Nach langer Zeit möchte ich mich heute wieder einmal einem Single Malt Whisky widmen. Das freut mich ganz besonders, denn Single Malt Whiskys sind für mich nach wie vor etwas ganz Besonderes und letztlich auch meine ursprüngliche Heimat im Bereich der Spirituosen. Zwar war es tatsächlich Gin, mit dem ich mich zuerst intensiv beschäftigt habe, doch nur sehr wenig später erfasste mich die Scotch-Begeisterung. Und es gibt wohl keine Spirituose, die an die aromatische Bandbreite dieser Gattung herankommt (und von der ich mehr probiert habe). (Das Produkt wurde mir von The Balvenie zur Verfügung gestellt.)*
Daher ist es im Grunde fast schon schade, dass ich so selten dazu komme, mich der Thematik im Blog zu widmen. Das liegt natürlich vor allem daran, dass ich hier im Blog den Schwerpunkt auf Cocktails setze und Single Malt Whisky leider diesbezüglich immer noch ein sehr schwieriges Thema ist. Die Whisky-Community neigt zu einem gewissen Konservatismus und so verliert man leider nach wie vor unverzüglich die Aufmerksamkeit vieler Whiskytrinker, wenn man die Wörter Cocktail und Single Malt im gleichen Satz verwendet. Meine persönliche Haltung zu Single Malts als Cocktailzutat hat sich mehr oder weniger um 180 Grad gewandelt. Habe ich anfangs meine Single Malts auch völlig aus der Cocktailthematik herausgehalten, bin ich inzwischen ein echter Verfechter davon, sie als völlig legitime und gleichberechtigte Zutat anzusehen, die in einem Cocktail eine herausragende Rolle spielen kann… wenn man einige Dinge beachtet!
Letztlich rührt die Ablehnung ja schlicht daher, dass die meisten Single Malt-Genießer ihr Getränk für zu nobel halten, um es in einem Cocktail zu „versenken“. Betrachtet man Entstehungsaufwand, Preise und Aromenspektren eines soliden Single Malts, dann macht eine solche Sichtweise ja auch schon irgendwo Sinn. Allerdings nur, wenn man sie in den falschen Drinks einsetzt. Auch wenn man niemals nie sagen soll und ich auch pauschal nichts ausschließen möchte, so empfinde ich den Einsatz in Sours und Punches ebenfalls als suboptimal. Hier geht oft zu viel der Basisspirituose unter bzw. die Vielschichtigkeit bleibt zu sehr auf der Strecke. Old Fashioneds, Wermut-Cocktails oder sogar manch schlichter Highball hingegen vermögen sehr wohl einen Single Malt gekonnt aufzugreifen und ihm mit einigen kleinen Kniffen zu einem großartigen und gänzlich neuen Geschmackserlebnis zu verhelfen. Und genau so etwas möchte ich heute auch tun.
Der Single Malt, den ich dazu zunächst vorstellen und einer geschmacklichen Prüfung unterziehen möchte, ist dabei ein Whisky, der im Grunde sehr archetypisch ist. Er stammt aus der schottischen Speyside, einer Whiskyregion, die vor allem für ihre eher blumigen, fruchtigen, manchmal milden und süßlich-aromatischen Whiskys bekannt ist. In der Speyside tummelt sich eine riesige Anzahl an Whiskydestillen auf engem Raume (im Vergleich zum Rest Schottlands) und man kann durchaus schnell den Überblick verlieren. Zu den bekanntesten Speysidebrennereien zählt sicherlich auch die The Balvenie Distillery bei Dufftown. Sie wurde im Jahr 1892 von William J. Grant ins Leben gerufen, der übrigens auch die berühmte Glenfiddich-Distillery gründete. Die mit 9 Brennblasen ausgestattete Brennerei brennt seit 1973 Single Malt Whiskys (zuvor hat man, wie viele schottische Brennereien, v.a. Whisky für die Herstellung von Blends produziert). Das Wasser, welches die The Balvenie Distillery zur Herstellung ihres „Lebenswassers“ verwendet, stammt aus der nahegelegenen Robbie Dubh-Quelle.
Doch warum haben wir es nun mit einem „archetypischen“ Whisky zu tun? Nun, im Wesentlichen hat das mit seinen Rahmendaten zu tun: Der The Balvenie Doublewood Aged 12 Years, so der Name dieses Single Malt Scotch Whiskys, ist mit seinen 12 Jahren im Grunde genommen ein Vertreter der vielleicht klassischsten Reifedauer auf dem Whiskymarkt. Zumindest war das einmal so. Während inzwischen der Trend aufgrund der gestiegenen Nachfrage und der je nach Destille z.T. begrenzten Bestände mehr und mehr in Richtung der sogenannten NAS-Abfüllungen (No-Age-Statement) geht, war eine Reifedauer von 12 Jahren lange Zeit eigentlich so etwas wie der Standard im unteren Preissegment der Whiskyabfüllungen. Zudem reifte der The Balvenie Doublewood – daher auch der Name – sowohl in ehemaligen Bourbon- als auch in ehemaligen Sherryfässern. Beide Fasstypen sind die mit Abstand weit verbreitetsten und klassischsten Reifebehälter in der schottischen Whiskyproduktion. Die genaue Reifedauer in den jeweiligen Fasstypen wird hier nicht verraten, aber man kann durchaus entnehmen, dass der Whisky die längste Zeit in ehemaligen Bourbonfässern ruhen durfte, während er dann die letzten ein bis zwei Jahre in Sherryfässern lagerte. Die Sherrynote dürfte also weniger intensiv ausfallen und den Whisky mehr akzentuieren. Abgefüllt wird der The Balvenie Doublewood schließlich mit 40% vol. – auch das ist ein klassischer Wert (und gleichzeitig auch der Mindestwert für einen Scotch Single Malt Whisky).
Tasting Notes:
Aroma: In der Nase zeigt sich doch überraschend viel Sherry mit einer schönen und fruchtigen Tiefe: Orangenmarmelade, grüne Äpfel und Honig wissen zu betören. Mit der Zeit bahnt sich auch eine feine Vanillenote aus den Ex-Bourbonfässern ihren Weg, dazu etwas würzige Eiche. Der The Balvenie Doublewood weist ein tolles Aroma auf und ist ein großartiger „Botschafter“ für Scotch Single Malt, einem Einsteiger in die Thematik kann man diese Flasche ohne Zweifel empfehlen!
Geschmack: Auch hier hält der The Balvenie Doublewood solide und spielerisch das Niveau. Von alkoholischer Schärfe keine Spur, stattdessen ausgesprochen mild und weich mit Orangen, Vanille, feinen Gewürzen (Zimt, Muskat), ein wenig Nuss und schönen Eichennoten (ein Hauch Schokolade ist zu vernehmen). Wem dieser Whisky nicht schmeckt, der sollte vielleicht wirklich von Whisky die Finger lassen!
Abgang: lang, mit Sherry und Eiche
Wow, ich hatte den The Balvenie Doublewood zwar vor Jahren schon einmal verkostet, aber tatsächlich wieder vergessen, was für ein toller Speyside Malt er doch ist. Natürlich muss man ihn nicht als Cocktailzutat begreifen, man darf es aber durchaus!
Und genau das möchte ich nun zeigen. Der Cocktail ist im Grunde recht schlicht und greift an sich lediglich den Grundcharakter des The Balvenie Doublewood auf, um ihn hier und da noch ein wenig zu unterstreichen. Und das nicht, weil der Whisky es bräuchte, sondern weil der Cocktail es kann! 🙂 Etwas weihnachtlich ist der Drink obendrein, was angesichts der nahenden Adventszeit natürlich eine sehr schöne Sache ist.
Der Drink hört auf den Namen „Speyside Ambrosia“ und ist eine Variante des Old Fashioned mit einem Nelken-Waldhonig-Sirup, Peychaud’s und Orange Bitters. Ein wenig Zimtrauch rundet den Drink beim Servieren ab. Schlicht, trotzdem elegant und definitiv nicht nur zu Weihnachten ein toller Drink!
Rezept „Speyside Ambrosia“:
6 cl Balvenie Doublewood
2 Barlöffel Nelken-Waldhonigsirup (s.u.)
1 Dash Orange Bitters
1 Dash Peychaud’s Bitters
Nelken-Waldhonigsirup: Ein Teil Wasser und ein Teil Waldhonig zusammen mit Nelken (etwa 8 Nelken pro 100ml) und einer Kardamomkapsel in einer Pfanne erhitzen. Verrühren und einige Minuten köcheln lassen, bis sich eine sirupartige Konsistenz gebildet hat.
Zubereitung: Alle Zutaten im mit frischen Eiswürfeln gefüllten Glas verrühren.
Glas: Tumbler / S.O.F.
Garnitur: angezündete Zimtstange
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.
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