Pure Spirits: G. Rozelieures Origine Collection & „Tea Time in Lorraine“

Wer an Whisky ohne den kleinen Buchstaben e denkt, der denkt natürlich nach wie vor zu allererst an Schottland. Vielleicht noch an Japan oder fälschlicherweise an Irland. In ganz wenigen Fällen mag manch einer sogar zuerst an einen deutschen Whisky aus einer der vielen Obstbrennereien denken, die sich auch im Whiskyhandwerk üben (wie z.B. den McRaven Whisky). Die wenigsten werden dabei jedoch an Frankreich denken, vor allem nicht, wenn es auch noch um rauchige Whiskys geht. Doch genau um eine Serie solcher Flaschen soll es heute gehen. (Zugesandtes Testprodukt*)

Die Serie, von der ich hier rede, stammt aus der französischen Destille Grallet Dupic in Rozelieures in Lothringen im Nordosten des Landes unweit der Stadt Nancy. Das Dörfchen selbst zählt nur wenige hundert Einwohner. Der Name der Destille ist in Frankreich durchaus bekannt und man kann sich einer stolzen Tradition als Obstbrenner rühmen, die bis in das Jahr 1890 zurückreicht. So ist man besonders berühmt für seinen lothringischen Mirabellenbrand, den ursprungsgeschützten Eau de Vie Mirabelle de Lorraine. Hubert Grallet und Christophe Dupic wollten es jedoch nicht nur bei der Herstellung der traditionellen Regionalspezialitäten belassen, sondern beschlossen nach eigenen Reisen durch Schottland, auch einen eigenen Single Malt Whisky an den Start zu bringen. Der Grundgedanke dahinter war relativ einfach, denn sie stellten fest, dass Lothringen im Grunde sämtliche Rohstoffe für die Whiskyherstellung zur Verfügung stellt und der Pioniergeist war geweckt. Ursprünglich unter dem Namen „Glen Rozelieures“ wurden im Jahr 2007 die ersten 50000 Flaschen mit einem Alter von 4 Jahren abgefüllt. Bei einem aufmerksamen Blick auf die heutigen Flaschen wird man jedoch feststellen, dass dort inzwischen nur noch „G. Rozelieures“ zu lesen ist. Das hat einen besonderen Grund: Die die Interessen der schottischen Whiskyindustrie vertretende SWA (Scotch Whisky Association) ging juristisch gegen den Namen „Glen Rozelieures“ ob seines schottisch klingenden Einschlags vor und so war man gezwungen, den Namen in „G. Rozelieures“ zu ändern. Das G. steht dabei jetzt offiziell für die Gründerfamilie Grallet. Ein Schelm, wer sich vorstellt, dass manch ein frecher Lothringer hinter vorgehaltener Hand noch immer bei der Brennerei nach einem Glen Rozelieures verlangen könnte – und mit einem Augenzwinkern ein Gläschen „G. Rozelieures“ erhält.

Besonders begeistert waren Hubert Grallet und Christophe Dupic übrigens von den Scotch Whiskys der Hebrideninsel Islay, was man den G. Rozelieures Whiskys auch zweifellos anmerkt. Wie eingangs erwähnt, haben wir es hier mit durch die Bank rauchigen Whiskys zu tun, wenn auch zu unterschiedlichen Graden. Bei direktem Blick auf die Flaschen fällt auf, dass der Hersteller auf eine explizite Altersangabe verzichtet. Indirekt gibt man allerdings schon bekannt, wie lange die Whiskys in ihren jeweiligen Fässern reifen durften, wenn auch nicht bis ins letzte Detail. Hinsichtlich der Fassreifungen werden hier zudem unterschiedliche Pfade beschritten, die ich im Zuge der einzelnen Flaschen auch vorstellen werde. Dabei werde ich so vorgehen, dass ich in den nächsten Wochen und Tagen die verschiedenen Abfüllungen einzeln jeweils im Zusammenhang mit einem Cocktail kurz vorstellen werde. Ja, richtig gelesen, ich scheue nicht vor dem Einsatz der Single Malts in Cocktails zurück. Ich weiß, dass das manchen Whiskypuristen nicht erfreuen wird, aber knochentrockene Puristen sind auf meinem Blog vermutlich eh nicht an der richtigen Adresse gelandet, oder sie geben sich vielleicht doch noch den finalen Ruck und geben einem Single Malt-Cocktail eine Chance.

Beginnen möchte ich heute jedenfalls mit dem G. Rozelieures Origine Collection. Bei diesem Single Malt haben wir es mit einem nur leicht rauchigen Whisky zu tun, der mit seinen 6 ppm (phenol parts per million – die gängige Einheit zur Messung des Phenolgehalts und Rauchcharakters eines Whisky) den sanftesten Vertreter der Rozelieures in dieser Hinsicht darstellt. Nach der üblichen und auch bei Rozelieures praktizierten doppelten Destillation, durfte der G. Rozelieures Origine Collection 6 Jahre in Eichenfässern verbringen. Und zwar in ehemaligen Sherry- und Cognacfässern. Das ist vielleicht nicht die längste Zeit verglichen mit einigen anderen Altersabfüllungen auf dem Single Malt-Markt, aber andererseits ist ein gewisser Trend zur Wirtschaftlichkeit respektive zur Abfüllung ohne Altersangabe allgegenwärtig. Und gerade bei einer noch jungen Whiskymarke ist die Entscheidung, einen Single Malt noch verhältnismäßigen jungen Alters abzufüllen, durchaus nachvollziehbar und auch nicht zwangsläufig ein Qualitätsmalus. Interessant ist vor allem die Verwendung von Cognacfässern. Für einen französischen Single Malt ist das natürlich irgendwo naheliegend, es verspricht aber in jedem Fall ein besonderes Aromenspiel. Bei schottischen Whiskys muss man wirklich lange suchen, bis man hier und da mal einen Single Malt findet, der – meist experimenteller Natur – in einem Cognacfass reifen durfte. Der G. Rozelieures Origine Collection ist nicht gefärbt und wird mit 40% vol. abgefüllt. Eine Flasche kostet zwischen 35 und 40 Euro.

Tasting Notes:

Aroma: Ein leichter, aromatischer Rauch prägt gemeinsam mit etwas Honig und Heidekraut den ersten Eindruck. Mit der Zeiten kommen feine Fruchtnoten hindurch, auch ein wenig Eiche zeigt sich. Eine schöne, subtile Vanille mag den Cognacfässern geschuldet sein. Alles in allem eine eher leichte und angenehme „Nase“, die diesen Single Malt durchaus auch im Sommer attraktiv macht.

Geschmack: Der Rauch fällt am Gaumen ebenfalls sehr dezent aus, bringt aber eine gewisse Würze mit sich, die sich mit feinen Eichennoten und der Süße des Honigs verbinden. Auch hier finde ich wieder Kräuter, ein wenig Muskatnuss und Nuancen heller Früchte.

Abgang: mittellang, würzig und aromatisch

Was fängt man also mit einem eher leicht-rauchigen, doch auch irgendwo sommerlichen Single Malt in einem Cocktail an?

Mein Gedanke war, ein wenig die Welten diesseits und jenseits des Ärmelkanals miteinander zu verbinden. Und zwar nicht im Sinne der Auld Alliance, nein, eher darf die englische Kultursphäre hier eine entscheidende Zutat beisteuern. Vor einiger Zeit stieß ich auf einen Cocktail namens Fisherman’s Teatime von André Pintz, in welchem Tee und Orangensirup miteinander kombiniert wurden. Die Idee hat mir gut gefallen, so dass ich sie kurzerhand für den „Tea Time in Lorraine“ übernommen habe. Das Tolle an diesem Cocktail ist das Zusammenspiel der Zutaten zu einem völlig neuen Geschmacksbild. Wer hier mit Blick auf die Zutaten mit einem von Orangenmarmelade überladenen Cocktail rechnet, der täuscht sich. Die Geschmackseinflüsse bleiben subtil, aber absolut raffiniert.

Rezept „Tea Time in Lorraine“:

4,5 cl G. Rozelieures Single Malt Whisky
1,5 cl Pierre Ferrand Cognac 1840 Original Formula
1,5 cl Lillet Rouge
3 cl Orange Marmalade-Earl Grey-Tee (s.u.)

Orange Marmalade-Earl Grey-Tee: einfach eine Tasse Earl Grey Tee aufbrühen (ca. 250 ml) und 4-5 gehäufte Barlöffel englische Orangenmarmelade (Marmalade) so lange in den Tee rühren, bis diese sich aufzulöst. Anschließend die Tee-Marmeladenmischung durch ein Feinsieb gießen, mit einem Barlöffel Zuckersirup minimal nachsüßen und erkalten lassen.

Zubereitung: Alle Zutaten auf Eis in einem Rührglas kalt rühren und ins vorgekühlte Glas abseihen.

Glas: Goblet oder Coupette

Garnitur: gedörrtes Orangenrad

Bezugsquellen: Im Fachhandel oder online.

*(Der Umstand, dass mir dieses Produkt zu redaktionellen Zwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden ist, bedeutet nicht, dass in irgendeiner Weise Einfluss auf den Artikelinhalt oder meine Bewertung genommen wurde. Vielmehr ist es für mich stets unverrückbare Bedingung, völlig frei und unbeeinflusst rezensieren zu können.)

11 thoughts on “Pure Spirits: G. Rozelieures Origine Collection & „Tea Time in Lorraine“

    • Ja, ich habe die Formulierung geändert. Es war zunächst leider unglücklich formuliert (ich wollte sagen, dass manch einer eben trotzdem an irischen Whiskey denkt).

      Danke Dir nochmal für den Hinweis, wäre mir vermutlich gar nicht weiter aufgefallen!

  1. Hallo Sepo,

    Zu aller erst: ein, wie immer, sehr schön geschriebener Beitrag, der Hintegrundinformationen geschickt präsentiert und Lust auf den Cocktail und die Basis-Spirituose macht.
    Leider verwendest du in letzter Zeit sehr verstärkt zugesandte Testprodukte. Nun ist das aus deiner Sicht sehr nachvollziehbar; weckt beim Leser (oder so doch zumindest bei mir) den Eindruck, die vorgestellte Spirituose nicht nach objektiven oder sonstigen Erwägungen ausgewählt zu haben; sondern eben das zu nehmen was du zugeschickt bekommst.
    Ich fürchte dabei ein Verlust deiner sonst so treffenden Bewertungen. Dies vielleicht nur Mal als freundliche und hoffentlich anregende Kritik – denn Originalität und nicht-Konformität empfand ich sonst als besondere Stärke dieses Blogs.
    Liebe Grüße, Max

    • Hallo Max,

      danke für Deine offenen und auch kritischen Worte. Natürlich kann ich verstehen, dass dieser Eindruck mitunter entsteht, wenn es sich um zugesandte Testprodukte handelt. Natürlich stehe ich hier auch ein wenig vor einem Dilemma, denn einerseits zieht ein gut laufender Blog natürlich auch interessierte Hersteller an, die ihrem jeweiligen Produkt einen gewissen Raum bieten möchten, andererseits ist mit der Zeit auch eine gewisse Kostenfrage nicht ganz ohne Bedeutung, denn ich beziehe mit meinem Blog ansonsten kaum bzw. keine Einnahmen. Daher wären mehrere Möglichkeiten denkbar:

      1. Ich schreibe jedesmal dazu, dass der Umstand, dass zugesandte Testprodukte mit im Spiel sind, keinerlei Einfluss auf mein Urteil hat. Das wäre tatsächlich wahr und in vielen Blogs liest man diese „Floskel“, ob Du oder andere mir den Inhalt deshalb abnehmen würden, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Letztlich dient der Passus ja auch nur der Kenntlichmachung, dass ich eben eine Flasche zur Verfügung gestellt bekommen habe und nicht selbst gekauft habe.

      2. Ich kaufe nur noch alles selbst. Dafür reichen gewisse Möglichkeiten meinerseits leider nicht aus. Und es wäre auch ein fragliches Investment, denn auch wenn der Leser sich natürlich salopp denken mag „Geil, der kriegt so viele Spirituosen und kann die sich zu Hause alle reinziehen“, so sei doch ein wenig desillusioniert: die Spirituosen fließen zum überwältigenden Teil lediglich dem Bloggeschehen zu Gute. Zum einen möchte ich den eigenen Alkoholkonsum in einem gesundheitlich verträglichen Rahmen belassen, zum anderen wäre es aber auch in jedem Fall schlicht zu viel. Würde ich also jedesmal 50 Euro für eine Flasche berappen, von der ich im Endeffekt 10 cl maximal verbrauche, so wäre das kein gutes Wirtschaften. Denn was mich ja vom durchschnittlichen Genießer (inzwischen) unterscheidet, ist die beständige Flut an Input, die sich der Normalkonsument in dem Ausmaß ja niemals zulegen würde (da müsste man schon ein echt sammelwütiger Mensch sein).

      3. Ich verheimliche den Hintergrund – ist rechtlich problematisch und auch unschön, wie ich finde.

      Dennoch möchte ich Dir versichern, dass meine Bewertungen immer subjektiv ehrlich und unvoreingenommen sind. Ich weiß, dass klingt jetzt wie die Floskel aus Möglichkeit 1, auf die ich ja eigentlich verzichte, aber trotzdem will ich es nochmals betonen. Einen guten Teil der vorgestellten Produkte kenne ich aus externen Quellen, Messen, Verkostungsrunden, Tastingseminaren, Empfehlungen vertrauensvoller Kolleginnen und Kollegen usw. und frage diese auch gezielt an! Ich lehne regelmäßig Anfragen zu bestimmten Spirituosen ab und dass ich neulich tatsächlich einen Discounter-Gin vorgestellt habe, liegt daran, dass dieser ein sehr kontroverses Thema in der Community ist. Was ich hingegen ungern tue, ist, Verrisse zu veröffentlichen. Diese mögen für den Leser mitunter unterhaltsam sein, im Zweifel steht dahinter aber jemand, der sein täglich Brot mit diesem Produkt verdient. In diesem Fall entschließe ich mich deshalb dazu, gar nicht über das Produkt zu schreiben. Und auch hier kann ich Dir versichern: Das kommt auch regelmäßíg vor. Ich gehe keinerlei vertragliche Bindungen oder sonstiges bezüglich meiner Artikel ein. Das, was ich hier schreibe, meine ich auch so. Vertrauenssache, ich weiß. Und ich weiß auch, dass der Zusatz „zugesandtes Testprodukt“ skeptisch macht. Leider kann ich das nicht ganz verhindern, baue aber darauf, dass man den Kontext ein wenig mitbedenkt. Inwiefern einflussreiche Blogger oder „Vlogger“ wie z.B. Herr Lüning z.B. objektiv sind, darf man natürlich auch hinterfragen. Und dass die wirklich großen Spirituosenblogs i.d.R. Mittel und Wege finden, einfach auf die Zusatzinformation „zugesandte Testprodukte“ zu verzichten, die Produkte trotzdem aber selbstredend auch nicht alle käuflich erwerben, ist sicherlich auch ein pikantes, aber zu bedenkendes Detail. Transparenz ist wichtig, führt aber bei medialer Präsentation auch immer zu Fragezeichen.

      Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesem Kommentar ein wenig Auskunft erteilen und vielleicht die ein oder andere Frage beantworten. Vielleicht baue ich das sogar in Zukunft einmal zu einem eigenen Artikel zu diesem Thema aus. Vielen Dank nochmals für Deine Anregung.

      Liebe Grüße,

      Sepo

      • Hallo Sepo,

        danke für deine sehr ausführliche und äußerst transparente Antwort und auch ein Danke dafür, mit der „Kritik“ so objektiv umgegangen zu sein.
        Wenn ich nicht schon lange mit großem Interesse deinen Blog verfolgen würde und mir ziemlich sicher wäre, dass du tolle Arbeit leistet hätte ich auch sicher einfach beschlossen nicht mehr hierher zu kommen. Meine Hoffnung war insgeheim aber genau das, was du schilderst: Nur die Spirituosen auch vorzustellen und zu verwenden, von denen du überzeugst oder doch zumindest positiv angetan bist. Schön, dass du dein Dilemma so differenzierst erläuterst! Ich möchte und wollte auch nicht urteilen, zugesandte Produkte zu verwenden – denn das ist ja völlig legitim. Wichtig ist mir nur, dass deine Urteile trotzdem von diesem Umstand unangetastet bleiben. Und alleine so ausführlich auf meine Anregung zu antworten zeigt mir doch, dass meine Bedenken da nicht notwendig sind.
        Insofern: vielen Dank für die Antwort und mache weiter so. Auch mit Testprodukten und deinem (aus meiner Sicht) guten Urteilsvermögen. Ich freue mich auch schon auf die nächsten Vorstellungen aus dem Hause G. Rozelieures!
        Beste Grüße,
        Max

        • Hallo Max,

          ich freue mich wirklich sehr über Deine Antwort und auch darüber, Deine Bedenken zerstreut haben zu können. Ich möchte Dir aber auch noch einmal wirklich für Deinen fairen, in sich sachlich relevanten und doch stets sehr höflichen Beitrag danken!

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