Martinez

Martinez

Geschichtsträchtige Drinks gibt es sicherlich sehr viele. Unter ihnen befinden sich manche, die in der Versenkung antiquierter Rezeptsammlungen verschwunden sind und bestenfalls das Schattendasein gelegentlich ausgegrabener Nostalgielaunen fristen. Andere wiederum haben sich bis heute eine große Strahlkraft bewahrt und wieder andere sind schlicht die Superstars des Genres. Old Fashioneds, Martinis, Negronis – diese Namen kennt sicherlich jeder. Ganz anders sieht die Sache beim Martinez aus.

Dabei ist der Martinez quasi so etwas wie der Vater des Martinis, des weltberühmten „King of Cocktails“. Seine genauen Ursprünge sind dabei jedoch nicht gänzlich geklärt. Erstmalig wurde der Martinez Cocktail im Jahr 1884 in O. H. Byrons „The Modern Bartender’s Guide“ erwähnt, wobei seine Erfindung jedoch meist „Professor“ Jerry Thomas zugeschrieben wurde. Doch der Martinez Cocktail schaffte es zeit seines Lebens nicht in seine eigenen Rezeptbücher und wurde erst 1887 posthum in seinem „Bartenders Guide“ veröffentlicht. Eine exakte Bestimmung der ursprünglichen Urheberschaft lässt sich also nicht mehr zweifelsfrei durchführen. Legenden zufolge soll Jerry Thomas den Drink für einen Gast zubereitet haben, der oft in seiner Bar Halt machte als er auf dem Weg ins kalifornische Martinez gewesen sei. Diese Erklärung ist jedoch ebenfalls nicht gesichert.

Martinez

Im Bitters Blog wurde 2007 von Stephan Berg sogar die Theorie vertreten, dass der Name „Martini“ ursprünglich durch einen bewussten Übersetzungsfehler von Martinez in Harry Johnsons „Bartenders‘ Manual“ aus dem Jahr 1888 entstanden sei, welcher die Aussprache des Martinez für deutsche Immigranten erleichtern wollte. Wie dem auch sei: Der Martinez ist jedenfalls der ältere der beiden Drinks und sehr nah mit dem Martini verwandt. Das wird beim Blick auf die Rezeptur natürlich ebenfalls überdeutlich.

Hier zeigt sich vor allem, dass der Martinez gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Wermutwelle ein sehr aktueller Drink ist. Wurden im 20. Jahrhundert noch Martinis trockener und trockener, so ist inzwischen ein aus meiner Sicht sehr erfreulicher Trend hin zu mehr Wermut zu beobachten. Im Martinez wird diese Entwicklung dann quasi noch weitergeführt und der Wermut spielt die Hauptrolle im Drink. Das verleiht dem Drink einen durchaus anderen Charakter. Er wird floraler, weiniger, wie ich sogar finde – vielschichtiger. Und nebenher ist er auch weniger stark. Grund genug also, den Martini mal durch einen Martinez zu ersetzen und einen Toast auf das 19. Jahrhundert auszusprechen.

Martinez

Rezept (nach der Mixologyadaption des 1887er Rezeptes von Jerry Thomas):

3 cl Gin (oder auch Oude Genever)
6 cl roter Wermut (z.B. einen schönen Carpano Antica Formula)
1 Barlöffel Maraschino
2 Dashes Angostura

Zubereitung: Alle Zutaten auf Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen.

Glas: Martini bzw. „Martinez“

Garnitur: Zitronenzeste (bei Jerry Thomas noch eine Zitronenscheibe)

Bezugsquellen: Die Zutaten sollten sich in gut sortierten Supermärkten, in jedem Fall aber im Fachhandel finden.

2 thoughts on “Martinez

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