„Wer an Whisky ohne den kleinen Buchstaben e denkt, der denkt natürlich nach wie vor zu allererst an Schottland.“ Mit diesem Satz habe ich erst vorgestern einen Artikel über den G. Rozelieures Origine Single Malt aus dem französischen Lothringen eingeleitet. Wer jedoch an Whiskey mit dem e denkt, der denkt neben Irland vor allem an die Vereinigten Staaten. Und dort natürlich vor allem an Kentucky, wo der berühmte Straight Bourbon Whiskey herkommt. Manch einem wird vielleicht noch Tennessee in den Sinn kommen oder Canadian Whiskey, aber das dürfte es dann auch gewesen sein. An New York denkt man im Zusammenhang mit Whiskey jedenfalls vermutlich nicht. Außer natürlich, man denkt an Bars, in denen es reichlich davon gibt. (zugesandte Testprodukte*)
Und trotzdem führt uns der Weg heute nach New York. Aus diesem Bundesstaat stammt nämlich eine kleine Serie von Whiskeys, von denen ich zwei heute näher vorstellen möchte. Und auf diese Vorstellung freue ich mich auch wirklich ganz besonders, denn ich gehe mit sehr hohen Erwartungen in die Verkostung dieser beiden Flaschen. Der Grund dafür sind die vielen Vorschusslorbeeren, die vor allem der „Baby Bourbon“ erhalten hat. Doch bevor ich nun explizit auf die beiden Abfüllungen eingehe, sei zunächst einmal der Hersteller näher vorgestellt.
Beide Flaschen stammen aus dem Hause „Tuthilltown Spirits“ bzw. „Hudson Whiskey“, wohinter sich ein noch junges Unternehmen aus der US-amerikanischen „Craft- / Microdistillery“-Szene verbirgt. Im Jahr 2001 erwarben die beiden Unternehmer Ralph Erenzo und Brian Lee die alte Tuthilltown Gristmill nördlich von New York City, unweit des Hudson Rivers gelegen, und fassten kurz darauf den Entschluss, selbst Whiskey herzustellen. Der Name war schnell gefunden und unterstreicht die regionale, aber auch die traditionelle Verbundenheit der Marke. Das nimmt man auch wörtlich, denn man baut bei Hudson Whiskey zu weiten Teilen auf lokale Bioprodukte und versucht, dem klassischen Handwerk durch einen großen Anteil von Handarbeit in der Produktion Rechnung zu tragen. Und dass dies im Bundesstaat New York im Zusammenhang mit dem Brennereihandwerk höchst ungewöhnlich ist, zeigt ein Blick auf folgendes Faktum: Seit dem Ende der Prohibition (was immerhin mehr als 80 Jahe her ist) stellt Hudson Whiskey den ersten gereiften Whiskey New Yorks her. Und in puncto Bourbon ist es sogar der erste New Yorker Bourbon überhaupt. Hier darf man sich also tatsächlich auch noch eines gewissen Maßes an Pioniergeist rühmen. Das amerikanische Whiskey Magazine wählte Hudson Whiskey zur „Craft Distillery of the Year“ und im Jahr 2010 wurde man zum „Best US Artisan Distiller“ gewählt, während die Whiskeys als „Best New American Whiskeys“ tituliert wurden. Auch in Deutschland fiel die Presse recht positiv aus. Die seit dem Jahr 2015 von Campari vertriebenen Produkte erhielten gute Rezensionen und der Baby Bourbon wurde vom Mixology Magazin im vergangenen Jahr (2016) gar zur Spirituose des Jahres gewählt. Bereits 2015 wählte man den Hudson Baby Bourbon im Mixology-Magazin auf den zweiten Rang des Mixology Taste Forums zum Thema Bourbon (dort musste er sich nur dem Elijah Craig 12 Jahre geschlagen geben).
Zeit also, dass auch ich dem Ganzen einmal auf den Grund gehe. Beginnen will ich dazu mit dem Hudson Baby Bourbon.
Wie bereits gesagt, handelt es sich beim Hudson Baby Bourbon um New Yorks historisch ersten eigenen Bourbon. Doch das ist längst nicht alles, denn bei diesem Bourbon hat man sich der historischen Wurzeln der Spirituose besonnen, die aus dem Corn Whiskey hervorgegangen ist, und daher zu 100% auf Mais aus dem Umland zurückgegriffen. Das ist sehr selten in der Bourbonherstellung, da hier meist künstliche Enzyme beim Fermentationsprozess beigegeben werden müssen, es verspricht aber natürlich einen sich deutlich abhebenden Geschmack. Zudem wird der Whiskey auf Pot Stills gebrannt, was in den USA ebenfalls nicht besonders üblich ist, aber auch hinsichtlich des Geschmacks sehr neugierig macht. Die Fasslagerung erfüllt – wie bei kleineren „Micro-Distillern“ üblich, in sehr kleinen Fässern. Entsprechend hat man einen schnelleren und deutlicheren Einfluss des Eichenholzes. Über die genaue Reifezeit wird jedoch keine offizielle Angabe gemacht (sie ist aber eher kurz, weshalb es eben ein „Baby Bourbon“ ist). Auf Aktivkohle- oder Kühlfiltrierung wird komplett verzichtet. Wie auch der weiter unten vorgestellte Hudson Manhattan Rye wird der Baby Bourbon nur in sehr kleinen Batches hergestellt, was auch dem traditionellen, handwerklichen Mehraufwand geschuldet ist. Die Flaschen fallen mit nur 0,35 Litern auch entsprechend klein aus und kosten mit um die 40 bis 45 Euro auch verhältnismäßig ein wenig mehr. Abgefüllt wird der Baby Bourbon mit 46% vol.
Tasting Notes:
Aroma: Ja, es ist eindeutig ein Bourbon und ja, er hebt sich trotzdem eindeutig von anderen Bourbons ab. Wie kann das sein? Nun, seine verschiedenen Aromengewichtungen fallen einfach anders aus, als man es gewöhnt ist. Er ist überraschenderweise nicht so süßlich in der Nase, wie man es von einem Bourbon mit höherem Maisanteil erwarten würde (und höher als 100% geht ja nunmal nicht). Dazu bringt er sogar einen ganz feinen und subtilen Rauch mit ins Glas. Man bemerkt sehr starke Eicheneinflüsse, eine vorhandene, aber schwächer ausgeprägte Vanille und ein eher hintergründiges Karamell. Mit der Zeit kommen auch fruchtige Töne hindurch, ein wenig Zitrus ist darunter, fast schon wie eine Mandarine, wo ich bei anderen Bourbons eher Orange finde. Wirklich interessant, ich rieche nun schon länger an diesem Bourbon, als ich es gewöhnlich tue. Hier gibt es viel zu entdecken. Bisher bestätigt der Hudson Baby Bourbon tatsächlich die Vorschusslorbeeren.
Geschmack: Auch am Gaumen bestätigt sich der Sonderling, der hier aber einmal mehr dem Klischee entspricht und eben auch das Zeug zum Klassenprimus mitbringt: Aromatische Eiche, Karamell und hier dann etwas mehr Orange als Mandarine. Bei all dem bleibt er aber überraschend trocken, dabei jedoch sehr intensiv. Ich finde etwas Zimt und ein wenig Lebkuchen und dazu eine herbe Vanille. Wirklich toll!
Abgang: lang, trocken, mit Eiche, Gewürzen und etwas Vanille – Tja, was soll ich sagen? Ich muss mich dem Lob anschließend. Und das sage ich nicht, weil ich sonst irgendwie Sorge um meine Reputation hätte, sondern weil das hier wirklich ein exzellenter Whiskey ist!
Vor der Prohibition war die Herstellung von Roggenwhiskey in den ganzen USA, aber auch im Bundesstaat New York weit verbreitet. Diese Tradition lebt momentan in vielen Teilen des Landes wieder auf und natürlich übt man sich auch bei den Tuthilltown Distillers in dieser Tradition. So hat man auch direkt den Rye nach dem größten Umschlagsplatz seiner Geschichte benannt: Manhattan Rye. Nach Herstellerangaben werden 90% der für den Hudson Manhattan Rye Whiskey verwendeten Zutaten aus dem unmittelbaren Umland bezogen. Auch hier schweigt man sich über die Länge der Fasslagerung aus und füllt mit 46% vol. ab. 40 bis 45 Euro muss man auch hier für eine 0,35-Liter-Flasche berappen. Auch wenn der Rye bisher nicht so viele Preise wie der Hudson Baby Bourbon abgeräumt hat, sind auch hier ein paar Medaillen herausgesprungen. Wie schlägt sich der Hudson Manhattan Rye also im Tasting?
Tasting Notes:
Aroma: Der würzige Charakter ist bei diesem Rye Whiskey erwartungsgemäß noch höher, der Roggen macht sich klar bemerkbar. Dahinter finde ich etwas Karamell und Lakritz, eine würzige Frische wie von Zedratzitronen, Nelken, Zimt und Eichentöne.
Geschmack: Am Gaumen dann ein Rye Whiskey, wie ich ihn liebe: Komplex und würzig, Waldhonig mit einem Einschlag von Süßholz, auch hier wieder etwas Zimt, auch Roggenschrot kommt durch, dazu etwas Eiche und ein Hauch von kandierter Schwarzkirsche.
Abgang: würzig, lang und mit einer feinen Süße
Als Fazit komme ich nicht umhin, beide Flaschen als sehr gelungen und wirklich herausragend zu bezeichnen. Klare Empfehlung!
Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.
*(Der Umstand, dass mir diese Produkte zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden sind, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)
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