächst Mozart Dark Chocolate als unterste Schicht ins vorgekühlte Glas geben. Über den Rücken des Barlöffels vorsichtig den Herr der Frösche Absinth nahe der Flüssigkeitsoberfläche laufen lassen, so dass sich eine sichtbare, zweite Schicht bildet. Ebenso mit der Sahne verfahren.
Glas: Goblet
Garnitur: wahlweise eine Prise dunkles Kakaopulver oder geriebene Muskatnuss
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online oder natürlich direkt beim Hersteller.
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