Über die peruanische und chilenische Spirituose Pisco wird immer wieder in verschiedenen Kontexten gesprochen. Mal sei sie der Rising Star unter den Barzutaten, mal eher ein Geheimtipp, mal eher der nächste große Trend – jedenfalls versammelt der Pisco auch außerhalb der beiden südamerikanischen Staaten eine beachtliche Gemeinde an ihr Wohlgesonnen hinter sich. Leider drückt sich das zumindest in Europa jedoch nicht in einer großen Palette an verfügbaren Marken aus. (zugesandtes Testprodukt)*
Dieses Fazit ist allerdings nur ein vorläufiges. Und mit dem heutigen Artikel werde ich ein Produkt behandeln, das genau diesen Umstand weiter in eine positive Richtung verändern wird – oder dies zumindest tun möchte. Die Rede ist vom chilenischen Pisco Malpaso Reservado. Dieser ist erst seit sehr kurzer Zeit überhaupt auf dem deutschen Markt verfügbar und verdient somit natürlich einen näheren Blick. Hergestellt wird Pisco aus Traubenmost (was ihn von einem Grappa unterscheidet, welcher aus Traubentrester hergestellt wird). In Chile existieren – jeweils in Abhängigkeit vom Alkoholgehalt – die Piscokategorien Pisco Especial mit 35% vol., Pisco Reservado mit 38–40% vol. und Gran Pisco mit 43% vol. oder mehr. Mit seinen 40% vol. fällt der Pisco Malpaso Reservado, nunja, eben in die Kategorie Reservado (wer hätte es geahnt…).
Der Malpaso Pisco wurde nach der Hacienda Malpaso im Valle Limarí benannt, welche inzwischen in vierter Generation betrieben wird und Pisco aus Weißweinen eigener Herstellung produziert. Die Basis für den Malpaso Pisco Reservado bildet zu einem Viertel die Rebsorte Moscatel Alejandría, welche für den Großteil der chilenischen Piscoproduktion verwendet wird. Ein weiteres Viertel wird gestellt von der Sorte Moscatel Amarilla und die übrig bleibende Hälfte von Moscatel Rosada-Trauben. Mit dieser Komposition sticht der Pisco Malpaso also schon definitiv aus der breiten Masse chilenischer Piscos hervor.
Nach der Destillation lagert der Pisco zunächst für drei Monate in Stahltanks, bevor man ihn dann gewissermaßen „teilt“ und einen Teil in Fässern aus amerikanischer Weißeiche und einen Teil in Fässern aus französischer Eiche lagert. Die Dauer wird mit 60 bis 90 Tage angegeben, letztlich entscheidet hier bei jedem Batch der Kellermeister der Hacienda Malpaso, wie lange die Lagerung genau geschehen soll. Schließlich wird der Pisco auf die Trinkstärke von 40% vol. verdünnt und nochmals für einige Tage in einem Stahltank nachgelagert.
Tasting Notes:
Aroma: Oh wow, das ist direkt anders als die Piscos, die ich bisher probiert habe (was auch meistens peruanische waren). Der Weißweincharakter ist unverkennbar, mit einer feinen, fruchtigen Säure bringt er direkt Assoziationen von grünen Trauben, Melisse, einem milden Honig und weißen Pfirsichen mit. Dazu finde ich etwas Birne, Zitronenschalen und Gewürzkuchen. Ein tolles Aroma!
Geschmack: Überraschend anders fällt dieser Pisco auch geschmacklich aus. Ich hatte angesichts der Nase mit einem wesentlich frischeren Geschmack gerechnet, tatsächlich wirkt er aber sehr ausgewogen, fast will ich sagen: „erwachsen“: ich finde diesmal eine überreife Birne, grüne Trauben, Gewürzbrot, grünlich-holzige Noten und einen ganz subtilen Honig. Mit der Zeit kommen immer mehr süßliche Assoziationen durch, die mich an einen Dessertwein denken lassen, aber auch an einen griechischen Retsina. Subtile Kräuter (wieder Assoziationen von Melisse) und auch etwas Aprikose leiten den Abgang ein.
Abgang: relativ trocken, dabei aber langanhaltend und komplex mit Fruchtnoten von Pfirsichen und Birne, fein-würzig
In Cocktailhinsicht habe ich mich von einem Drink inspirieren lassen, den ich vor längerer Zeit einmal mit einem peruanischen Pisco ausprobiert habe. Der Cocktail hört auf den Namen Velvet Threesome und wurde von Simon Difford im Londoner Cabinet Room erfunden. So wirklich zufrieden war ich damals aber nicht mit dem Ergebnis (es ist ein guter Drink keine Frage, er verlangte aber nach Wasser zur Verdünnung und war mir aufgrund einer beträchtlichen Menge von Licor 43 zudem noch ein wenig zu überfrachtet). Was ich aber übernommen habe, ist die Kombination von Pisco, Calvados und Cognac, die ich sehr spannend finde. In meinem Drink taucht allerdings überhaupt kein Vanillelikör auf und auch sonst wurden die Mengenverhältnisse recht weit verändert. Benannt habe ich ihn dennoch in Anlehnung an die Inspirationsquelle: Velvet Curtain.
Rezept „Velvet Curtain“:
3,5 cl Pisco Malpaso Reservado
2,5 cl Daron Calvados Fine
2 cl Pierre Ferrand Ambré
1 cl trockener Wermut
0,5 cl D.O.M. Benedictine
Zubereitung: Alle Zutaten im Rührglas auf Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen.
Glas: Coupette
Garnitur: gedörrte Apfelscheibe
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
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