Den heutigen Artikel muss ich mit einem Geständnis beginnen, das vermutlich einige überraschen wird, andere allerdings wiederum nicht, da ich damit in der Cocktail- und Barszene definitiv nicht alleine dastehe: Ich halte nicht besonders viel von Wodka und setze ihn nur äußerst selten ein. Ich würde dabei auch ganz unverhohlen zugeben, dass ich von Wodka nicht besonders viel verstehe, aber vielleicht doch eben genug, um mir das Urteil bilden zu können, ihn für eher uninteressant zu halten. Trotzdem soll es heute um einen Wodka (oder Vodka) gehen, auf den ich jüngst aufmerksam wurde und der mich interessiert hat. (Zugesandtes Testprodukt*)
Ein Stückchen zurückrudern muss ich dabei an dieser Stelle schon, denn natürlich wäre es vermessen, Wodka einfach ignorieren zu wollen oder ihn pauschal als schlecht abzustempeln, so weit möchte ich dann doch nicht gehen. Immerhin hat Wodka eine große Rolle in der Cocktailgeschichte gespielt (wenn auch etwas später, ein großer Meilenstein steht dabei z.B. im Zusammenhang mit dem Moscow Mule) und ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelang ihm ein regelrechter Siegeszug durch die USA. Natürlich spielte er in der russischen Kultursphäre und auch in skandinavischen Ländern schon vorher eine große Rolle, aber eben nicht in Verbindung mit Cocktails. Und natürlich haben Wodka Martinis, Cosmopolitans und Co eine absolute Daseinsberechtigung.
Die Maxime „reiner, weicher, geschmackloser!“ hat mich hingegen nie so richtig angesprochen. Gut, sie ist auch nicht unumstritten, denn Kenner finden im Wodka dann doch noch mehr als „Nichts“, aber im Vergleich zu anderen Spirituosen muss man hier einfach einen anderen Bewertungsmaßstab anlegen, was mir erst einmal etwas schwer fällt. Trotzdem war ich neugierig auf den heutigen Wodka (bzw. Vodka, wie er sich schreibt), was seine Gründe hat: Er wurde mir einerseits empfohlen, sprach mich vom Produktdesign her sehr an und ich hatte schon länger vor, auch einmal einen Wodka hier vorzustellen. Also los.
Der Bénazet Vodka ist zunächst einmal eine flüssiggewordene Hommage an zwei Unternehmer, deren Geschichte sich vor allem im 19. Jahrhundert in Baden-Baden abgespielt hat. Jacques Bénazet und sein Sohn Edouard Bénazet kamen ursprünglich aus dem Süden Frankreichs in die baden-württembergische Stadt und prägten diese mit ihren Visionen und erfolgreichen Investitionsgeschäften. So übernahmen sie das Konversationshaus (heute Casino Baden-Baden) im Kurhaus Baden-Baden und steigerten sukzessive die Attraktivität der Stadt und den kosmopolitischen Geist. Noch heute ist ihr Wirken in Baden-Baden allgegenwärtig, Institutionen wie Theater, Galopprennbahn und Trinkhalle gehen auf die Bénazets zurück.
Um nun den beiden ein weiteres, flüssiges Denkmal zu setzen, brachte die von Frank Strei geführte gleichnamige Bénazet GmbH den Bénazet Vodka auf den Markt und setzte hier auf eine Fusion französischer und regionaler Produkte. Hier kommt von Seiten des Herstellers eine Information, die ich in ihrer Formulierung einfach übernehmen wollte, da ich es nicht klangvoller hätte formulieren können:
„… gewonnen aus reinstem Schwarzwald-Quellwasser aus dem Renchtal und erstklassigem Winterweizen aus Frankreich, der Heimat der Bénazets. Sein edler Geschmack ist geprägt vom Charakter der Kreide der Champagne, der jurassischen Argonnenwälder und den rauen devonischen Schieferplateaus der Ardennen.“
Das klingt natürlich sehr ansprechend, auch wenn ich ehrlich gesagt an dieser Stelle gespannt war, was einen geschmacklich nun tatsächlich genau erwarten würde. Denn während die Beschreibung hier fast von romantischer Wortmelodie beseelt ist, konnte ich mir dennoch wenig darunter vorstellen. Einen Signature Cocktail, den Bénazet Fizz, werde ich in den nächsten Tagen hier noch vorstellen, doch nun ist es erst einmal Zeit, einen Blick auf die Tasting Notes zu werfen. Achja: Der Bénazet Vodka wird mit 37,5% vol. abgefüllt.
Tasting Notes:
Aroma: Angenehm mild, von scharfem Alkohol ist keine Spur, dazu ein cremiges Element wie von leicht gesüßter Clotted Cream. Feiner Weizen ist ebenfalls zu riechen.
Geschmack: Auch am Gaumen ist der Bénazet Vodka wirklich angenehm mild und mit einer subtilen, cremigen Note, die an Milchdesserts erinnert. Eine sehr feine und subtile Süße vermischt sich mit hellen Getreidenoten.
Abgang: mittellang und cremig
Das Tasting hat mich doch tatsächlich positiv überrascht. Natürlich hat man es hier mit sehr subtilen Geschmacks- und Geruchsphänomenen zu tun, was beim Wodka ja auch durchaus gewollt ist, aber letztlich überzeugt der Bénazet Vodka in dieser Klasse. Zwar werde ich jetzt nicht zum Überläufer, der den Gin wieder weitestgehend durch Wodka ersetzen wird, aber innerhalb der Erwartungen, die ich an einen guten Wodka richte, schneidet dieses Produkt hier wirklich gut ab.
Bezugsquellen: Bei ausgewählten Fachhändlern. Weitere Informationen können auf Anfrage über die Webseite des Herstellers bezogen werden.
*(Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)
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