Keltische Riten, Grüne Hügel und dichte Wälder, schroffe Felsküsten, Dudelsäcke, Druiden- und Hexenzauber… von welchem Land rede ich hier wohl? Genau: von Spanien!
Wer mich jetzt für verrückt hält, der war wohl definitiv noch nicht in einem besonderen Teil Spaniens, der dem Großteil der aus dem Ausland anreisenden Spanientouristen weitestgehend unbekannt ist: Galicien.
Galicien liegt im äußersten Nordwesten der iberischen Halbinsel, nördlich von Portugal. Die dort lebenden Galicier haben tatsächlich keltische Wurzeln, deren Einfall in Galicien ab dem 7. vorchristlichen Jahrhundert vermutet wird. Zudem trug die geografische Abgeschiedenheit Galiciens durch Gebirgsketten mit dazu bei, dass während der maurischen Besetzungszeit weiter Teile Spaniens dieser historisch zwischenzeitig auch als unabhängiges Königreich existierende Teil des heutigen Landes von den Mauren nicht besiedelt worden ist. Tatsächlich sieht man der Bevölkerung dieser Region das auch phänotypisch an. Rothaarige und blonde Menschen sind hier keine Seltenheit, was vermutlich auch nicht ins typische Spanienbild der meisten Menschen passen dürfte.
Warum erzähle ich hier etwas über Galicien? Nun, die Antwort liegt auf der Hand, denn Galicien hat in puncto Spirituosen und Trinkkultur durchaus einiges zu bieten. Das liegt nicht nur am nahen Portugal (insbesondere dem nahen Porto und der dort blühenden Portweinkultur), sondern mitunter auch an der Tradition eigener Liköre und Brände. Vor allem der Orujo (oder Aguardiente de Orujo) ist hier hervorzuheben, der ein Tresterbrand mit einem Alkoholgehalt zwischen 37 und 50 Prozent ist und seit 1989 durch das Gütesiegel Denominación Específica (D.E.) de Orujo de Galicia auch geographisch geschützt ist. Ein guter Orujo für sich genommen ist bereits ein recht solides, geschmackliches Erlebnis, das sehr nah am Grappa anzusiedeln ist. Doch Galiciens wahre flüssige Berühmtheit ist die Queimada, ein vermeintlich auf keltische Wurzeln zurückgehendes, brennendes Heißgetränk.
Tatsächlich ist die Queimada galicienweit verbreitet und es ranken sich zahlreiche Mythen und Legenden um dieses in Gruppen gemeinsam genossene Getränk. In einer Art Ritual wird obligatorisch der sogenannte Conxuro gesprochen, eine Beschwörungsformel, die zusammen mit dem Feuer die Queimada reinigen soll und böse Geister und Flüche fernhält.
Die Wahrheit ist hier tatsächlich weniger romantisch: Wie Historiker herausgefunden haben, ist die Queimada letztlich ein unter galicischen Exilanten in den 1950er Jahren entstandenes, gemeinschaftsstiftendes Trinkritual. Aber wer weiß? Vielleicht haben die keltischen Naturgeister ja trotzdem irgendwas damit zu tun (selbst wenn die Kelten noch keinen eigenen Schnaps gebrannt haben). Wie dem auch sei, zur Sicherheit würde ich den Conxuro lieber nicht weglassen.
Er lautet:
Galicisch
Mouchos, coruxas, sapos e bruxas.Demos, trasgos e diaños, Lume das Santas Compañas, Oubeo do can, pregón da morte; Averno de Satán e Belcebú, Con este fol levantarei as chamas E cando este brebaxe baixe polas nosas gorxas, Forzas do ar, terra, mar e lume, |
Deutsch
Eulen, Käuze, Kröten und Hexen. Feuer heiliger Gefolgschaften, Hundsgeheul, Totenklage; Hölle des Satans und Belzebubs, Mit dieser Kelle erhebe ich die Flammen Wenn dieser Trank geht durch unsere Kehlen, Mächte der Luft, der Erde, des Meeres und des Feuers, |
Wem das sprachlich etwas zu heikel ist, der kann sich das Ganze aber auch bequem über Youtube vorlesen lassen (s.u.). So finden vermeintlich keltische Rituale und das 21. Jahrhundert elegant zusammen.
Elegant ist aber vor allem auch das geschmackliche Erlebnis, das eine Queimada bieten kann. Puristen schwören hier zwar meist lediglich auf Orujo mit Zucker und allenfalls den Zesten einer Zitrone, ich habe mich aber an der geschmacklich meiner Meinung nach etwas reizvolleren Variante orientiert und zusätzlich die Zeste einer Orange und einige Kaffeebohnen hinzugefügt. Zudem – die keltischen Geister mögen mir verzeihen – habe ich noch einige Dashes Orange Bitters, einige Gewürznelken und ein paar Scheiben Ingwer hinzugegeben. Wer es galicisch-puristischer mag, lässt das alles einfach weg (und ersetzt den Orujo durch einen ungereiften Grappa).
Rezept „Queimada“:
1 Liter Aguardiente de Orujo
150g feiner, weißer Zucker
Schale einer Zitrone in breiten Zestenstreifen
Schale einer Orange in breiten Zestenstreifen (optional)
eine Hand voll Kaffeebohnen (optional)
6 Gewürznelken (optional)
4 kleine Scheiben Ingwer (optional)
10 Dashes Orange Bitters (optional)
Zubereitung: Bis auf ca. 6 cl des Orujo und einen leicht gehäuften Esslöffel Zucker alle Zutaten in einer feuerfesten Tonschale miteinander vermischen. Solange verrühren, bis sich der Zucker weitestgehend aufgelöst hat. Schließlich Den zurückbehaltenen Orujo mit dem Esslöffel Zucker in einem kleinen Gläschen vermisch und auf eine feuerfeste Tonkelle oder einen Schöpflöffel geben und anzünden. Die Kelle mit brennendem Inhalt vorsichtig in die Tonschale absinken lassen, bis die gesamte Flüssigkeit zu brennen beginnt. Zunächst werden bläuliche Flammen über der Oberfläche entstehen. Mindestens eine halbe Minute warten und dann immer wieder mit der Kelle brennende Flüssigkeit herabfließen lassen – währenddessen den Conxuro sprechen. Das Ganze kann mehrere Minuten in Anspruch nehmen. Erst wenn die Flammen von allein erlöschen (wie gesagt, kann das durchaus bis zu zehn Minuten dauern), die Queimada in kleine Tontrinkschalen geben.
Glas: große, feuerfeste Tonschale mit Kelle und kleine tönerne Trinkschalen zum Servieren
Garnitur: keine
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online. Wer außerhalb Galiciens keinen Orujo findet, kann diesen durch Grappa ersetzen oder eben online bestellen.
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