Der Dry Fly Cask Strength Straight Wheat, den ich vor ein paar Tagen pur und auch in einem Cocktail getestet habe, hat mich wirklich rundum von sich überzeugen können. Lange Zeit habe ich Wheat Whiskeys immer etwas abfällig als Bestandteil von Blends bzw. indirekt als prozentual meist verschwiegenen Anteil in der Maische für Bourbon Whiskeys verbucht. Wirklich reine Wheat Whiskeys waren aber ohnehin so gut wie nicht zu finden (Ich habe allerdings mal einen österreichischen Weizen Single Malt verkostet). Umso interessanter ist nun der heutige Whiskey, der in der mir liebsten Fasssorte gefinisht wurde: Portweinfässern. (zugesandtes Testprodukt*)
Und natürlich möchte ich auch einen Cocktail gleich mit dazu vorstellen. Und was für einen! Doch dazu weiter unten mehr. Zunächst möchte ich noch kurz auf den Whiskey eingehen, der abermals aus der Dry Fly Microdistillery stammt. Er hört auf den Namen „Dry Fly Port Finish Wheat Whiskey“ und entspricht im Wesentlichen zunächst dem Dry Fly Wheat Whiskey, wie ich ihn im oben verlinkten Artikel vorgestellt habe. Das Besondere ist nun, dass der Dry Fly Port Finished Wheat Whiskey nach einer Fassreifezeit von mindestens drei Jahren noch einmal für sechs bis zwölf Monate in ehemaligen Portweinfässern reifen durfte. Das heißt: so ganz stimmt das eigentlich nicht. Die Fässer, in denen dieser Whiskey sein Finish erhielt, enthielten nämlich streng genommen keinen echten Portwein, sondern lediglich einen „port-style wine“. Umso interessanter wird es aber, wenn man nunmehr erfährt, dass es sich um einen huckleberry port-style wine (auch einfach Huckleberry Port genannt) handelt, der von den mit den Dry Fly-Gründern befreundeten Betreiber des Townshend Cellars stammt (ebenfalls in Spokane, Washington gelegen). Und hier bin ich dann wieder ganz Ohr! Ich liebe Blaubeeren bzw. Heidelbeeren und die „Huckleberry“ ist nichts anderes als die amerikanische Heidelbeere aus der die heutigen Kulturheidelbeeren gezüchtet worden sind. Ein im Fass ausgebauter und aufgespriteter Heidelbeerwein! Ich konnte es kaum erwarten, einen in solchen Fässern gefinishten Whiskey zu probieren, vor allem da mir bereits der aus dem Fass abgefüllte Dry Fly Wheat schon so gut gefallen hat.
Abgefüllt wird der Dry Fly Port Finish Wheat Whiskey mit 43% vol., also nicht in Fassstärke. Preislich liegt eine Flasche zwischen 50 und 60 Euro.
Tasting Notes:
Aroma: Tatsächlich bemerkt man im Vergleich einen klaren Einschlag von „dunkleren“ Tönen im Vergleich zum Dry Fly Cask Strength Straight Wheat: Zu den schönen Aromen von Gebäck und Vanille kommen Tannine aus den Portweinfässern, eine deutlich ausgeprägtere Gewürznote der Eichenfässer, tatsächlich feine Heidelbeertöne, Zimt, Nelken, Assoziationen von Schwarzkirschen und Tabak. Er fällt deutlich herber und würziger aus.
Geschmack: Auch am Gaumen hält dieser Whiskey, was er verspricht. Wieder schmecke ich Kuchenteig mit viel kräftigerem Gewürzeinschlag: Eiche, Zimt, dunkle Schokolade, Heidelbeeren, Trockenfrüchte und eine hintergründige Vanille, dabei bleibt der Whiskey jederzeit ausgesprochen weich. Hier wird viel geboten, das Huckleberry Port-Finish hat diesem Whiskey keinesfalls geschadet!
Abgang: lang und würzig mit Tanninen und feiner Honigsüße
Auf den Cocktail, in dem ich den Dry Fly Port Finish Wheat Whiskey eingesetzt habe, bin ich besonders stolz. Er ist stark beeinflusst und inspiriert von einem tollen Prä-Prohibitionscocktail aus dem alten Waldorf-Astoria Hotel in New York (welches 1929 abgerissen wurde – an seiner Stelle steht nun das Empire State Building): dem „Suburban“, einem Cocktail bestehend aus Portwein, Rye Whiskey und Rum. Mein „Sunset in Suburbia“ greift dieses Grundthematik auf, erweitert sie jedoch noch um ein Zusammenspiel des Dry Fly Port Finish Wheat Whiskeys mit dem mit Kräutern und Gewürzen versetzten Pow-Wow Botanical Rye, zweierlei Bitters und einem Hauch von Pedro Ximénez Sherry. Das Ergebnis ist nah an dem, was ich als einen perfekten Drink bezeichnen würde: Unglaublich komplex, würzig, Töne von dunkler Schokolade umschmeicheln die Sinne, eingelegte Kirschen, Portwein, Gewürze, Fassaromen, dabei vollmundig und sehr aromatisch. Eigenlob ist anrüchig, ich weiß, aber der Sunset in Suburbia ist einfach super geworden!
Rezept „Sunset in Suburbia“:
3 cl Dry Fly Port Finish Wheat Whiskey
3 cl Quinta da Corte Ruby Reserve Port
1,5 cl Pow-Wow Botanical Rye
1,5 cl Appleton Estate 12 Jahre
1 Barlöffel Lustau Pedro Ximénez Murillo
1 Dash Angostura Bitters
1 Dash The Bitter Truth Jerry Thomas’ Own Decanter Bitters
Rezept: Alle Zutaten aus Eis kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen. Zuletzt das Öl einer Zitronenzeste auf die Oberfläche sprühen.
Glas: Coupette / Cocktailglas
Garnitur: keine
Bezugsquellen: im Fachhandel oder online.
*(Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)
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