Und auch heute wieder möchte ich primär eine Flasche mit einer Spirituose hier rezensieren. Es ist eine Spirituose, auf die ich tatsächlich im Vorfeld sehr gespannt war und von der ich mir auch viel versprochen habe: der Pow-Wow Botanical Rye. Ich liebe gute Rye Whiskeys und als ich von diesem mit „Botanicals“ infundierten Rye Whiskey hörte, war meine Neugierde sofort geweckt. Kann der Pow-Wow aber auch halten, was er verspricht? (zugesandtes Testprodukt*)
Tja, dazu müsste ich erst einmal genau überlegen, was ich mir eigentlich von ihm verspreche. Einen guten Rye Whiskey, klar, den erhoffe ich mir natürlich schon, aber was genau habe ich von einer Kräuter- und Gewürzinfusion bei einem Roggenwhiskey zu erwarten? Normalerweise denkt man bei dieser Praxis ja sofort an Gin und dieser ist wiederum klar in Richtung von Wacholder (zumindest idealtypisch) ausgerichtet. Wacholder würde ich aber hingegen nicht so gerne vordergründig in meinem Rye haben. Allerdings gibt es wiederum andere „Botanicals“ – wie z.B. Nelken, Orangenschalen, Muskat, Zimt und dergleichen – die ich mir auf Anhieb hier sehr harmonisch vorstellen könnte. Was also macht der Pow-Wow Botanical Rye genau? Es handelt sich zunächst einmal um einen mit 45% vol. abgefüllten Straight Rye Whiskey (er wurde also mit mindestens 51% Roggen in der Maische hergestellt und lagerte mindestens 2 Jahre im Fass). Hergestellt und abgefüllt wird er von der Georgetown Trading Company und wer sich jetzt denkt „Moment mal, die kenne ich doch“, der liegt ganz richtig: Aus dem gleichen Hause stammen auch die 1776er Bourbons und Ryes, die ich ebenfalls hier im Blog jüngst vorgestellt habe (und deren Ryes mir sehr gut gefallen haben).
Die Marketinggeschichte hinter dem Pow-Wow berichtet nun davon, dass in der amerikanischen Siedlerzeit die Farmer neben dem Brennereihandwerk auch den Brauch aus der alten Welt mitbrachten, Kräuterrezepturen bei kleineren Treffen auszutauschen. Dies vermischte sich nun mit den Bräuchen der indigenen Bevölkerung und – so erzählt es das Brandmarketing – entwickelte sich zu einer Art Volkszauber unter dem Namen „Pow-wow“ (nach einem Begriff der Algonkin-Sprache). Und den Rest kann man sich schon denken: Der Pow-Wow Botanical Rye soll nun also quasi Roggenwhiskey in Kombination mit einem solchen, alten Pow-wow-Rezept darstellen. Naja, also mich überzeugt diese Marketinggeschichte nicht so wirklich. Mir hätte es schlicht gereicht, wenn man gesagt hätte, dass man einfach mal innovativ einen Roggenwhiskey mit Botanicals versetzen wollte, um so ein neuartiges Produkt auf den Markt zu bringen. Aber gut, wer sich vom Flair der frühen Siedler mit ihren europäisch-indianischen Fusion-Food-Kräutermischungen verzaubern lassen will, der darf natürlich gern beim Genießen des ungefähr 40 Euro teuren Pow-Wow die Augen schließen und sich Entsprechendes vorstellen.
Leider werden nur zwei der zugesetzten Botanicals verraten und zwar Orangenschalen und Safran. Gut, auf die Orangenschalen hatte ich irgendwie schon von vornherein getippt (sie bieten sich aromatisch einfach an) und gegen Safran habe ich durchaus nichts einzuwenden. Ich bin gespannt, wie sich der Pow-Wow im Tasting schlägt.
Tasting Notes:
Aroma: Definitiv mal etwas anderes und äußerst interessant! Man bemerkt tatsächlich direkt, dass man es mit einem infundierten Rye zu tun hat: Die typisch würzige Roggencharakteristik ist da, dazu feine Vanille, etwas Honig, aber auch von Anfang an eine deutlich betonte Kräuter und Gewürznote, die über das hinausgeht, was ein reiner Roggenwhiskey für gewöhnlich mit sich bringt. Orangenschalen sind unverkennbar, Safran eher subtil, dazu finde ich eine Note, die mich tatsächlich mit ganz feinem Anis an Szechuanpfeffer erinnert.
Geschmack: Geschmacklich fällt der Pow-Wow milder aus als erwartet. Zunächst bemerke ich eine schöne Vanille und auch die Orange ist wieder mehr als deutlich zugegen. Dann kommen Gewürze (tatsächlich ein Hauch von Nelke, etwas Grasiges, fast Moosiges ist auch dabei), auch hier feiner Safran und tatsächlich blumige Töne und helle Früchte (subtile Birne, ein Hauch von Pfirsich). Die Szechuanpfefferassoziationen bestätigen sich nicht am Gaumen.
Abgang: würzig, mit Eiche und bitteren Orangenschalen
Kurzum: Ich finde den Pow-Wow wirklich großartig! Ich hatte ihn mir etwas anders vorgestellt, aber so wie er ist, ist er letztlich genau richtig. Das Zusammenspiel von Rye Whiskey mit einer unterstrichenen Gewürzfracht funktioniert wirklich gut. Mir wurde zudem vom Spirituosenvertreiber eine Kombination mit einer Fentimans-Limonade als Longdrink nahegelegt, der ich tatsächlich sogar nachkommen wollte (ich habe allerdings noch einen winzigen Spritzer Peychauds dazugegeben). Bisher haben mich eigentlich fast alle Fentimansprodukte überzeugt und deshalb möchte ich den Pow-Wow Botanical Rye mit der Fentimans Mandarin and Seville Orange Jigger-Limonade nicht vorenthalten:
Rezept:
6 cl Pow-Wow
ca. 15 cl Fentimans Mandarin and Seville Orange Jigger
1 Dash Peychaud Bitters
Zubereitung: Alle Zutaten auf in ein mit Eiswürfeln gefülltes Glas geben und vorsichtig umrühren.
Glas: Highball
Garnitur: gedörrtes Orangenrad
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.
*(Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)
Pingback: Pure Spirits: Dry Fly Port Finish Wheat Whiskey & The Sunset in Suburbia | Galumbi