Heute soll es einmal mehr um einen Gin gehen. Ein Gin, der ein wenig das Gefühl von Urlaub transportieren möchte und dabei gleichzeitig versucht, auf dem hart umkämpften Markt zu innovieren. Dabei stammt der Gin aus einer im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne aufgebauten Brennerei, die verspricht, einen Hauch niederländisch-friesisches Lebensgefühl ins Glas zu bringen. Und von Wacholderdestillaten sollten die Niederländer ja einiges verstehen… (zugesandtes Testprodukt)*
Die Stokerij Texel, so der Name jener Brennerei, wird von den beiden passionierten Spirituosenfreunden Jaco Spek und Kees Groenewoud betrieben. Wie dem Namen unschwer zu entnehmen ist, befindet sich die Destille auf Texel, der größten unter den Westfriesischen Inseln. Und wie es oft bei Produkten mit einem gewissen lokalpatriotischen Flair ist, setzt man auch beim heutigen Gin auf lokale Produkte. Der TX Gin – so lautet sein kurzer und knackiger Name – wird auf der Basis von Kartoffelalkohol hergestellt, wobei die Kartoffeln auf der Insel selbst angebaut worden sind. Um ein Zeichen für Nachhaltigkeit und gegen die Wegwerfgesellschaft zu setzen, hat man sich entschieden, jene Kartoffeln für das Brennen des Ausgangsalkohols zu verwenden, die ansonsten aufgrund ihrer Form oder Größe durch das Raster des Massenmarktes fallen und schlimmstenfalls weggeworfen würden.
Eine weitere Besonderheit ist die Verwendung von Dünenwasser zur Reduktion der Trinkstärke. In den Niederlanden gibt es eine lange Tradition der Filtration von Regenwasser durch Dünensand zur Trinkwassergewinnung, die man sich hier zu Eigen gemacht hat. Inwiefern das natürlich geschmackliche Auswirkungen hat, kann ich an dieser Stelle nicht einmal im Ansatz sagen. Weder war mir diese Filtrationstechnik vor dem Verfassen des Artikels bekannt, noch habe ich jemals Dünenwasser probieren können. Als Marketinggeschichte taugt es aber allemal – und die braucht ein Gin heutzutage nun einmal, um überhaupt eine längerfristige Chance zu haben.
Natürlich setzt man aber auch in puncto Botanicals auf etwas Abwechslung: Neben Wacholder, Koriander, Orangenschalen und Kardamom finden Sanddorn und Holunder im TX Gin Verwendung (mit Sanddorn habe ich übrigens auch schonmal einen sehr interessanten Cocktail zubereitet). Über den Ginstil finden sich keine Informationen auf der Flasche, so dass hier theoretisch eine gewisse Nachsüßung und/oder die Zugabe von naturidentischen Aromastoffen möglich wäre. (Update: Wie mir der Hersteller des Gins über die Kommentarfunktion unterhalb des englischsprachigen Artikels mitteilte, wurden keine naturidentischen Aromen oder eine nennenswerte Süßung durchgeführt, so dass der TX Gin als London Dry Gin deklariert werden könnte – man hat dies offenbar unterlassen, um das Regionalflair Texels nicht zu beeinträchtigen.) In der Zutatenliste auf der Rückseite der Flasche finden sich dazu jedoch keine Angaben. Abgefüllt wird schließlich mit 40% vol. in eine durchaus hübsche, schwarze Tonflasche, die in der Tradition niederländischer Genever gehalten ist. Auf der Front ist der Leuchtturm Eierland abgebildet, der zu einem der Wahrzeichen Texels gehört.
Wie schmeckt nun aber der TX-Gin?
Tasting Notes:
Aroma: In der Nase zeigt sich sehr deutlich der Koriander (selten habe ich Koriander so vordergründig wahrgenommen), auch ist der Sanddorn neben Wacholder und einer eher zurückhaltenden Zitrusnote recht präsent. Holunder und Kardamom bleiben eher hintergründig. Über allem schwebt jedoch der Duft von Koriandersaat.
Geschmack: Der TX Gin fällt sehr weich und mild aus, der Alkohol ist gut eingebunden worden (bei 40% vol. allerdings auch erwartbar). Ob das nun auch dem Dünenwasser geschuldet ist, wird wohl eine eher schwierig zu beantwortende Frage bleiben. Auch am Gaumen ist der Koriander sehr auffällig, hier kommen aber vor allem auch die Orangenschalen und der Sanddorn mit einer sehr subtilen Süße hindurch, Wacholder, schwer bestimmbare Kräutertöne und Assoziationen von Kiefernnadeln leiten allmählich den Abgang ein.
Abgang: relativ trocken und kräutrig mit etwas Pfeffer und wieder Koriander
Obwohl der TX Gin als durchaus schwer-kräutriger Vertreter auch die Kombination mit eher floralen und blumigen Tonics nicht scheuen müsste, habe ich mich für ein eher klassisch gehaltenes Tonic entschieden und ihn mit dem regulären Fever Tree kombiniert. Hier kommt seine kräutrige und ehrliche Charakteristik schön zur Geltung und stellt mit Sicherheit eine Bereicherung für jeden Ginfreund dar.
Auch in einem Cocktail überzeugt der TX Gin. Hier wollte ich seine kräutrige Seele in einem sommerlichen Cucumber Cooler auf die Probe stellen, was der Gin mit Bravour gemeistert hat.
Bezugsquellen: Der TX Gin lässt sich z.B. über Conalco beziehen.
*Die Flasche für dieses Review wurde mir von der Conalco Spirituosen UG zur Verfügung gestellt. Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet jedoch nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.
Kreiere doch einer mal einen Ischias-Cocktail.
Muesste irgend etwas mit Gin und Sekt sein. 😀
ein unerwarteter Vorschlag. 🙂