Yuzilla & Poet’s Dream

Was haben Godzilla und die Yuzu-Frucht gemeinsam? Na klar, beide sind als japanische Kulturexporte berühmt geworden. Und beide können eine gewaltige Einflusssphäre für sich beanspruchen: Während Godzilla den Monsterfilm revolutionierte und ganze Städte platt macht, hat der Saft der Yuzufrucht die Cocktailwelt nachhaltig verändert und schlägt eindrucksvoll auf die Geschmacksrezeptoren. Bloß: warum erzähle ich hier so einen vermeintlichen Unsinn? Genau, weil es heute um Yuzilla geht! (zugesandtes Testprodukt)*

Zugegeben, wenn es darauf ankommt, gekonnt albern-pointiert zu schreiben, bin ich Johann von Cocktailbart.de schlicht nicht gewachsen (das ist ein Kompliment, Johann!). Deshalb will ich den Bogen auch nicht zu sehr überspannen und ein wenig aufklären, was genau das heutige Thema eigentlich genau umfasst. Yuzilla, der selbsternannte King of Citrus Gins, ist (nachdem ich seinen Beinamen erwähnte, unschwer zu erraten) ein Gin. So weit, so gut. Hinter diesem Gin steckt der Hamburger Spirituosenvertrieb und -handel Tastillery, der u.a. auch für seine sehr kreativen und humorvollen Videos mit Waldemar und Andreas bekannt ist. Wem diese Namen an dieser Stelle nichts sagen, sollte sich mal auf Youtube umsehen. Dort warten viele sehr unterhaltsame und lustige Videos, in denen man auch durchaus eine Menge über die Welt der Spirituosen lernen kann; ohne dabei Gefahr zu laufen, die Materie oder sich selbst dabei zu ernst zu nehmen.

Der Yuzilla setzt ganz offenkundig auf die Zitrus-Karte. Auf der eigenen Webseite klingt das dann u.a. so: „Ein Gin, der duftet und schmeckt, als würde man direkt in die Eruption eines Zitronenvulkans fliegen – frischer wird’s nicht.“ Wer also nach einer trockenen Wacholderbombe sucht, dürfte an dieser Stelle sich den Rest des Artikels sparen können. Wem aber eben genau solch frische, spritzige und für die Kombination mit diversen (v.a. dann eher trockenen) Tonics geeignete Gins liebt und sucht, dürfte hier genau richtig sein. Zwar zählt natürlich auch der Yuzilla Wacholder zu seinen Botanicals (sonst dürfte er sich auch nicht Gin nennen), der Schwerpunkt liegt aber anderswo: Yuzu, Orangen, Zitronen, Curacao, Grapefruit, Limetten, Pampelmuse, Zitronengras, Mandarine und Blutorange sprechen eine klare „Zitrus“-Sprache. Ansonsten sind typische Botanicals wie Wacholder, Koriander, Kardamon, Anis enthalten. Abgefüllt wird der Gin mit relativ milden 40% – hier hätte es für meinen Geschmack gerne auch etwas mehr sein dürfen, aber man zielt mit dem Gin sicherlich eher auf den Breitenmarkt. Mit ca. 35 Euro für immerhin 0,7 Liter fällt der Preis auch nicht zu hoch aus, zudem ist die Flasche sehr auffällig gestaltet (inklusive einer Krallenspuren von „Yuzilla“).

Wie schmeckt nun jenes flüssige Monster, das auf dem Weg zur Skyline einen Wacholder-Busch gestreift hat?

Tasting Notes:

Aroma: Ist der Yuzilla nun die angekündigte Zitrusbombe? Ja, keine Frage! Aber ich muss direkt vorab lobend erwähnen, dass dies keinesfalls zulasten der würzig-kräutrigen Seite geht – und auch der Wacholder wird hier nicht zur Gänze erschlagen, was ich zunächst befürchtet hatte. Vielmehr finde ich den Wacholder überraschend deutlich von Beginn an und muss hier nicht erst mit viel Fantasie auf die Suche gehen, wie ich es bei manchen New Western Dry Gins schon erlebt habe. Aber nun zur eigentlichen Programmatik: parallel zum beschriebenen, kräutrig-wacholdrigen Unterbau ist natürlich die volle Ladung Zitrus-Aromatik im Glas. Man braucht ein wenig Zeit, um hier aus den zunächst diffus frisch-fruchtigen Impressionen einzelne Komponenten zu isolieren. Die charakteristische, würzig-frische Note der Yuzu ist da, Limetten- und Grapefruitschalen bringen ansprechenden Tiefgang, auch ein Hauch Exotik vom Zitronengras ist zugegen. Was mir aber besonders gefällt ist die feine Mandarinennote, die sich bemerkbar macht und den Yuzilla wirklich spannend macht.

Geschmack: am Gaumen dominiert die Zitrusnote dann wesentlich stärker als in der Nase. Auch hier bildet sich das schöne Potpourri aus Zitrusschalen und Frische recht authentisch ab, ein Fundament aus Yuzu-Tönen trägt den Yuzilla eine ganze Weile lang über die Geschmacksrezeptoren. Mit der Zeit kommen dann auch wieder Mandarinen zum Vorschein, die mir hier wirklich besonders gut gefallen. Wacholder, Koriander und andere, diffuse Kräutertöne halten sich eher zurück, bieten aber dennoch eine schöne Tiefe. Mir gefällt der Yuzilla wirklich gut!

Abgang: mittellang bis lang mit verschiedenen Zitrusschalen und leichtem Kräutereinschlag

An dieser Stelle stehe ich einmal mehr vor der Frage, wie sich so ein „Schwerpunkt“-Gin in einem Drink einsetzen lässt. Wie ich schon desöfteren in vergleichbaren Kontexten erklärt habe, bin ich kein Fan davon, einen Gin bzw. eine spezifisch aromatisierte Spirituose mit eben genau jener Zutat in einem Drink zu kombinieren. Warum? Weil dies meist leider die Besonderheit der Spirituose doch zum Teil deutlich überlagert. Habe ich z.B. einen brombeer-lastigen Gin und kombiniere ihn in einem Cocktail mit Brombeeren, wird nicht so viel vom eigentlichen Gincharakter übrig bleiben, der Gin wird beliebig, was man ja eigentlich nicht möchte. Entsprechend habe ich mich klar gegen einen Sour entschieden, weil ich den Yuzilla nicht in Zitronensaft ertränken wollte. Klar, er wird auch in einem Sour eine gute Figur abgeben, aber vielleicht nicht zu einzigartig dabei bleiben, wie er es verdient hätte. Also bleibt der Shaker heute im Schrank und das Rührglas kommt zum Einsatz – und zwar ganz klassisch mit wenigen Zutaten.

Der Drink meiner Wahl ist der Poet’s Dream, ein klassischer Drink aus dem Esquire’s Handbook for Hosts von 1949. Er besteht lediglich aus Gin, Benedictine und trockenem Wermut, eigentlich zu gleichen Teilen. Schlicht, elegant und mit Raum für einen Gin, sich zu zeigen – und obendrein ganz nach meinem Geschmack. Und wer weiß, vielleicht träumt manch ein Poet ja auch mal von japanischen Monstern auf Yuzu-Steroiden…

Rezept „Poet’s Dream“:

2,5 cl Yuzilla Gin
1,5 cl D.O.M. Benedictine
2,5 cl trockener Wermut

Zubereitung: Alle Zutaten im Rührglas auf Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen. Mit dem Öl einer Zitronenzest besprühen.

Glas: Nick & Nora, Goblet oder Martini

Garnitur: Zitronenzeste

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online

*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.

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