Über japanische Whiskys habe ich schon den ein oder anderen Artikel verfasst. So z.B. über den Togouchi Japanese Blended Whisky, über den mittlerweile leider nicht mehr erhältlichen 10-jährigen Yamazaki, den sehr schönen Hibiki Japanese Harmony, aber auch über den Nikka Coffey Malt Whisky. Mit dem KI NO BI Kyoto Dry Gin kam jüngst auch japanischer Gin hinzu und auch dem Thema Sake, Shochu und Umeshu habe ich mich schon gewidmet. Und nun kommt auch noch ein japanischer Rum bzw. Rhum hinzu. (zugesandtes Testprodukt)*
Die Schreibweise mit dem H im Wörtchen Rhum ist dabei kein Zufall und nicht nur der französischen Beschriftung der Flasche und der Verpackung geschuldet, um die es heute gehen soll (auch wenn der europäische Vertrieb beim französischen Abfüller Whisky du Monde liegt). Vielmehr ist er bereits programmatisch für das, was wir hier vorfinden: eine Art japanischen Rhum Agricole aus frischem Zuckerrohrsaft.
Wie kommt es nun, dass Japaner auf die Idee kommen, quasi einen Rhum Agricole herzustellen? Die Antwort auf diese Frage liegt auch in Japan in der Zuckerproduktion. Zuckerrohr wird auch in Japan traditionell angebaut (und auch daraus Schnaps zu brennen, ist den Japanern nicht unbekannt – auch Shochu wird mitunter auf Zuckerrohrbasis gebrannt, vgl. dazu auch meinen Artikel über den Tokiwa Kome Shōchū und den Tokiwa Mugi Shōchū). Die Kikusui Sake Brewin Company auf der Insel Shikoku (der kleinsten der vier großen Hauptinseln) produziert neben Sake auch Zuckerrohr und hat in diesem Zuge auch den Ryoma Rhum Japonais herausgebracht (so lautet der Name des heute im Fokus stehenden Rhums).
Das Alter des Rhums wird mit sieben Jahren angegeben, genaue Informationen über die Art der Fassreifung finden sich aber leider keine (außer, dass es sich um Eichenfässer handelt). Benannt wurde die Abfüllung nach Sakamoto Ryōma (1836-1867), einem Samurai, welcher während der Meiji-Restauration eine führende Rolle einnahm und sich auf Seiten der Modernisierer gegen den Shōgun stellte. Für Japanliebhaber sicherlich ein sehr gelungener Namenspatron für eine solche Flasche, die ja auch irgendwo die japanische Spirituosenlandschaft modernisiert und aus dem Schatten der Tradition heraustritt. Der flüssige Samurai aus Zuckerrohr wird jedenfalls mit 40% vol. abgefüllt.
Tasting Notes:
Aroma: Äußerst interessant, dieser Ryoma Rhum! Zunächst meint man gar nicht, einen Rum vor sich im Glas zu haben, denn es steigen Noten von Honigwein, Muskat und Dufthölzern auf. Doch dann ist sie da: jene grünlich frische Note, die auch viele Rhum Agricoles umweht. Assoziationen von Oliven, Artischocken und Pfirsichen sind zugegen (vielleicht noch etwas vergorene Birne), dahinter warten aber auch durchaus kraftvollere Noten wie etwas Tabak, Eiche und Zimt.
Geschmack: Auch am Gaumen ist dies ein sehr vielseitiger und ambivalenter Brand. Honigsüße und Eichenholz mit Gewürzen (v.a. Zimt) finde ich sofort, dann bahnt sich auch hier ein Pfirsich, eine Mirabelle und etwas grünlich Vegetabiles seinen Weg. Der Ryoma Rhum bleibt dabei eher auf der herben Seite und überzeugt durch ein sehr vielschichtiges Spiel der Aromen, das man so nur selten findet. Ich bin wirklich sehr angetan von diesem Rhum!
Abgang: trocken, mit Gewürzen und Honig
Japaner sind ganz verrückt nach Erdbeeren, was teilweise zu ganz absurden Preisen (aus westlicher Sicht) für mitunter eine einzelne Erdbeere in japanischen Supermärkten führen kann. Diese etwas skurrile Vorliebe hat mich in Kombination mit der Jahreszeit zum heutigen Drink inspiriert. Haru (春) ist das japanische Frühjahr und somit auch dort die Zeit für Erdbeeren. Da mein Drink im Endeffekt eine Abwandlung des Mai Tai ist (der Trader Vic-Variante), habe ich ihn daher einfach Haru Mai Tai (春マイタイ) genannt. Für diesen Drink habe ich bewusst auf Limettensaft verzichtet und diesen durch Supasawa ersetzt, weil ich eine Säure haben wollte, die etwas klarer und weniger Gegengewicht zur Erdbeere und zum Ryoma Rhum in die Waagschale wirft. Der Ryoma Rhum spielt hierbei geschmacklich schon eine tragende Rolle, wird aber von einem eher leichten, mit Erdbeeren infundierten Melasserum begleitet (ich habe hier einen Conde de Cuba 5 Años verwendet), zudem von etwas Falernum (hier habe ich das Old Judge Special Reserve Falernum gewählt). Ich weiß, das erfordert leider etwas Vorbereitung, das Ergebnis ist aber ganz bezaubernd und ein sehr schöner Frühlingscocktail (und definitiv auch ein toller Sommercocktail).
Rezept „Haru Mai Tai“:
3,5 cl Ryoma Rhum Japonais
2,5 cl mit frischen Erdbeeren infundierter kubanischer Rum (s.u.)
3 cl Supasawa
1 cl Old Judge Special Reserve Falernum
0,5 cl Orgeat
0,5 cl Zuckersirup
1 Barlöffel Pierre Ferrand Dry Curacao
mit frischen Erdbeeren infundierter kubanischer Rum: auf jeweils 250 ml gereiften kubanischen Rum eine gute Hand voll geviertelte Erdbeeren geben und für 48 Stunden infundieren lassen. Schließlich die Erdbeeren durch ein Filtertuch herausfiltern (ich verwende das Alkemista Infusion Vessel).
Zubereitung: Alle Zutaten kräftig auf Eis schütteln und ins mit einem massiven Eisblock gefüllte Glas abseihen.
Glas: Tumbler
Garnitur: etwas geriebene Tonkabohne
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online, z.B. bei Conalco.
*Die Flasche für dieses Review wurde mir von der Conalco Spirituosen UG zur Verfügung gestellt. Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet jedoch nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.
Wie bist du an das „Alkemista Infusion Vessel“ drangekommen? lt. deren Homepage verschicken die nicht außerhalb der USA :/
Hallo David,
ich war damals Backer beim Kickstarter-Programm. Allerdings war das letztlich wirklich nicht günstig, da von den ursprünglich avisierten Versandkosten deutlich nach oben abgewichen wurde (glaube, im Endeffekt habe ich fast 40 Euro für den Versand bezahlt). Ich würde es also zu diesem Preis auch nicht noch einmal erwerben. Gut möglich, dass sie inzwischen aus diesem Grund den Versand nach Europa eingestellt haben. 🙁
Es gibt aber ähnliche, meist für Tees entwickelte Infusionsflaschen auf dem europäischen Markt. Schau doch mal hier: https://amzn.to/2QgdCqw (Ich weiß nicht, wie fein das Sieb ist, es sollte aber seinen Zweck tun. Da du hier natürlich meist die Flasche nicht randvoll mit Spirituosen füllen wirst, müsste man sie ggf. auf dem Kopf lagern.)
Hey, ich bin jetzt schön öfters über Supasawa als Cocktailzutat gestoßen, mittlerweile mixt ja gerne der ein oder andere Blog gern damit (nicht nur hier ;)). Mal die Optik außen vor gelassen: Kann man denn sagen, dass man bei Drinks mit Supasawa notfalls auch mit Limette oder Zitrone nicht ganz falsch liegt sofern man diese nachbauen will oder sollte man sich doch eine Flasche kaufen? Ich sträube mich noch aktuell etwas davor auf die künstliche Säurequelle zu setzen, würde aber aber schon gern den einen oder anderen Drink nachmixen, allen voran den hier vorgestellten Haru Mai Tai oder den Waldmeister Highball.
Beste Grüße,
Christoph
Hallo Max,
na klar kann man Supasawa auch durch Limette oder Zitrone ersetzen. Es gibt zwar jeweils schon auch eine andere Note, aber im Prinzip funktioniert das gut. In manchen Fällen auch schlicht besser. Supasawa hat für mich vor allem optische und praktische Vorteile, weshalb ich es manchmal gezielt in Drinks einsetze. Der Regelfall bleibt aber Zitrone oder Limette. Für den Haru Mai Tai würde ich Dir ersatzweise zu Limettensaft raten, beim Waldmeister Highball eher zu Zitrone. Beide sehen dann aber natürlich anders aus!
Beste Grüße,
Sepo