Wer sich mit schottischem Whisky etwas näher beschäftigt, dem wird der Name Mark Reynier sicherlich etwas sagen. Der frühere CEO der schottischen Bruichladdich-Destille hat sich nicht nur durch die Rettung der genannten Brennerei einen Namen gemacht, sondern auch mit der programmatischen Neuausrichtung des Urgesteins von der Hebrideninsel Islay als erfolgreicher Innovator bewiesen. Insofern lohnt es sich natürlich, einmal einen näheren Blick darauf zu werfen, was Mark Reynier momentan sonst so tut. (zugesandtes Testprodukt)*
Inzwischen ist er nämlich der Chef der 2014 von ihm gegründeten Waterford Distillery in Irland. Ja, richtig gelesen, in Irland – ganz offensichtlich zählt Herr Reynier also nicht zur Gruppe der dogmatischen Traditionsverfechter im polarisierenden Irland-Schottland-Streit rund um das Wasser des Lebens (auch wenn sich der Irish Single Malt Whisky aus der Waterford Distillery bewusst nur mit y und nicht mit ey schreibt). Einer „Tradition“ bleibt er aber auf jeden Fall treu: Dem Vertrauen auf die Qualität und Bedeutung des Ausgangsstoffes des Whiskys: der Gerste bzw. dem Gerstenmalz. Ähnlich wie auch bei vielen bekannten Bruichladdich-Abfüllungen setzt man also auf die Bedeutung des Terroir und gibt alle möglichen Details über die verwendete Gerste konsequent an.
Beim heutigen Waterford Single Farm Origin Broomlands Edition 1.2 Irish Single Malt Whisky (ja, so lautet sein vollständiger Name) erfahren wir daher, dass die Gerste aus der Brown’schen Broomlands Farm stammt, die etwas nordöstlich der Waterford Distillery nahe des Örtchens Enniscorthy liegt.
Der Waterford Single Farm Origin Broomlands Edition 1.2 weist ein Alter von drei Jahren, acht Monaten und zehn Tagen auf – und ist damit fraglos ein sehr junger Whisky (bei einer ebenfalls noch sehr jungen Destille allerdings wenig verwunderlich). Die Fässer, in denen der Waterford Single Farm Origin Broomlands Edition 1.2 reifte, bestehen zu 28% aus französischer Eiche, zu 20% aus Vin Doux Naturel-Fässern, die zuvor Madeira und Sauternes enthielten, sowie zu 18% aus neuer amerikanischer Eiche und zu 34% aus First Fill-Fässern aus amerikanischer Eiche. Das nenne ich mal eine präzise Angabe zur Fassreifung! Gefärbt und kühlfiltriert wurde der Whisky nicht. In puncto Produkttransparenz ist das also definitiv schonmal ein Brett und sehr zu begrüßen.
Achja: abgefüllt wird der Waterford Single Farm Origin Broomlands Edition 1.2 mit interessanten 50%. vol., was mir ebenfalls sehr gut gefällt.
Wie also schmeckt der Irish Single Malt Whisky?
Tasting Notes:
Aroma: Zunächst bemerke ich einen schönen Zweiklang von Gewürzen und Frucht. Grüne Äpfel bzw. geschlagenes Apfelholz, vielleicht etwas Quitte und Aprikose, dazu dann Vanille- und Karamelltöne. Der Ersteindruck ist durchaus rund und besticht nicht etwa durch eindimensionale Flachheit – bei einer Blindverkostung hätte ich diesen Whisky definitiv für älter gehalten. Mir gegenüber wurde bei diesem Whisky auch von einer gewissen „Stallnote“ gesprochen, was eine Assoziation ist, die mir selbst so nicht gekommen wäre, die ich aber durchaus irgendwo zwischen ledrigen und schokoladigen Tönen unterbringen kann.
Geschmack: Am Gaumen dominieren definitiv eher die frischen und fruchtigen Noten des Whiskys. Hier finde ich wieder helle Früchte: Quitten, Zitronen, auch etwas Apfel, ein Hauch Anis und diffuse Gewürztöne von den Fässern, diese halten sich aber altersbedingt noch etwas im Rahmen. Ganz verbergen kann er seine Jugend am Gaumen dann doch nicht, er setzt aber durchaus interessante Akzente.
Abgang: Gewürztöne und eine leichte Holzigkeit, mittellang
Für den Einsatz hinter der Bar ist der Whisky sicherlich bestens geeignet. Eine große Debatte über die Verwendung als Cocktailzutat würde ich hier nicht befürchten, da der geneigte Purist sicherlich eher ältere Tropfen im Sinn haben dürfte, die er gegen die vermeintliche Unsitte des Mixens verteidigen mag. Davon abhalten können würde er mich aber auch bei solchen Whiskys nicht.
Meine erste Idee ging sofort in Richtung einer Manhattan-Variante, von der es natürlich unzählige gibt. Im Grunde handelt es sich bei meinem Cocktail heute um eine leichte Abwandlung des Affinity Cocktails, welcher erstmalig 1907 in der New York Sun beschrieben wurde. Allerdings habe ich den klassischen Equal Parts-Drink ein wenig verändert, einige Zutaten aufgesplittet und den Whiskyanteil erhöht und gewissermaßen eine „irische Variante“ gerührt.

Man sieht der Drinkoberfläche die Zitronenölaromatik geradezu an!
Rezept „Irish Affinity“:
4,5 cl Waterford Single Farm Origin Broomlands Edition 1.2 Irish Single Malt Whisky
2 cl Punt e Mes
1 cl Amaro Montenegro
3 cl trockener, weißer Wermut
1 Dash Aromatic Bitters
Zubereitung: Alle Zutaten im Rührglas auf Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen. Danach mit dem Öl einer Zitronenzeste besprühen.
Glas: Martini / Manhattan
Garnitur: Zitronenzeste
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
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