Jüngst sorgte Jim Beam mit einer Ankündigung für einige Furore. Dabei ging es um den Knob Creek Bourbon, den ich auch hier im Blog schon in der Vergangenheit rezensiert und mit dem Iron Ranger in einem bourbonbasierten Tikidrink eingesetzt habe. Im verlinkten Artikel habe ich noch beschrieben, dass man sich nach eigenen Angaben zuletzt an den vormals offiziell ausgewiesenen 9 Jahren Alter orientiert hatte, was jedoch nicht mehr aufs Etikett gedruckt wurde. Und das will man nun offensichtlich rückgängig machen und wieder mit klarer Altersangabe an den Start gehen. Was für den Bourbon gilt, gilt jedoch (nach meinem Kenntnisstand) nicht für den Rye aus der Knob Creek-Reihe. (zugesandtes Testprodukt)*
Ist das nun überraschend, enttäuschend oder sogar dramatisch? Im Grunde genommen nicht, denn während der Ärger vieler Konsumenten über das Streichen der Altersangabe beim seit den 1990er Jahren verkauften Bourbon durchaus verständlich war, so muss man beim Knob Creek Rye doch berücksichtigen, dass dieser erst seit dem Jahr 2011 überhaupt verfügbar ist und von Anfang an ohne Altersangabe in den Regalen stand. Allerdings orientierte man sich auch hier an 9 Jahren Alter, war aber eben von Anfang an im inoffiziellen Bereich unterwegs.
So weit so gut, genau diesen Knob Creek Rye möchte ich heute hier unter die Lupe nehmen. Über Grundlegendes zum Knob Creek sowie die Namensherkunft usw. möchte ich allerdings an dieser Stelle nicht noch einmal berichten, weshalb ich auf meinen Artikel zum Knob Creek Bourbon diesbezüglich verweise (der Bequemlichkeit halber verlinke ich diesen hier gleich noch einmal). Neben der heute im Mittelpunkt stehenden Rye-Standardabfüllung existiert zudem noch eine Cask Strength- und eine Single Barrel-Variante, um die es heute aber nicht geht.
Für den Knob Creek Rye wird die Maische zu 55% aus Roggen, zu 35% aus Mais und zu 10% aus gemälzter Gerste zusammengestellt. Nach der Destillation und der anschließenden Fassreifung kommt er mit ansprechenden 50% vol. (100 American Proof) in die Flasche und schließlich in den Handel. Von Seiten des Herstellers wird er als Pre-Prohibition-style Rye vermarktet, was wohl eher der generellen Popularität von Rye zu jener Zeit geschuldet ist als einer spezifischen Besonderheit in der Herstellung – hier mag ich aber auch falsch liegen. Und auch wenn ich Spirituosenauszeichnungen immer etwas skeptisch gegenüber stehe, so will ich dennoch darauf hinweisen, dass der Knob Creek Rye zum weltbesten Roggenwhiskey des Jahres 2012 bei der San Francisco World Spirits Competition gekürt wurde.
(Im Juli 2019 kam es zwar durch einen Blitzeinschlag in eine der Jim Beam-Lagerhallen zu einem Großbrand, es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die Knob Creek-Abfüllungen hierdurch beeinflusst werden dürften.)
Tasting Notes:
Aroma: Sofort offenbart sich eine vielschichtige Gewürzladung in der Nase: Piment, Zimt, Nelken, Muskatnuss, etwas Kubebenpfeffer und eine Nuance von Anis, dahinter dann wärmendes Karamell und Assoziationen von Blutorangen, der Eichenfasseinfluss zeigt sich hintergründig, aber konstant mit leichten Röst- und minimalen Raucharomen. Angesichts eines Roggenanteils von „nur“ 55% ist dieser Rye viel würziger und ausdrucksstärker als erwartet – zumindest in der Nase.
Geschmack: Die 50% vol. sind durchaus auf der Zunge bemerkbar, bringen aber von Anfang an auch jede Menge mit sich. Ich finde kräftiges Roggenbrot – auch hier mit reichlich Gewürzen, v.a. Zimt, Piment, Muskat und etwas weißem Pfeffer. Auch zeigt sich die Eiche mit einem Einschlag von Karamell, Vanille und sogar einer etwas an Waldmeister erinnernden Kräuternote (ob ich die noch vom jüngst vorgestellten Waldmeister Highball auf der Zunge habe?). Alles in allem gefällt mir der Knob Creek Rye sehr gut, er ist trotz 50% vol. sehr angenehm zu trinken, ist sicherlich nicht der würzigste Rye, den ich je verkostet habe, bietet aber ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis.
Abgang: mittellang, recht trocken mit Vanille und Eiche
Für gewöhnlich setzte ich an dieser Stelle auf eigene Kreationen, Klassiker oder aber Rezepte, die ich selbst in Barbüchern entdeckt habe und die hier definitiv noch zusätzliche Verbreitung verdienen. Heute möchte ich hingegen einmal einen Drink aus einem Buch vorstellen, welches ich selbst gar nicht besitze, mir aber noch unbedingt zulegen möchte. Aufmerksam wurde ich auf den Drink durch eine Gruppe in den sozialen Netzwerken (genau genommen die Facebook-Gruppe „Cocktails feiner Geister„) – das Rezept sprach mich sofort an und ich musste es ausprobieren! Und was soll ich sagen? Es ist fantastisch, ein würzig-kräftiger, bitterer und vielschichtiger Drink für den Cocktailgenießer mit einem gewissen Anspruch. Und zudem kann ein Rye hier auch noch zeigen, wie er seine ihm zugedachte Hauptrolle im Drink ausführt. Der Knob Creek Rye meistert diese Aufgabe mit Bravour. Achja: Der Drink hört auf den schönen Namen „Yesterday, Today and Amaro“ und stammt aus dem Buch „Amaro“ von Brad Thomas Parsons. Hier nun das Rezept:
Rezept „Yesterday, Today and Amaro“:
6 cl Knob Creek Rye
1,5 cl Cynar
0,75 cl Averna
0,75 D.O.M. Benedictine
Zubereitung: Alle Zutaten auf Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen. Zuletzt mit dem Öl einer Zitronenzeste besprühen.
Glas: Coupette oder Goblet
Garnitur: Zitronenzeste
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online
*Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.