Fat Washing – lange habe ich um diese Technik einen großen Bogen gemacht. Sie erschien mir ähnlich aufwändig wie das Herstellen eigener Sirups, das Infundieren von Spirituosen oder anderen Spielereien, die die Geschmackspalette hinter der Bar erweitern. Mittlerweile muss ich sagen: So viel Aufwand ist es tatsächlich nicht. Aber ich muss auch ehrlich zugeben: „Mal eben so“ macht man es leider auch nicht. Aber schlimmer als ein Milk Punch ist es auch nicht.
Und gerade weil z.B. Milk Punches für den Aufwand auch wirklich belohnen, habe ich nach einigen Jahren der Fat-Washing-Abstinenz mich einmal wieder herangewagt. Zumal ich in letzter Zeit des Öfteren schmunzeln musste, dass gerade diejenigen meiner Freunde mit den Augen rollten als ich ihnen vom Fat Washing erzählte, die gerne mal am Wochenende selber Pulled Pork oder andere Barbecueklassiker in Ihren Gasgrillungetümen herstellen und dafür einen ganzen Tag einplanen. Also: ran an den Speck!
Na gut, auch wenn Speck eine gerne verwendete Zutat beim Fat Washing ist, will ich heute gar nicht mit Speck anfangen (dazu werde ich noch in Zukunft kommen). Stattdessen ist es vielleicht sinnvoll, kurz zu erklären, was Fat Washing eigentlich ist. Im Grunde ist das ganz einfach: Man benötigt ein aromatisches Fett (z.B. beim Zerlassen von Speck, dem Anbraten von diversen Dingen in Butter usw.), eine Spirituose und etwas Zeit. Und das war es im Grunde auch schon. Man vermischt dazu einfach Fett und Spirituose im gewünschten Verhältnis (meist etwa einen Teil Fett auf sechs oder sieben Teile Spirituose) in einem Behälter (Flasche oder Schraubglas) lässt das Ganze für ein paar Stunden stehen (während derer man ab und an mal kräftig durchschüttelt) und stellt es schließlich ins Gefrierfach. Aufgrund der chemischen Eigenschaften von Fett im Vergleich zu Spirituosen steigt das Fett nach oben und bildet eine Fettschicht oberhalb der Flüssigkeit. Diese wird nach einigen Stunden im Eisfach fest und lässt sich anschließend aufbrechen und herauslöffeln bzw. durch ein Feinsieb herausfiltern. Dadurch gewinnt man eine zusätzlich aromatisierte, eben „fett-gewaschene“ Spirituose.
Warum sollte man das tun? Wie eingangs erwähnt ist die Antwort ganz schlicht: Um noch mehr aromatische Möglichkeiten zu gewinnen. Und genau das möchte ich hier heute mit einem einfachen und dennoch absolut genialen Rezept vorstellen: dem Cinema Highball, der von Don Lee in der New Yorker Bar „PDT“ erfunden wurde. Diese Kombination aus mit Popcornbutter fett-gewaschenem weißem Rum (ich habe den sehr schönen Plantation „Three Stars“ dazu verwendet) und Cola ist einfach unglaublich stimmig. Und dabei so schlicht. Mit der Fever Tree Madagascan Cola und ihren fein-würzigen Vanillenoten erhält man tatsächlich einen richtig noblen Highball, der wirklich etwas hermacht.
Rezept „Cinema Highball“:
5 cl mit Popcornbutter fett-gewaschener Plantation „Three Stars“ (s.u.)
Fever Tree Madagascan Cola
mit Popcornbutter fett-gewaschener Plantation „Three Stars“:
zunächst zu gleichen Teilen geklärte Butter (Ghee) und ungesalzenes (und ungesüßtes) Popcorn bereitstellen. Dann in einer Pfanne die geklärte Butter erhitzen und Popcorn darin bei mittlerer Hitze für ca. 10 Minuten braten (das Popcorn sollte nicht verbrennen oder zu dunkel werden – es geht darum, die geklärte Butter zu aromatisieren). Dabei gelegentlich rühren. Das Popcorn aus der aromatisierten geklärten Butter nehmen. Schließlich auf 6 Teile Plantation „Three Stars“ in einem verschließbaren Behälter einen Teil der aromatisierten geklärten Butter geben, Deckel zuschrauben und schütteln. Zwischen zweieinhalb und vier Stunden stehen lassen und dabei gelegentlich schütteln. Schließlich für mindestens 4 Stunden ins Eisfach stellen (besser über Nacht). Nun den Deckel aufschrauben und mit einem Löffel oder Messer die feste Fettschicht durchbrechen und den darunter liegenden Rum durch ein Feinsieb gießen (oder ein Filtertuch für einen gründlicheren Effekt) und in einem frischen, sauberen Behälter auffangen, fertig!
Zubereitung: mit Popcornbutter fett-gewaschenen Rum ins mit frischen Eiswürfeln gefüllte Glas geben und mit Cola aufgießen. Noch einmal vorsichtig umrühren.
Glas: Highball
Garnitur: etwas Popcorn
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online. Geklärte Butter (Ghee) erhält man fertig in jedem Asiamarkt.
Interessantes Rezept. Verstehe ich das richtig.. Für 120ml Spirituose nimmt man 20g Ghee und 20g Popcorn? Oder ist das eh nicht so genau? Habe nur festgestellt, dass man keinesfalls zu viel Popcorn nehmen darf, da es sonst die ganze Butter aufsaugt 😉
Großes Sorry, Andy.
Zwar kann ich Deinem weiter unten stehenden Kommentar entnehmen, dass Du bereits erfolgreich experimentiert hast, aber mir ist jetzt erst aufgefallen, dass Du hier eine Frage gestellt hast. Darum nur pro forma: Ja, Du hast alles richtig verstanden. Wieviel Popcorn Du allerdings im Fett „anbrätst“, ist eigentlich fast schon egal. Nur die Menge an Fett sollte in etwa ein Sechstel bis Siebtel nicht über- oder unterschreiten. Und es freut mich, dass Du bereits erfolgreich warst! 🙂
Habe heute meinen Popcorn infused Bourbon „befreit“. Das Ergebnis kann sich tatsächlich sehen bzw. trinken lassen. Leichter Popcorngeschmack, smooth and silky 😉
Werde demnächst eine Variante hiervon probieren: http://www.opinionatedalchemist.com/2012/09/the-butter-popcorn-sour.html
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