Heute geht es mal wieder um Cognac – und zwar um einen recht außergewöhnlichen Cognac, der mit einigen Besonderheiten aufwarten kann. Und natürlich möchte ich – wie gewohnt – auch einen Cocktail vorstellen, in dem ein solcher Cognac eingesetzt werden kann. Doch zunächst möchte ich auf den puren Cognac eingehen, der mit einem Begriff für sich Werbung macht, dem es auf den Grund zu gehen gilt: Rancio Charentais. (zugesandtes Testprodukt)*
Wer nun aber überhaupt nichts mit Cognac anzufangen weiß und nicht wirklich darüber im Bilde ist, was Cognac überhaupt ist, dem sei ein Blick in meinen Artikel über den Pierre Ferrand Cognac 1840 Original Formula ans Herz gelegt, wo ich zumindest kurz einige Grundlage abhandele. Wer natürlich vertiefend in die Materie eindringen möchte, der ist sicherlich gut beraten, sich speziell dem Thema Cognac widmende Print- oder Onlinemedien zu Rate zu ziehen.
Die Flasche, um die es heute geht, stammt abermals aus der Reihe der Pierre Ferrand Cognacs, wie auch der 1840 Original Formula und auch der Pierre Ferrand Ambré. Auch hier haben wir es mit einem Cognac aus der Subregion Grande Champagne, welche als 1. Cognacregion gilt (daher auch die Bezeichnung „1er Cru de Cognac“ auf der Flasche), zu tun. Er hört auf den Namen Pierre Ferrand Réserve Double Cask und stellt im Vergleich zum 1840 Original Formula und dem Ambré gewissermaßen den alten Herren der Reihe dar. Zwar gibt der Hersteller keine exakte Lagerungszeit an, es wird aber von einem „Tasting-Age“ von 20 Jahren gesprochen (hier muss man allerdings den Marketingkontext mitbedenken: ein „Tasting-Age“ ist keine Altersangabe, sondern sagt lediglich aus, dass eine Spirituose so schmeckt als sei sie so oder so alt). Tatsächlich reifte der Pierre Ferrand Réserve Double Cask – daher auch der Name – in zwei verschiedenen Fasstypen. Zunächst hat man ihn in herkömmlichen Cognacfässern die Aromen des Holzes aufnehmen lassen, bevor man ihn dann in sogenannten Banyuls-Fässern nachreifen lassen hat. Was ist ein Banyuls-Fass? Ganz einfach, ein Fass, in dem zuvor Banyuls gereift ist, ein verstärkter, französischer Dessertwein. Und das Ergebnis dieses Reifungsprozesses soll nun zum ominösen „Rancio Charentais“ führen.
Was also ist Rancio Charentais? Dieser Begriff findet sich immer einmal wieder im Zusammenhang mit älteren, gereiften Cognacs und ist tatsächlich definitorisch umstritten. Befragt man Google, so informiert der erste Treffer: „Französische Bezeichnung für einen sehr lange im Fass gereiften Cognac mit dadurch oxidativem Ton.“ Es geht dabei aber vielmehr um den Beschreibungsversuch einer besonderen Geschmackscharakteristik, die älteren Cognacs anhaften soll. Meist wird dabei ein Vergleich zu Nüssen und Trockenfrüchten gezogen (manchmal gar zu Käse), was im Grunde auch Assoziationen sind, die den meisten Whiskytrinkern als Beschreibungsversuche durchaus geläufig sind. Die eigentümliche Erscheinungsform des Rancio Charentais ist allerdings ein genuiner Cognac-Terminus. Finde ich also das Rancio Charentais?
Tasting Notes:
Nase: In der Nase zeigt sich ohne Frage der längere Reifeprozess dieses Cognacs: Deutliche Eichentöne sind zu vernehmen, die sich mit einer auffälligen und schön ausgeprägten Schokoladennote verbinden. Gewürze (vor allem Zimt) und Trockenfrüchte (vor allem Cranberries und getrocknete Kirschen) sind ebenfalls mit von der Partie und werden unterlegt von Nüssen und einem feinen Vanilleton.
Geschmack: Wow, das ist ein richtig toller Cognac, gar keine Frage! Auch hier merkt man die Reife eines fortgeschrittenen Alters mit Eiche, Gewürzen, Schokolade, Röstkaffee, aber auch helleren und frischen Nuancen wie Äpfeln, Aprikosen und ungereiften Feigen. Tja, verdient er nun die Bezeichnung Rancio Charentais? Soweit ich mich bezüglich dieses Begriffes aus dem Fenster zu lehnen wage, würde ich sagen: ja! Er ist in jedem Fall ein sehr vielschichtiger und schöner Cognac, der als Sipping-Cognac allerbestens geeignet ist!
Abgang: lang anhaltend, warm und nussig.
Tja, in einem Cocktail will so ein schöner Tropfen natürlich wohlbedacht eingesetzt werden. Ich habe mich daher für eine Abwandlung eines Cocktails entschieden, den ich ganz wunderbar finde und den ich dem Pierre Ferrand Réserve Double Cask mit seinen reifen, aber eben auch fruchtigen Tönen „zutraue“: den „A Moment of Silence“ Cocktail von Maks Pasuniak aus seinem sehr zu empfehlenden Buch „beta cocktails“. Allerdings habe ich jene aromatische Mischung, die im Original aus Roggenwhiskey, Aprikosenlikör, Averna, Angostura, Apple Brandy und Campari besteht, etwas abgewandelt und eine weitestgehend französische Version kreiert. Auch bei der Wahl der Bitters habe ich mich aus Abstimmungsgründen umentschieden – Daher auch die Übertragung ins Französische: Un Moment de Silence.
Rezept „Un Moment de Silence“:
4,5 cl Pierre Ferrand Réserve Double Cask Cognac
1,5 cl Peychauds Bitters (die Mengenangabe stimmt tatsächlich!)
2,5 cl Marie Brizard Apry
1,5 cl Picon Amer
0,75 cl Daron Calvados XO
Campari oder Mondino Stagionato
Zubereitung: Einen Tumbler mit Eiswürfeln füllen und das Eis mit Campari oder Mondino Stagionato „waschen“. Dazu nur einige Spritzer auf das Eis geben, das Glas in der Hand schwenken. Es sollte nur wenig davon am Glasboden zurückbleiben. Anschließend die restlichen Zutaten in einem Rührglas auf Eis kalt rühren und in das mit „gewaschenem“ Eis gefüllte Glas abseihen. Mit dem Öl einer Orangenzeste besprühen.
Glas: Tumbler
Garnitur: Orangenzeste
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online. Abgefüllt wird mit 42,3% vol. und die Flasche liegt i.d.R. zwischen 60 und 70 Euro.
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.